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Geothermie soll Kenias Grundlast erhöhen
Kenias Strombedarf wächst schnell und damit auch der Investitionsbedarf. Chancen für deutsche Unternehmen bestehen reichlich.
24.05.2023
Von Carsten Ehlers | Nairobi
- Hohe Stromnachfrage in den nächsten Jahren erwartet
- Neue Geothermiekraftwerke sollen Kapazität erhöhen
- Staatliche GDC erforscht weitere Geothermiefelder
- Private Kraftwerksbetreiber sind wieder willkommen
- KPLC erhält 300 Millionen US-Dollar von der Weltbank
- Neue Hochspannungsleitung nach Äthiopien sichert Kenia 600 MW
Investitionen in Kenias Stromversorgung dürften in den kommenden Jahren deutlich steigen. Das Stromnetz muss dringend ausgebaut werden, angesichts knapper Kapazitäten und deutlich steigendem Strombedarf. Auch gibt es einen wachsenden Markt für netzungebundene Lösungen, wie Solaranlagen für die Industrie, Farmen und Haushalte. Aus deutscher Sicht ist der Strommarkt unter anderem interessant für Zulieferer, Projektentwickler und technische Berater.
Hohe Stromnachfrage in den nächsten Jahren erwartet
Die Stromnachfrage wird allein schon aufgrund des Bevölkerungswachstums von jährlich rund 1,2 Millionen Menschen steigen. Auch die Wirtschaft benötigt immer mehr Strom, da sie nach der Pandemie zunehmend an Fahrt aufnimmt. Detaillierte Informationen bietet der aktuelle GTAI Wirtschaftsausblick Kenia. Die ländliche Elektrifizierung Kenias wird die Nachfrage zusätzlich erhöhen, wenngleich die derzeitige Abdeckung mit über 70 Prozent der Bevölkerung im afrikanischen Vergleich hoch ist.
Energiemix in Kenia 2023 (installierte Kapazität; Angaben in Prozent)
Geothermie | 28,0 |
Wasserkraft | 25,5 |
Thermische Energie | 20,7 |
Wind | 12,8 |
Solarenergie | 7,8 |
Biomasse | 2,7 |
Andere | 2,5 |
Neue Geothermiekraftwerke sollen Kapazität erhöhen
Vor allem Geothermiekraftwerke sollen in naher Zukunft gebaut werden, weil die Spitzennachfrage von etwa 2.150 Megawatt (MW) schon fast die verfügbare Kapazität erreicht hat. Zwar liegt die installierte mit dem Netz verbundene Kapazität Kenias bei über 3.000 MW, aber tatsächlich verfügbar ist deutlich weniger. Das liegt auch an der schwankenden Leistung von Wasser-, Solar- und Windkraft. Durch die Dürren der letzten Jahre liefern gerade die Wasserkraftwerke nicht mehr so zuverlässig. Kenia braucht daher mehr Grundlast und die kann Geothermie liefern. Deren Potenzial im gesamten kenianischen Riftvalley wird auf etwa 10.000 MW geschätzt.
Größter Investor im Geothermiebereich ist der mehrheitlich staatliche Erzeuger Kenya Electricity Generating Company (KenGen). KenGen plant nach Pressemeldungen in den kommenden Jahren neue Geothermie-Projekte mit einer Kapazität von 305 MW. So soll mit finanzieller Hilfe der deutschen KfW das Kraftwerk Olkaria modernisiert und ausgebaut werden. Hinzu kommen KenGen-Investitionen im Eburru-Feld sowie mittelfristig in der weiter nördlich gelegenen Gegend um Baringo und Silali.
Staatliche GDC erforscht weitere Geothermiefelder
Für die Entwicklung der Geothermiefelder ist die staatliche Geothermal Development Company (GDC) zuständig. Sie führt Bohrungen an verschiedenen Orten durch, mit dem Ziel, weitere mögliche Kraftwerksstandorte zu erkunden. Lizenzen vergibt die GDC nicht nur an KenGen, sondern auch an private Kraftwerksbetreiber (Independent Power Producer, IPP).
Die drei IPP Sosian, Quantum und Orpower verfügen über je eine Konzession im Menengai-Komplex für die Produktion von jeweils 35 MW. Sosian soll Mitte 2023 mit der Stromproduktion beginnen, während Quantum und Orpower zur Jahreswende 2022/23 ihre Finanzierungen gesichert haben und mit dem Bau beginnen können. Vom staatlichen Stromversorger Kenya Power & Lighting Corporation (KPLC) wurden die IPP mit einem Stromabnahmevertrag (Power Purchase Agreement, PPA) ausgestattet.
