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Wirtschaftsausblick | Niederlande

Niederlande: Investoren kämpfen mit Unsicherheiten

Das Konjunkturbarometer der Niederlande deutet auf ein moderates Wachstum hin. US-Zölle und Neuwahlen könnten die Aussichten jedoch dämpfen.

Von Michael Sauermost | Bonn

Top-Thema: Niederländische Wirtschaft steckt in politischer Zwickmühle

Das Jahr 2025 entwickelt sich anders als von Wirtschaftsexperten erwartet. Zwar hatten diese mögliche Auswirkungen der US-Handelspolitik unter der Trump-Regierung für ihre Prognosen berücksichtigt. Dass jedoch vorgezogene Neuwahlen im eigenen Land notwendig wurden, kam überraschend und war innenpolitisch ein Paukenschlag.

Anfang Juni 2025 zerbrach die niederländische Regierung von Premierminister Dick Schoof. Geert Wilders verließ mit seiner PVV-Partei als größter Koalitionspartner die niederländische Vier-Parteien-Koalition, die sich Ende 2023 gebildet hatte. Auslöser war ein Streit über die Asyl- und Migrationspolitik.

Die Neuwahlen sind nun für Ende Oktober 2025 angesetzt. Bis eine neue Regierung im Amt ist, wird ein wachstumshemmendes politisches Vakuum befürchtet. Wichtige anstehende Entscheidungen – beispielsweise zur Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, zu Klimaschutzmaßnahmen oder zur Finanzierung verbleibender Regierungsprojekte – könnten vorerst aufgeschoben werden. Ein Dilemma für die niederländische Wirtschaft. 

Auch der Handelskonflikt mit den USA erfordert eine handlungsfähige Regierung. Zwar weisen die Niederlande gegenüber den USA ein beachtliches Handelsdefizit auf. Direkte und indirekte Auswirkungen der US-Zusatzzölle sind jedoch nicht zu unterschätzen. Betroffen seien, so die niederländische Rabobank, vor allem Pharma- und Maschinenhersteller. Rund 60 Prozent der niederländischen Industrieproduktion sind der Rabobank zufolge für den Export vorgesehen. Allerdings wurde 2024 lediglich ein Zwanzigstel der niederländischen Exporte in Richtung USA verschifft. Deutlicher dürften die indirekten Auswirkungen sein – beispielsweise, weil niederländische Zulieferer der deutschen Automobilindustrie durch die Trump-Zölle Aufträge verlieren.

Wirtschaftsentwicklung: Moderate Wachstumsprognosen durch Unsicherheiten gedämpft

In ihrer Frühjahrsprognose sieht die EU-Kommission für 2025 ein moderates Wachstum des niederländischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) mit einem Plus von real 1,3 Prozent. Dieses soll sich im Folgejahr nur leicht auf 1,2 Prozent abschwächen. Die Rabobank prognostiziert für 2025 ebenfalls ein reales BIP-Wachstum von 1,3 Prozent, jedoch nur ein geringes Plus von 0,6 Prozent für 2026.

Die niederländische Zentralbank blickt mittlerweile skeptischer als noch zu Jahresbeginn auf die Konjunktur des Landes: Im Juni senkte sie ihre Prognose für das reale BIP-Wachstum 2025 auf 1,1 und für 2026 auf 0,9 Prozent. Begründet wird dies mit der allgemein wachsenden Unsicherheit durch den Handelskonflikt mit den USA.

Insbesondere Unternehmensinvestitionen sowie Exporte dürften in Mitleidenschaft gezogen werden, so die Zentralbank. Auch die Rabobank erwartet rückläufige Investitionen der Unternehmen - für 2025 ein Minus von 1,7 Prozent, gefolgt von -0,7 Prozent im Jahr 2026. Erst für 2027 soll es laut Rabobank wieder zu einem Plus bei Kapitalanlagen kommen – und zwar um 2,7 Prozent. Die EU-Kommission erwartet allerdings in ihrer Prognose für 2025 einen Aufschwung bei den Käufen von technischen Ausrüstungen. Die Investitionen im Bausektor könnten um 0,6 Prozent wachsen.

Konsum könnte von sinkender Inflation profitieren

Wachstumstreiber sind – da sind sich die EU-Kommission und die Zentralbank einig – der private Konsum und die öffentlichen Ausgaben. Diese Einschätzung wurde allerdings vor dem Scheitern der Regierung getroffen und könnte sich deshalb jetzt als zu optimistisch erweisen. Die Staatsverschuldung soll laut EU-Prognose 2025 auf einen Anteil von 45 Prozent am BIP steigen. Höhere Defizite dürften die Schuldenquote dann 2026 auf 47,8 Prozent weiter erhöhen.

Die Zentralbank geht davon aus, dass die Inflation im Laufe des Jahres 2025 unter die 3-Prozent-Schwelle fallen wird. Gründe für diese Prognose sind die globale Konjunkturabschwächung, tendenziell sinkende Energiepreise sowie die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar und damit einhergehende günstigere Importe. Ein nach wie vor hohes Lohnwachstum sowie Mietsteigerungen dürften allerdings dafür sorgen, dass die Inflationsrate der Niederlande innerhalb der EU dennoch weiterhin vergleichsweise hoch bleibt.

Hintergrundinformationen zu Stärken und Herausforderungen der niederländischen Wirtschaft bietet unsere Wirtschaftsstandort Niederlande.

Deutsche Perspektive: Weltweit sinkende deutsche Exporte beeinträchtigen auch den Handel mit den Niederlanden

Deutschland ist traditionell der größte Handelspartner der Niederlande. Für Deutschland waren die Niederlande 2024 mit einem Handelsvolumen von mehr als 205 Milliarden Euro drittwichtigster Handelspartner hinter den Vereinigten Staaten und China. Dies liegt zum Großteil an deutschen Export- und Importgütern, die die Niederlande als Transitgüter durchqueren. 

Die von Destatis ermittelte deutsch-niederländische Außenhandelsstatistik weist für die letzten zwei Jahre Abwärtstendenzen auf, die sich voraussichtlich fortsetzen werden. Diese sind unter anderem auf die Bereiche Chemie (deutsche Importe und Exporte) sowie Kfz (deutsche Exporte) zurückzuführen. 

Demnach passierten im Kalenderjahr 2024 Waren im Wert von rund 93,7 Milliarden Euro die Grenze von den Niederlanden nach Deutschland. Das entsprach im Vergleich zu 2023 einem Minus von 8,9 Prozent. Zum Teil handelte es sich dabei um Zulieferungen für die deutsche Exportindustrie. Der gesunkene Warenwert resultiert unter anderem aus den im Vergleich zum Vorjahr niedrigeren Energiepreisen. Umgekehrt gaben die deutschen Exporte in das Nachbarland im Vergleichszeitraum um 2,3 Prozent auf etwa 109,2 Milliarden Euro nach.

Ein nachhaltiger Aufschwung für das bilaterale Handelsvolumen wird maßgeblich von einer Wiederbelebung der Konjunktur sowie der damit verbundenen Exportentwicklung in Deutschland abhängen.

Weitere Informationen zu den Niederlanden erhalten Sie auf der GTAI-Länderseite.

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