Wirtschaftsausblick | Malaysia
Malaysia hofft auf Einigung im Zollstreit mit den USA
Konsum, Investitionen, Außenhandel – eigentlich zeigen alle Konjunkturindikatoren nach oben. Doch die US-Handelspolitik könnte die malaysische Exportindustrie empfindlich treffen.
23.06.2025
Von Boris Alex | Kuala Lumpur
Top-Thema: Malaysia will wirtschaftliche Zusammenarbeit in ASEAN vertiefen
Malaysia hat 2025 den Vorsitz der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) inne. Auf ihrem Gipfeltreffen Ende Mai 2025 in Kuala Lumpur haben die zehn Mitgliedsstaaten eine stärkere Integration des Wirtschaftsraums beschlossen. Unter anderem soll die Abwicklung des Warenverkehrs innerhalb der ASEAN harmonisiert und vereinfacht sowie die Mobilität von Arbeitskräften erleichtert werden. Mit Investitionen in die physische und digitale Infrastruktur soll die Konnektivität zwischen den Staaten verbessert und die Wettbewerbsfähigkeit der Region gestärkt werden.
Allein die Kosten für den Aufbau eines ASEAN-Stromnetzverbunds werden auf 764 Milliarden US-Dollar (US$) geschätzt. Der Staatenverband suchte auf dem Gipfel auch den Schulterschluss mit China und dem Golfkooperationsrat, deren Regierungschefs ebenfalls am Treffen teilnahmen. Angesichts der Bedrohungen durch die US-Handelspolitik ist die Region auf der Suche nach neuen Handelspartnern. Die ASEAN-Länder waren mit reziproken Zöllen von bis zu 49 Prozent mit am stärksten betroffen.
Wirtschaftsentwicklung: US-Handelspolitik dämpft Konjunkturerwartungen
Nachdem das malaysische Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit einem realen Plus von 5,1 Prozent die Erwartungen für 2024 leicht übertraf, dürfte sich die Konjunktur 2025 etwas abschwächen. Die malaysische Zentralbank BNM (Bank Negara Malaysia) bleibt mit ihrer Wachstumsprognose von 4,5 bis 5 Prozent optimistisch. Der Internationale Währungsfonds erwartet allerdings für 2025 nur noch einen realen BIP-Anstieg um 4,1 Prozent. Hauptgrund ist die US-Handelspolitik, die die exportgetriebene malaysische Wirtschaft hart treffen könnte.
US-Präsident Donald Trump hatte Anfang April 2025 reziproke Zölle in Höhe von 24 Prozent auf malaysische Importe angekündigt. Würden diese ab Juli 2025 in Kraft treten, könnte das BIP im laufenden Jahr um bis zu 0,8 Prozentpunkte geringer ausfallen, so Berechnungen der Zentralbank. Malaysia exportierte 2024 Waren im Wert von 43 Milliarden US$ in die USA. Rund 60 Prozent davon waren Halbleiter und Elektronik, die bislang nicht von den Zöllen betroffen sind. Malaysia hofft, dass diese Produkte auch weiterhin ausgenommen bleiben. Die beiden Länder verhandeln seit Ende April 2025 über ein bilaterales Zollabkommen.
Konsum und Investitionen weiter auf hohem Niveau
Die malaysischen Verbraucher lassen sich ihre Kauflaune von der unsicheren weltwirtschaftlichen Lage nicht verderben. Der private Konsum legte im 1. Quartal 2025 erneut um 5 Prozent zu. Dazu beigetragen haben die mit 3,1 Prozent weiterhin niedrige Erwerbslosenquote, die fast 2 Prozent höheren Reallöhne und eine stabile Teuerungsrate von 1,5 Prozent. Für das Gesamtjahr erwartet BNM ein reales Plus von 5,6 Prozent bei den privaten Konsumausgaben.
Die Bruttoanlageinvestitionen dürften 2025 um 9,3 Prozent wachsen, etwas weniger stark als im Vorjahr. Der Rückgang ist vor allem der Normalisierung im Wohnungsbau geschuldet. Dieses Segment war in den letzten zwei Jahren aufgrund von Nachholeffekten nach der Coronapandemie stark gewachsen. Die privaten Investitionen in Maschinen und Anlagen legten im 1. Quartal 2025 um 9,2 Prozent zu. Vor allem in den exportorientierten Branchen wie der Elektronik- und Halbleiterindustrie investieren die Unternehmen in neue Kapazitäten. Im Bundesstaat Johor werden zudem Rechenzentren geplant von unter anderem Amazon, Oracle und NVIDIA, mit einem Investitionsvolumen von 30 Milliarden US$.
Trump-Zölle könnten Exportwirtschaft treffen
Ob sich die positive Entwicklung des Außenhandels aus dem Vorjahr mit einem Exportplus von gut 5 Prozent 2025 fortsetzt, hängt vor allem vom Ausgang der Verhandlungen mit den USA über ein Zollabkommen ab. In ihrer Frühjahresprognose ging BNM noch von einem Exportwachstum von 6,5 Prozent aus. Falls die USA die Zollbarrieren wieder hochfährt, dürfte dieses Ziel kaum zu erreichen sein.
Deutsche Perspektive: Neustart für Freihandelsabkommen mit der EU
Malaysia und die EU nehmen Ende Juni 2025 nach 13 Jahren Unterbrechung die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen wieder auf. Beide Seiten erwarten einen positiven Effekt wie bei den Abkommen mit Vietnam und Singapur. Seit 2014 ist das EU-Handelsvolumen mit Malaysia um durchschnittlich 7 Prozent pro Jahr auf zuletzt 46,5 Milliarden Euro gestiegen. Der geplante Abbau von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen dürfte auch dem Handel zwischen Deutschland und Malaysia Schub verleihen. Die deutschen Exporte stiegen 2024 um 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf ein Allzeithoch von 7,1 Milliarden US$.
Malaysia will die Wertschöpfung im Industriesektor steigern und fördert Investitionen in Automatisierung und Digitalisierung. Das bietet Lieferchancen für den Maschinen- und Anlagenbau. Hier legten die deutschen Exporte 2024 um 5 Prozent auf 1,2 Milliarden US$ zu. Der geplante Ausbau der erneuerbaren Energien – bis 2050 soll ihr Anteil an den Stromerzeugungskapazitäten von 25 auf 70 Prozent steigen – bietet ebenfalls Geschäftsmöglichkeiten. Anfang 2025 hat das Ministry of Energy Transition and Water Transformation eine weitere Ausschreibungsrunde zum Bau von Fotovoltaikanlagen mit insgesamt 2 Gigawatt gestartet.
Im Konjunkturbarometer der Auslandshandelskammern in Asien-Pazifik gab im Frühjahr 2025 ein Fünftel der befragten Firmen an, dass sie eine Verbesserung ihrer Geschäftslage erwarten, 60 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Entwicklung aus. Allerdings befürchten 38 Prozent der deutschen Unternehmen in Malaysia eine geringe und 20 Prozent eine große negative Beeinträchtigung durch die US-Handelspolitik.
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