Die chinesische Regierung beschränkt die Beteiligung ausländischer Unternehmen an Bauprojekten – das Baugewerbe steht teilweise auf der Negativliste.
Die chinesische Baubranche befindet sich fest in einheimischer Hand. Dennoch gibt es einige Nischen, in denen spezialisierte deutsche Anbieter Fuß fassen können. Die Beteiligung ist dienstleistungsabhängig und unterliegt rechtlichen sowie industriespezifischen Einschränkungen.
Zulieferer innerhalb der Wertschöpfungskette unterliegen unterschiedlichen Einschränkungen
Die Anforderungen in den verschiedenen Segmenten der Baubranche sind häufig vage formuliert und beinhalten unterschiedliche regionale Voraussetzungen. Entsprechend bestehen teilweise uneinheitliche Marktzugangsvorschriften zu der Genehmigung von Investitionen und Lizenzerfordernisse für Dienstleistungen wie dem Zugang zu Ausschreibungen und Industrieanforderungen.
Bauunternehmen/Generalunternehmer
Zwischen 2002 und 2020 war in China die Verordnung Nr. 113 in Kraft, die die Bautätigkeiten ausländischer Unternehmen definierte und durch eine Negativliste stark einschränkte. Mit der Reform im Jahr 2020 wurden diese Beschränkungen weitgehend aufgehoben. Dennoch ist für Bautätigkeiten weiterhin eine Lizenz gemäß den Qualifikationsstandards für Unternehmen der Bauindustrie"建筑业企业资质等级标准" erforderlich. Branchenvertreter berichten jedoch, dass sich durch die formale Aufhebung der Negativliste in der Praxis kaum etwas geändert habe – de facto werde sie weiterhin angewendet.
Für ausländische Bauunternehmen ist nach wie vor ein Joint Venture mit einem lokalen Partner erforderlich. Diese Partnerschaft ermöglicht jedoch keine Beteiligung an staatlichen Infrastrukturprojekten. Bei allgemeinen Bauvorhaben bestehen grundsätzlich keine Einschränkungen, sofern die Teilnahme über eine lokale Niederlassung in Kooperation mit einem Joint-Venture-Partner erfolgt. Dennoch können zusätzliche Regulierungen eine Beteiligung ausschließen, insbesondere wenn es sich um Projekte in sensiblen Bereichen handelt. Dazu zählen kritische Infrastrukturen, sicherheitsrelevante Industrien, strahlungsintensive Branchen sowie der Bereich der hochwertigen Medizintechnik.
Deutsche Bauunternehmen sind in China nicht aktiv – das gilt ebenso für Generalunternehmer aus anderen Ländern. Ihre Rolle beschränkt sich in der Regel auf das Projektmanagement, während die bautechnische Umsetzung durch chinesische Partner erfolgt. An öffentlichen Großprojekten wie Flughäfen sind ausländische Bauunternehmen nicht beteiligt, und auch Planungsleistungen werden kaum noch an internationale Büros vergeben.
Im privaten Sektor scheitert eine Beteiligung ausländischer Firmen häufig an formalen Anforderungen, wie etwa einer bestimmten Bürogröße, die nicht erfüllt werden kann. Zudem sind Arbeitsgemeinschaften mit ausländischen Partnern in der Regel nicht erwünscht.
Architekten
Es sind ausländische Firmen zugelassen, darunter deutsche Architekturbüros wie GMP.
Ingenieurdienstleistungen
Der chinesische Planungsmarkt wird klar von sogenannten Local Design Institutes dominiert – also von chinesischen Gesamtplanern, die sämtliche Planungsleistungen aus einer Hand anbieten. Für die Tätigkeit in bestimmten Bereichen, etwa in der Luftfahrt oder im Eisenbahnwesen, sind spezielle Lizenzen erforderlich, was den Zugang für ausländische Büros zusätzlich erschwert. Dies steht im deutlichen Gegensatz zum deutschen Modell, das eine klare Trennung zwischen Architekten und Fachplanern vorsieht.
Auffällig ist, dass sich manche chinesischen Büros einen internationalen Anstrich geben: Sie treten unter deutschen oder amerikanischen Namen auf, sind jedoch rein chinesische Unternehmen. Teilweise existieren sie in den angeblichen Herkunftsländern gar nicht oder haben dort erst nachträglich kleine Niederlassungen eröffnet.
