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Rechtsbericht | Brasilien | Steuerrecht

Brasilien strebt Diversifizierung durch Steuervorteile an

Mit dem Erlass eines neuen Rechtsinstruments wird die strategische Unternehmensplanung durch Steuerrückerstattungen erleichtert.

Von Dr. Julio Pereira | Berlin

Wie im GTAI-Rechtsbericht Diversifizierung auf brasilianische Art dargestellt, hat die brasilianische Regierung das Programm „Plano Brasil Soberano” (Plan für ein souveränes Brasilien) erlassen, das durch die vorläufige Maßnahme Nr. 1.309 vom 13. August 2025 (MP 1.309/2025) eingeführt wurde. Es handelt sich im Wesentlichen um ein Kontingenz- und Diversifizierungsprogramm, das vor dem Hintergrund der von der US-Regierung verhängten Zölle verabschiedet wurde. Das Steuerrecht ist einer der zentralen Punkte des Programms. In diesem Bericht werden die wichtigsten Änderungen erläutert, die von den im Land tätigen Unternehmen zu berücksichtigen sind.

Steuerliche Reaktion in Zeiten von Handelsspannungen

Die MP 1.309/2025 ist eine der wichtigsten regulatorischen Reaktionen der brasilianischen Regierung auf die von den Vereinigten Staaten auf Produkte aus Brasilien erhobenen Zölle in Höhe von bis zu 50 Prozent. Ein Großteil des Rechtsinstruments konzentriert sich auf Steuermechanismen zur Stärkung des Produktionssektors. Dazu gehören insbesondere:

  • Steuerrückerstattung durch Ausweitung der Sonderregelung zur Rückerstattung von Steuerbeträgen für exportierende Unternehmen (Regime Especial de Reintegração de Valores Tributários para as Empresas Exportadoras - Reintegra) und
  • vorübergehende Steuerstundung (diferimento) für Bundessteuern.

Sondersteuerregelung „Reintegra”

Funktionsweise

Das Verb „reintegrar” bedeutet im brasilianischen Steuerkontext „zu viel gezahlte Beträge zurückerstatten”. Als steuerlicher Fördermechanismus erweitert die MP 1.309/2025 die Steuerrückerstattung erheblich. Die Sondersteuerregelung „Reintegra”, die durch das Gesetz Nr. 12.546 vom 14. Dezember 2011 geschaffen wurde, hat zum Ziel, indirekte Steuern ganz oder teilweise zurückzuerstatten. Diese Steuern werden entlang der gesamten Produktionskette erhoben, wirken sich auf den Wert der Waren und damit auf den Außenhandel aus. Die Schaffung von Sondersteuerregelungen zugunsten des Außenhandels ist eine der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten des Bundes (Art. 153, § 3, III Constituição Federal, CF/88).

Gesetzesänderungen

Konkret konnte bis zum Erlass der MP 1.309/2025, der vorherigen Fassung der Sonderregelung Reintegra, nur ein kleiner Teil der auf Exporte gezahlten Steuern zurückerstattet werden, je nach Größe des Unternehmens zwischen 0,1 und 3 Prozent. Jetzt können mittlere und große Unternehmen bis zu 3,1 Prozent Steuerrückerstattung erhalten, Kleinst- und Kleinunternehmen bis zu 6 Prozent. Dies gilt bis zum 31. Dezember 2026. Aus steuerrechtlicher Sicht hat die prozentuale Erhöhung zwei relevante Aspekte. Erstens bekräftigt sie den außerfiskalischen Charakter der Reintegra – ihre primäre Funktion ist nicht die Steuererhebung an sich, sondern die Förderung des Exports. Zweitens bleibt die Reintegra mit dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit (Art. 150, I CF/88) vereinbar, da das Gesetz Nr. 12.546/2011 bereits die Festlegung variabler Steuersätze vorsah.

Vorwegnahme der Auswirkungen der Steuerreform

Es ist auch anzumerken, dass die neue Reintegra mit der Steuerreform (EC Nr. 132/2023) in Zusammenhang steht. Die Reform hat die Mehrwertsteuer (Imposto sobre Valor Agregado IVA) in das brasilianische Steuersystem eingeführt, wodurch die Kumulierung von Steuern beseitigt werden soll, deren Umsetzung jedoch schrittweise von 2026 bis 2033 erfolgen wird. Bis dahin zahlen Exporteure weiterhin indirekte Steuern, die in den Preisen enthalten sind. Die Reintegra fungiert durch die Rückerstattung eines Teils dieser Steuern als vorübergehender Ausgleich. Sie nimmt die erwarteten Auswirkungen der Reform, nämlich die vollständige Befreiung von Ausfuhren, teilweise vorweg.

Stundung von Bundessteuern

Die MP 1.309/2025 sieht eine vorübergehende Stundung (diferimento) von Bundessteuern für Unternehmen vor, die direkt von den US-Zöllen betroffen sind. Die Stundung besteht in der Verschiebung der Zahlungsfrist, ohne dass die Steuerforderung erlischt. Im Gegensatz zur Befreiung oder zum Erlass erlischt durch den Aufschub die Steuerpflicht nicht, sondern es wird den Unternehmen vor allem in Zeiten sinkender Einnahmen oder steigender Kosten eine sofortige Atempause gewährt. Er fungiert somit als effizientes Instrument zur Steuerung des Cashflows. Es handelt sich um eine außergewöhnliche Maßnahme mit Verfassungsrang, die auch in die Zuständigkeiten des Bundes fällt.

Relevanz des Plans für deutsche Unternehmen

Zu den Wirtschaftszweigen in Brasilien, die am stärksten von den US-Zöllen betroffen sind, gehören die Sektoren Erdöl und Erdölprodukte, Eisen und Stahl, Zellstoff und Papier, die Automobilindustrie und die Luft- und Raumfahrtindustrie sowie Agrarprodukte. Für deutsche Unternehmen, die in Brasilien tätig sind, ist dies von besonderer Bedeutung. Viele liefern Autoteile, Maschinen, Ausrüstung und Vorprodukte für diese Branchen, was sich auf Kosten, Produktionsketten und die strategische Planung auswirken kann. Für deutsche Unternehmen mit industriellen Niederlassungen oder Exportlagern in Brasilien bietet die MP 1.309/2025 daher Rechtssicherheit, mehr Planbarkeit und eine Verringerung des Steuerrisikos – zentrale Aspekte bei unternehmerischen Entscheidungen.

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