Wirtschaftsausblick | Angola
Angolas Wachstum beschleunigt
Die Erdölförderung steigt wieder und gibt der Wirtschaft ab 2024 neue Impulse. Wachstum erzielt auch der Nicht-Öl-Sektor, obwohl der Umbau der Wirtschaft nur langsam vorangeht.
20.06.2023
Von Marcus Knupp | Berlin
Wirtschaftsentwicklung: Anschub durch Ölinvestitionen
Ab 2024 wird die Förderung von Erdöl in Angola wieder steigen. Das spiegelt sich unmittelbar in den Wachstumsprognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wider. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für 2024 ein reales Wachstum von 3,7 Prozent und danach einen graduellen Anstieg auf über 4 Prozent. Die Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet im Zeitraum 2024 bis 2027 sogar mit Werten zwischen 4,3 und 5,3 Prozent. Nach dem Ende der Coronakrise war es 2022 zunächst der gestiegene Preis für Rohöl, der trotz stagnierender oder sogar sinkender Fördermengen die Konjunktur beflügelt hat. Im Jahr 2023 setzt sich dieser Trend fort.
2022 | 2023 *) | 2024 *) | |
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BIP | 3,0 | 2,9 | 4,3 |
Leistungsbilanzsaldo (in % des BIP) | 10,2 | 8,0 | 7,8 |
Bruttoanlageinvestitionen | 1,7 | 0,1 | 3,1 |
Privater Verbrauch | 2,8 | 3,7 | 3,8 |
Günstig wirkt sich das beschleunigte Wirtschaftswachstum auf die Indikatoren für die öffentliche Verschuldung aus. Diese hatte Angaben des IWF zufolge 2020 mit 138,4 Prozent des BIP einen Höhepunkt erreicht. Im laufenden Jahr 2023 erwartet der Fonds eine Quote von nur noch 64,1 Prozent. Zu der deutlichen Abnahme trägt auch der gestiegene Wechselkurs der Landeswährung Kwanza bei. Größter bilateraler Gläubiger Angolas ist China, auf das etwa 40 Prozent der Auslandsschulden entfallen. Da der Staatshaushalt wesentlich von den Öleinnahmen und damit den globalen Preisentwicklungen abhängt, bleibt das Risiko einer Schuldenkrise allerdings latent bestehen. Das sich beschleunigende Wachstum des Nicht-Öl-Sektors ist deshalb ein positives Zeichen. Dazu gehören allerdings auch rohstoffbasierte Branchen wie der Abbau von Diamanten.
Indikator | 2021 | 2022 | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
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BIP (nominal, Mrd. US$) | 75 | 122 | 3.867 |
BIP pro Kopf (US$) | 2.168 | 3.405 | 46.149 |
Bevölkerung (Mio.) | 34,5 | 35,6 | 84,3 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ... Kwanza) | 731,6 | 483,9 | - |
Investitionen: Wasserstoff bietet neue Spielwiese
Investitionen in die vergleichsweise teure Offshore-Förderung von Öl und Gas sowie die Exploration von Lagerstätten an Land sind mit gestiegenen Preisen für die Energierohstoffe wieder attraktiv geworden. Erdölkonzerne wie Total, BP und Eni werden voraussichtlich 2024 erste neue Anlagen in Betrieb nehmen. Angaben der angolanischen Nationalbank zufolge hatte der Ölsektor im Jahr 2022 einen Anteil von 97 Prozent an den ausländischer Direktinvestitionen von circa 7,0 Milliarden US-Dollar (US$). Zur Diversifizierung der Wirtschaft trägt dieser Zufluss daher kaum bei.