Deutsche Ingenieurbüros sind in China meist nur mit Repräsentanzen oder sehr kleinen Einheiten vertreten. Beispiele hierfür sind Schlaich Bergermann & Partner, die im Hochbau häufig mit den Architekten von GMP zusammenarbeiten oder eigenständig im Infrastrukturbereich – insbesondere bei Brückenprojekten – tätig sind. Auch das Statikbüro Bollinger & Grohmann ist in China aktiv. Drees & Sommer beschäftigt rund 30 Mitarbeitende vor Ort und konzentriert sich auf nachhaltige Gebäude für internationale Kunden, wie etwa für BMW in Shenyang.
Zertifizierung
Ausländische Firmen sind zugelassen, insbesondere zur Zertifizierung nachhaltiger Gebäude (LEED).
Bauprodukte- und Maschinenzulieferer
Der Einsatz von Maschinen unterliegt in China grundsätzlich keinen bekannten Einschränkungen. Allerdings sind für den Betrieb bestimmte Zertifizierungen erforderlich, etwa im Hinblick auf Abgasnormen oder technische Standards. Ein Beispiel für die Präsenz deutscher Technologie im chinesischen Markt ist der Zulieferer Max Bögl im Bereich Eisenbahn. Das Unternehmen ist weiterhin mit einer Niederlassung in Chengdu vertreten. Dort erfolgt die Zusammenarbeit im Rahmen eines Joint Ventures, insbesondere im Zusammenhang mit dem Magnetschwebebahn-Projekt (Maglev).
Ausländische Baudienstleister schildern die Wettbewerbssituation auf dem chinesischen Markt mit gemischten Eindrücken. Einerseits wird die hohe Qualität und Kosteneffizienz chinesischer Bauunternehmen und Ingenieurdienstleister hervorgehoben. Andererseits bestehen neben den bekannten Zugangsbeschränkungen auch praktische Herausforderungen, etwa bei der Abrechnung von Leistungen, über die wiederholt berichtet wird.
Zudem wird die Effizienz von Baumaßnahmen in China kritisch betrachtet. Ein Vergleich aus dem Jahr 2018 zeigt, dass in China durchschnittlich 40 Quadratmeter Gebäudefläche pro Bauarbeiter erstellt wurden, während es in Deutschland 140 Quadratmeter waren. Diese Diskrepanz könnte unter anderem auf Unterschiede in der Qualifikation der Arbeitskräfte sowie auf den Einsatz moderner Maschinen und Technologien zurückzuführen sein.
Rechtliche Auskunft für deutsche Unternehmen
Germany Trade & Invest (GTAI) informiert zum Investitionsrecht in China (Stand: 16.08.2022). Die sogenannten Negativlisten verbieten oder beschränken ausländische Investitionen in bestimmten Branchen.
Eine neue landesweite Negativliste ist am 1. November 2024 in Kraft getreten. Darin sind mit Bezug zur Baubranche lediglich spezielle Bereiche erwähnt, nämlich der Bau von Kernkraftwerken (Nr. 6) sowie den Bau ziviler Flughäfen und -türme (Nr. 10).
Daneben bleibt für ausländische und inländische Investitionen insbesondere die Marktzugangsnegativliste ("Negative List for Market Access") in der Fassung vom 25. März 2022 zu beachten, abrufbar über die Linkliste der GTAI. Darin sind auch verschiedene spezifische Bauvorhaben gelistet (siehe im Einzelnen am besten über die Suchfunktion „建设…“ oder „建设项目“); insbesondere zur Baubranche (建筑业) auch Ziffer 5, Nr. 39 (Folie 21) sowie im Anhang zu den Verbotsbestimmungen in Ziffer 4, Nr. 34 ff. (Folie 62).
Was Baudienstleistungen betrifft, so wird die Baubranche auch in den seit 21. April 2024 geltenden Negativlisten für den grenzüberschreitenden Dienstleistungshandel gelistet (jeweils in Ziffer 2). Siehe außerdem zum Vergaberecht in China.
GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Robert Herzner
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