Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Wirtschaftsstruktur
Mehr verarbeitende Industrie soll die Wirtschaftsstruktur stärken
Indonesiens produzierendes Gewerbe ist schwach entwickelt. Die Hürden für eine Ansiedlung von kleinen und mittleren Unternehmen aus dem Ausland sind weiterhin hoch.
10.05.2024
Auf Indonesien entfällt mehr als ein Drittel der Wirtschaftsleistung des südostasiatischen Wirtschaftsbundes Association of Southeast Asian Nations (ASEAN). Doch der Archipel ist schwächer industrialisiert als Malaysia und Thailand und verzeichnete in den vergangenen Jahren – trotz hoher Wirtschaftswachstumsraten – eine geringere Dynamik als Vietnam. Die Quelle des erreichten Wohlstandsniveaus ist der Rohstoffreichtum, denn das Land verfügt über riesige Vorkommen an Kohle und Nickel, die enorme Exportgewinne erzielen. Aber auch Kupfer, Zinn, Bauxit und Gold sind in großen Mengen vorhanden.
Eine wertschöpfungsstarke verarbeitende Industrie hat sich in Indonesien bisher kaum entwickelt. Der Archipel ist vor allem Standort für günstige Lohnfertigung – etwa in der Textilindustrie. Deshalb liegt der Inselstaat weiterhin abseits globaler Lieferketten. Für Unternehmen, die eine große Anzahl von Vorprodukten benötigen, ist Indonesien kein günstiger Standort. Denn diese müssen zumeist aus dem Ausland bezogen werden. Hochwertige Industriegüter werden in Indonesien praktisch nicht hergestellt. Angesichts marginaler Investitionen in Forschung & Entwicklung wird sich daran kaum etwas ändern.
Dennoch gibt es boomende Industriebranchen, wie etwa den Automobilsektor. Knapp 1 Million Pkw werden im Land gefertigt – fast jeder zweite davon wird exportiert. Dabei handelt es sich aber ganz überwiegend um japanische Hersteller. Ihre Produktion leisten zum Großteil indonesische Partnerunternehmen. Indonesien benötigt mehr dieser Erfolgsgeschichten. Denn Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind ein großes Problem. Noch immer sind mehr als die Hälfte der Werktätigen im informellen Sektor tätig und jedes Jahr drängen zwei Millionen Menschen neu auf den Arbeitsmarkt.
Der scheidende Präsident Joko Widodo hat im Jahr 2021 mit der Liberalisierung des Investitionsrechts eine große Reform angestoßen. Insbesondere produzierenden Unternehmen, die in China unzufrieden geworden sind, sollte der Archipel eine neue Heimat bieten. Aber noch bleiben die Erfolge weitgehend aus. Der Industrieanteil an der Wirtschaft ist von 30 Prozent zur Jahrtausendwende unter 20 Prozent gesunken und zu niedrig für ein Land mit dem Entwicklungsstand Indonesiens.
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Ein Nischenstandort für deutsche Unternehmen
Nur etwa 300 deutsche Unternehmen gibt es in Indonesien. Die meisten davon vertreiben lediglich ihre Produkte. Nur wenige Dutzend haben eine eigene Produktion. Die meisten deutschen Großkonzerne sind aber schon lange im Land und machen zumeist kleine, aber gute Geschäfte. Siemens hat im Archipel eine 150-jährige Tradition und ist für Indonesier ein klingender Name. Doch insgesamt dürfte es in ganz Indonesien nur einen Bruchteil des Geschäftes geben, das deutsche Unternehmen alleine im Großraum Shanghai machen.
Für kleinere und mittlere deutsche Unternehmen ist es deutlich schwieriger, Fuß zu fassen. Tom Pagels, Director der internationalen Kanzlei Rödl & Partner in Jakarta sagt:
"Die finanziellen Anforderungen für die Gründung eines Unternehmens mit ausländischen Eigentümern und die Aufnahme der Geschäftstätigkeit in Indonesien sind hoch."
