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Markttrends

Bulgarien stärkt seine Position als Zulieferer für die europäische Automobilindustrie. Der Handel mit Autos erholt sich. Die Nachfrage nach Neuwagen bleibt aber verhalten.

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Mit dem Wandel in der Automobilindustrie weg von den Verbrennermotoren hin zu Elektromobilität und zum autonomen Fahren gerät Bulgarien stärker in den Fokus internationaler Investoren. Die bulgarische Regierung rechnet damit, dass ausländische Investoren in Bulgarien in den kommenden drei Jahren neue Produktionen errichten wollen. Diese Vorhaben werden bis zu 3.500 neue Arbeitsplätze schaffen, teilte das bulgarische Wirtschaftsministerium im September 2022 bei einem Treffen mit einer Wirtschaftsdelegation aus Bayern mit. Dabei steht die Hauptstadt Sofia im Fokus. Sie etabliert sich zunehmend als IT-Standort und wird somit interessant für Projekte im Bereich autonomes Fahren und der damit verbundenen Forschung und Entwicklung (F&E).  

Deutsche Automobilzulieferer interessieren sich für Investition in Bulgarien 

Zu den Investoren, die sich für Standorte in Bulgarien interessieren oder bestehende Produktionen erweitern wollen, gehören deutsche Automobilzulieferer wie Eberspächer, Witte und Festo. Die Regierung verspricht bei einzelnen Investitionsvorhaben finanzielle Unterstützung. Deutsche Kfz-Zulieferer, die in Bulgarien eine Investition planen, erwägen dafür die Region um Ruse, an der Donau und der rumänischen Grenze sowie die Hauptstadt Sofia.

Bosch Engineering etwa siedelte sich 2019 mit einem neuen F&E-Zentrum in Sofia an und vergrößerte innerhalb der vergangenen drei Jahre die Anzahl seiner Mitarbeiter. Derzeit arbeiten nach Angaben von Bosch Engineering rund 350 IT-Spezialisten an mehr als 40 Projekten, um autonomes Fahren zu entwickeln. 

Bulgarien ist ein attraktiver Standort für Forschung- und Entwicklungszentren der Automobilzulieferer, für Bordtechnik oder neue Lösungen für autonomes Fahren. Das bulgarische Ministerium für Innovation und Wachstum fördert darüber hinaus die Entwicklung von Mikroelektronik in Sofia. Gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Akteuren und Forschungseinrichtungen soll Sofia zum Kompetenzzentrum für Mikroelektronik werden, so das Ministerium in einer Pressemitteilung. Dazu knüpft die Regierung Partnerschaften zwischen der Technischen Universität Sofia, der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und dem Sofia Tech Park. 

Die Automobilbranche gehörte bereits vor der Coronakrise zu den am stärksten wachsenden Industriezweigen im Land. Dies liegt nicht nur an den niedrigen Unternehmensteuern von 10 Prozent und den vergleichsweise günstigen, aber auch je nach Region knappen Arbeitskräften.

Die Auftragslage der Branche ist stabil. Aktuell haben die Unternehmen Aufträge für das kommende halbe Jahr, berichtet das Nationale Statistikinstitut (NSI). Die Umsätze der Kfz-Zulieferindustrie in Bulgarien stiegen im Jahr 2022 um 11 Prozent auf 8 Milliarden Euro, berichtet das NSI. Zudem können Investoren Bulgariens Knowhow aus der Elektroindustrie nutzen. 

Elektroindustrie stützt Entwicklung der Automobilindustrie

Ein großer Abnehmer bulgarischer elektronischer Komponenten ist die europäische Automobilindustrie - die europaweite Autoproduktion soll 2023 laut einer Studie der Ratingagentur S&P (Standard & Poor's) um 4 Prozent zunehmen. Risiken für das Wachstum in der Automobilproduktion sind hohe Energiekosten und weitere Engpässe bei der Beschaffung von Halbleitern. 

80 %

der in europäischen Autos verbauten Sensoren stammen aus Bulgarien. (Quelle: Invest Bulgaria Agency)

Der Automarkt erholt sich

In Bulgarien stieg die Anzahl der neuen Autoregistrierungen im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent. Dies deutet aber noch nicht auf einen wachsenden Absatzmarkt hin. Der Gebrauchtwagenmarkt ist traditionell größer im Land als der Neuwagenmarkt. Zudem werden auch Fahrzeuge direkt nach der Registrierung in andere Märkte weiterverkauft. In den vergangenen drei Jahren prägten Lieferverzögerungen von mehr als 18 Monaten aufgrund von Engpässen mit Halbleitern den Handel mit Autos in Bulgarien. Verbraucher mussten länger auf einen neuen Pkw warten.

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Die Nachfrage nach Neuwagen ist insgesamt begrenzt und wird voraussichtlich verhalten bleiben. Dies liegt zum einen an der Inflation und zudem am traditionell starken Gebrauchtwagensektor. 

Strengere EU-Richtlinien bremsen Handel mit Gebrauchtwagen

Angesichts strengerer EU-weiten Richtlinien für den Kauf von Fahrzeugen mit Verbrennermotoren tendieren die Bulgaren dazu, ihre Autos länger zu behalten. Durch den dadurch schwächeren Handel gebrauchter Autos steigen auf dem Gebrauchtwagenmarkt ebenfalls die Preise. Das wirkt sich negativ auf die Nachfrage aus.

Langfristig hat sich die bulgarische Regierung das Ziel gesetzt, in den Großstädten die Luftqualität zu verbessern. Ein erster Schritt, um den Fahrzeugbestand zu erneuern, ist die Einführung einer Feinstaubplakette. Diese Feinstaubplakette enthält fünf Schadstoff-Kategorien, in die das Fahrzeug nach einer Schadstoffmessung eingeteilt wird. Die Kategorien vier und fünf sind für Hybrid- und Elektrofahrzeuge vorgesehen.

Darüber hinaus treibt das Ministerium für regionale Entwicklung den Ausbau der Ladestationen voran. Dabei greift das Ministerium auf 2,5 Millionen Lew (etwa 1,3 Millionen Euro) Fördermittel der Europäischen Union zurück. 

Bulgarien setzt wenig Kaufanreize für umweltfreundliche Autos 

Auf den Straßen fahren überwiegend Autos, die im Schnitt 18 Jahre alt sind und einen Diesel- oder Ottomotor haben. Anreize des Staates fehlen, um einen umweltfreundlichen Neuwagen zu kaufen.

Absatz von Kfz/Pkw nach Herstellern in Bulgarien (Stückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent)

Hersteller

Absatz

Veränderung 202/2021

Marktanteil 2022

Renault

3774

3,8

8,8

Toyota

3714

16,1

8,7

Dacia

2783

-30,5

6,5

Volkswagen

2366

12,8

5,5

Skoda

2269

-0,8

5,3

Peugeot

1929

-14,8

4,5

Kia

1907

14,1

4,4

Quelle: Innenministerium Bulgariens (März 2023)


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