Im Mai 2023 hat die angolanische Regierung dem Privatisierungsprogramm PROPRIV 73 weitere Unternehmen hinzu gefügt. Bei seiner Vorstellung war geplant, in den Jahren 2018 bis 2022 insgesamt 195 öffentliche Unternehmen zu veräußern. Nachdem zum Stichtag lediglich 96 davon Käufer gefunden hatten, wurde die Laufzeit bis 2026 verlängert. Die Gründe für den schleppenden Verlauf sind vielfältig. Zum Teil sind die angebotenen Unternehmen nicht profitabel und daher für Investoren kaum attraktiv. Andere hingegen generieren weiterhin wichtige Einnahmen. Der politische Wille zum Verkauf ist daher nicht immer gegeben.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
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Erdöl-Pipeline vom Hafen Lobito nach Lusaka (Sambia), 1.300 km | 5.000 | Machbarkeitsstudie | Sonangol für Ministerien für Energie und Wasser in Angola und Sambia |
Produktion von grünem Wasserstoff auf Basis von Wasserkraft (bestehendes Kraftwerk Lauca) | 1.300 | Planung | Zusammenarbeit von Sonangol mit Gauff und Conjuncta; Start der ersten Lieferungen 2025 |
Wasserkraftwerk Cafula, 400 MW | 1.121 | Planung | Ministerio da Energia e Aguas; Projektplanung durch TPF (Portugal) |
Angola Northern Gas Project | 1.000 | Auftrag für EPC an Saipem | Azule Energy (Joint Venture von ENI (Italien) und BP (UK)); Bau einer Förderplattform, Gas-Pipeline und Infrastruktur |
Ausbau und Betrieb der Benguela-Eisenbahn (Güterverkehr) | 400 | Beginn der Arbeiten 2022 | Vergabe an Konsortium aus Trafigura (Schweiz), Mota Engil (Portugal), Vecturis (Belgien) |
Abbau Seltener Erden, Longonjo NdPr Project | 131 | Planung | Pensana Metals; Entwicklung und Bau des Bergwerks bis 2025 |
Kegulu-Kaibasa Übertragungsleitung (400 kV, 220 kV, 60 kV), ca. 1.000 km | 100 | Planung | Southwest Research Institute (USA); Design Consulting an China Power Engineering Consulting Group |
Anlagen zur Reinigung von Fäkalschlamm in Benguela und Lobito | 75 | Präqualifizierung | Ministerio da Energia e Aguas; Umsetzung in zwei Phasen bis 2026 |
Abwassernetz und Klärwerk in Malanje | 25 | Planung | Ministerio da Energia e Aguas; finanziert durch Weltbank und AFD (Frankreich); Wasserversorgung in der Vergabe |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten sind unter www.gtai.de/angola, "Ausschreibungen“ und "Entwicklungsprojekte“ abrufbar.
Konsum: Bessere Nahrungsmittelversorgung bremst Preisanstieg
Der IWF rechnet im laufenden Jahr 2023 mit einem deutlichen Rückgang der Inflationsrate auf 11,7 Prozent nach einer fast doppelt so hohen Geldentwertung von 21,4 Prozent im Jahr 2022. Für 2024 erwartet der Fonds einen weiteren leichten Rückgang auf 10,8 Prozent. Damit läge die Inflation innerhalb des von der angolanischen Zentralbank definierten Zielkorridors von 9 bis 11 Prozent. Ein wesentlicher Faktor für den Rückgang ist die bessere Versorgung mit Nahrungsmitteln aus lokaler Produktion. Die gestiegenen Öleinnahmen erlauben es der Regierung außerdem, Subventionen auf Treibstoffe und einige Nahrungsmittel aufrechtzuerhalten.
Stabilisierend wirkt sich aus, dass die Landeswährung Kwanza aktuell nur gering schwankende Wechselkurse zu Euro und US-Dollar aufweist. Die Preise für importierte Konsumgüter bleiben hierdurch besser kalkulierbar. Bei einem Bevölkerungswachstum von rund 3 Prozent im Jahr wird sich mit den prognostizierten Wachstumsraten des BIP das Pro-Kopf-Einkommen in den kommenden Jahren erhöhen. Das schafft mehr Spielraum für Konsumausgaben. Die EIU rechnet mit einer auf über 5 Prozent im Jahr steigenden realen Zunahme des privaten Konsums ab 2025.
Außenhandel: Rohöl gegen Benzin und Diesel
Über 80 Prozent der Exporte Angolas entfallen auf Rohöl. Mit den Weltmarktpreisen schwingt daher auch das in Geldeinheiten gemessene Exportvolumen auf und ab. Dem starken Einbruch 2020 folgte 2021 ein bis heute anhaltender Trend nach oben. Die Bilanz bleibt trotz der ebenfalls gestiegenen Importe weiter positiv. Andere wichtige Ausfuhrgüter sind mit verflüssigtem Erdgas und Diamanten ebenfalls Rohstoffe. An der Spitze der Einfuhren standen 2022 mineralische Brennstoffe mit einem Anteil von 22,4 Prozent vor Maschinen und Elektrogeräten (18,6 Prozent) und Nahrungsmitteln (12,2 Prozent).
Wichtigstes Lieferland Angolas ist seit 2018 China, das damit Portugal abgelöst hat. Die ehemalige Kolonialmacht lag 2022 vor Südkorea, den Niederlanden und Indien auf dem zweiten Platz. Deutschland taucht unter den Herkunftsländern angolanischer Importe mit 247 Millionen US$ erst an 13. Stelle auf. Etwas mehr als die Hälfte der Erdölexporte gingen 2022 nach China, dem mit Abstand größten Zielland angolanischer Ausfuhren. Weit dahinter folgen Indien, Frankreich und die Niederlande.
2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 | |
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Importe | 11.795 | 17.267 | 46,4 |
Exporte | 33.582 | 50.038 | 49,0 |