Private Kraftwerksbetreiber sind wieder willkommen
Die neue Regierung unter Präsident William Ruto hat das Moratorium der alten Regierung aufgehoben, unter dem vom Staat keine neuen Konzessionen an IPP vergeben werden sollen. Damit verdeutlicht die neue Regierung, wie wichtig ihr zusätzliche Kapazitäten sind. Gleichwohl dürften neue IPP nicht mehr in den Genuss so großzügiger Konditionen kommen, wie noch vor einigen Jahren, als die KPLC für die Kapazität zahlte. Nun soll sie nur noch für tatsächlich abgenommenen Strom aufkommen.
Privates Engagement findet auch bei Wind- und Solarenergie statt. Anfang 2022 wurden die Kipeto Windfarm (100 MW) sowie die Malindi Solarfarm (40 MW) ans Netz angeschlossen. Diverse weitere Projekte befinden sich im Bau oder in der Planung (siehe Tabelle). Für die existierenden Schwerölkraftwerke interessiert sich der Africa Infrastructure Fund (AIF), hinter dem die dänische AP Moller Capital steht. Der AIF kaufte zuletzt Thika Power (87 MW) und IberAfrica (52,5 MW). Thermische Kraftwerke spielen beim Energiemix eine immer geringere Rolle, kommen aber regelmäßig bei Spitzenlast zum Einsatz und können dann Monopolpreise verlangen.
Ausgewählte Großprojekte in Kenias Energiesektor
Projektbezeichnung | Investitionssumme | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Upgrading of Olkaria I, IV & IAU | k.A. | Geplant | |
Menengai Geothermal Project, IPP für 3 mal 35 MW | k.A. | Sosian soll Mitte 2023 ans Netz gehen; Finanzierung für Orpower und Quantum scheint seit Anfang 2023 zu stehen | Drei IPP: Orpower Sosian, Quantum |
Radiant und Eldosol-Solar Project (je 40 MW) | 147 Mio. Euro | Im Bau | |
Kesses PV Project (Kesses I und II), IPP | 76 Mio. US$ | Kesses I: Im Bau; Kesses II befindet sich in der Planungsphase | Alten Kenya Solarfarms BV (Tochter der spanischen Alten Energías Renovables) |
Kopere Solar IPP (40 MW) | 63,9 Mio. US$ | Geplant | |
Last Mile Electrification Programme | 620 Mio. Euro | Seit Jahren in der Durchführung | Durchführung durch KPLC; circa 314.500 Haushalte in ländlichen Gegenden sollen ans KPLC-Netz angeschlossen werden; Finanzierung kommt u.a. von der Weltbank |
KPLC erhält 300 Millionen US-Dollar von der Weltbank
Bewegung scheint nun auch in den Bereich der Stromverteilung zu kommen: Die Weltbank kündigte im Mai 2023 einen zinsfreien Kredit für die marode staatliche KPLC in Höhe von 300 Millionen US-Dollar (US$) an. Mit dem Geld soll KPLC seine Schulden bezahlen und in sein Netz investieren, auch um Stromverluste von über 19 Prozent zu reduzieren.
Großverbraucher von Strom investieren seit Jahren zunehmend in die eigene Stromversorgung, zum Beispiel mit Solarstrom, auch weil KPLC zu teuer und unzuverlässig ist. Zu den Großverbrauchern zählen Einkaufszentren, größere Wohnanlagen, Blumenfarmen, Lodges und zunehmend auch die Industrie.
Neue Hochspannungsleitung nach Äthiopien sichert Kenia 600 MW
Größere Investitionen finden auch bei den Übertragungsleitungen statt. Fertig ist seit Ende 2022 die Hochspannungsleitung zwischen Äthiopien und Kenia. Im Rahmen des PPA zwischen beiden Ländern erhält Kenia Zugang zu 600 MW. Rund 3.000 zusätzliche Kilometer Hochspannungsleitungen soll der staatliche Monopolist Kenya Electricity Transmissions Corporation (KETRACO) verlegen. In den entlegenen Gebieten im Westen (Kisumu) und Mombasa gibt es bereits Probleme mit der Spannung. Auch der neue Tiefseehafen in Lamu benötigt einen Anschluss.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Portal der Exportinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz | |
Energieministerium | |
Regulierer des Stromsektors | |
Staatliche Organisation, die den Geothermie-Sektor weiter entwickelt; vergibt auch IPP | |
Stromversorger | |
Staatlicher Stromerzeuger | |
Staatlicher Betreiber des Übertragungsnetzes | |
Rural Electrification & Renewable Energy Corporation (REREC) | Staatliche Stelle für ländliche Elektrifizierung und Erneuerbare Energie |