"Die Kapitalausstattung des Unternehmens muss mindestens 10 Milliarden Rupiah (circa 650.000 US$) betragen. Die Mindestinvestitionssumme kann – in Abhängigkeit von der Komplexität des Geschäftsmodells – noch höher sein. Diese Anforderungen stellen eine hohe Hürde dar. Zwar wird das technologische Know-how von kleinen und mittleren Unternehmen ebenfalls dringend benötigt, die Politik sieht sie jedoch tendenziell als Konkurrenz für die einheimischen Unternehmen.“
Die Nickelverarbeitung boomt
Indonesien hat im Vergleich zu den anderen größeren ASEAN-Volkswirtschaften eine schwache Leichtindustrie. Ausnahmen sind das Elektronikcluster in der Freihandelszone Batam (in Sichtweite von Singapur) sowie die exportorientierte Textilindustrie, die allerdings stark unter der übermächtigen Konkurrenz Chinas und der aufstrebenden Konkurrenten in Vietnam, Kambodscha und Bangladesch leidet.
Einen großen Boom hingegen gibt es in der Verarbeitung von Nickel, dessen weltgrößter Förderer Indonesien ist. Den Startschuss gab das verschärfte Verbot für die Ausfuhr unverarbeiteten Nickelerzes von 2020. Daraufhin bauten chinesische Unternehmen binnen weniger Jahre eine gigantische Nickel-Downstream-Industrie auf, nahe den Förderzentren in Sulawesi und den Nordmolukken. Dabei wird vor allem Edelstahl produziert. Aber auch internationale Automobilkonzerne stehen Schlange, denn sie benötigen Nickel für die Batterien ihrer Elektroautos. Allerdings sind die Lieferketten weitgehend chinesisch besetzt.
Sektoren | Anteil am BIP 2023 | Anteil an den Beschäftigten 2023 |
---|---|---|
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 12,5 | 28 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 10,5 | 1 |
Verarbeitendes Gewerbe | 18,7 | 14 |
Energieversorgung | 1,0 | 0,2 |
Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen | 0,1 | 0,4 |
Baugewerbe | 9,9 | 7 |
Dienstleistungen | 47,7 | 50 |
Java ist Schwerpunkt der Industrie
Die Insel Java ist der wirtschaftliche Kern Indonesiens. Sie steht zwar nur für 7 Prozent der Landfläche des riesigen Archipels. Dort leben aber fast 60 Prozent aller Indonesier und dort werden fast 60 Prozent der landesweiten Wirtschaftsleistung erzielt. Java hat die mit Abstand beste Infrastruktur. Dreiviertel des indonesischen Strombedarfs entfallen auf die Insel. In Zentral- und Ostjava gibt es die geringsten Mindestlöhne, hier sind die Textil- und Möbelindustrie ansässig. Die allermeisten ausländischen Unternehmen jenseits des Rohstoffsektors sind auf Java tätig. Unumschränktes Wirtschaftszentrum Javas ist Jakarta, wo fast alle ausländischen Unternehmen ihren Hauptsitz haben.
Bei allen anderen indonesischen Hauptinseln liegt der wirtschaftliche Schwerpunkt auf Landwirtschaft und Rohstoffen. Sumatra ist das Zentrum der Palmölindustrie, fast 20 Prozent der Insel sind mit Palmölplantagen bedeckt. Kalimantan hat gigantische Kohlevorkommen und darüber hinaus große Palmöl und Kautschukplantagen. Sulawesi und die Nordmolukken sind Zentren für Nickelabbau- und Verarbeitung.
Gebiet | Anteil am BIP (in %) | BIP pro Kopf (in US$) *) | Bevölkerung (in Mio.) |
---|---|---|---|
Jakarta | 16,8 | 21.200 | 10,7 |
Ostajava | 14,4 | 4.700 | 41,8 |
Westjava | 12,8 | 3.500 | 50,3 |
Zentraljava | 8,3 | 3.000 | 37,9 |
Nordsumatra | 5,1 | 4.500 | 15,6 |
Riau | 5,0 | 10.200 | 6,7 |
Ostkalimantan | 4,1 | 14.200 | 4,0 |
Banten | 4,0 | 4.300 | 12,4 |