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Branchen | China | Nahrungsmittel

Markttrends

Die Konsumenten ernähren sich zusehends gesünder, auch wenn der Fleischkonsum erst einmal weiter steigt. Lebensmittel werden immer öfter online bestellt.

Von Roland Rohde | Bonn

Die Coronapandemie hatte der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie kräftige Umsatzzuwächse beschert. Im Zuge der von der Regierung strikt verfolgten Null-Covid-Politik kam es zu zahlreichen Lockdowns. In Folge kochten und aßen die Menschen mehr zu Hause. Zudem legten sich die Haushalte große Mengen an Vorräten an. Es kam zu regelrechten Hamsterkäufen. Mit dem Ende der Null-Covid-Politik zum Jahreswechsel 2023 ist nun jedoch die Sonderkonjunktur ausgelaufen. Dennoch erwarten große Lebensmittelunternehmen auch 2023 ein kräftiges Umsatzwachstum von 7 Prozent, so Yu Xuejun, Leiter des National Food Management Center of China Light Industry gegenüber Xinhua im Mai 2023.

Lebensmitteleinzelhandel als Krisengewinner

Laut dem nationalen Statistikamt stieg der wertmäßige Umsatz des Nahrungsmitteleinzelhandels (ohne Getränke) 2021 und 2022 nominal um fast 11 beziehungsweise knapp 9 Prozent. Damit bildete er zusammen mit dem Pharmabereich die mit Abstand dynamischste Konsumgütersparte. Der entsprechende Onlineumsatz (einschließlich Getränken) legte sogar um 18 respektive 16 Prozent zu. Die Restaurants blieben teil- oder zeitweise geschlossen, konnten aber durch Außerhaus-Verkäufe das Schlimmste verhindern. Ihr Umsatz schrumpfte 2022 lediglich um 6 Prozent.

Umsatz des chinesischen Einzelhandels und des Cateringsektors im Überblick (nominale Veränderung in Prozent)

Sparte

Veränderung 2022/21

Einzelhandel insgesamt, davon

-0,2

  In größeren Geschäften getätigt, davon

1,4

    Nahrungsmittel, Öl, Getreide

8,7

    Getränke

5,3

    Alkoholika und Tabak

2,3

  Online-Handel, davon

6,2

    Lebensmittel

16,1

Cateringsektor

-6,3

Quelle: Nationales Statistikamt NBS 2023

Insgesamt wurden die Verluste der Restaurants durch das boomende Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft deutlich überkompensiert. Nicht umsonst waren die Auftragsbücher der Hersteller von Nahrungsmitteln und Getränken prall gefüllt. Ihr Umsatz legte 2021 nach Angaben der Informationsplattform China Economic Information Network (CEInet) um fast 13 Prozent zu. Im selben Zeitraum wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 8,4 Prozent.

Weiterhin gute Aussichten

Das Wirtschaftswachstum fiel infolge der immer zahlreicher werdenden Lockdowns 2022 auf 3 Prozent. Dabei handelt es sich um den zweitschlechtesten Wert seit mehr als vier Jahrzehnten. Von dem allgemeinen Trend konnte sich die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie nicht komplett abkoppeln. Ihre Produktion wuchs nur noch um rund fünfeinhalb Prozent. Damit konnten die allermeisten Hersteller aber immer noch sehr gut leben, zumal sich die weiteren Aussichten bereits zum Jahresende deutlich aufhellten.

Umsätze der Nahrungsmittelbranche (Umsatz und Gewinn in Milliarden US$; Veränderung in Prozent)*

Umsatz 2022

Veränd. 2022/21

Gewinn 2022

Veränd. 2022/21

Insgesamt, davon

1.643,3

5,6

120,7

10,0

 Nahrungsmittelverarbeitung

867,8

6,5

28,2

0,2

 Nahrungsmittelproduktion

334,4

4,0

26,7

7,6

 Getränkeherstellung

251,4

4,9

46,2

17,6

 Tabakwaren

189,7

5,4

19,6

11,9

* Unternehmen mit Mindestjahresumsatz von 3 Millionen US-DollarQuelle: China Economic Information Network (CEInet) 2023

Die Regierung hatte Anfang Dezember 2022 ihre Null-Covid-Politik schlagartig - und ohne große Vorbereitung - beendet. Eine riesige Infektionswelle schwappte anschließend durchs Land, ebbte aber viel rascher als erwartet ab. Bereits im März 2023 herrschte wieder weitgehend Normalität. Regierung, Banken und Institute erwarten eine BIP-Zunahme von rund 5 Prozent. Der Einzelhandelsumsatz stieg von Januar bis April 2023 um 8,5 Prozent, für das Gesamtjahr erwarten die Analysten von der Economist Intelligence Unit (EIU) ein Plus von 9,5 Prozent. Der Einzelhandelsumsatz mit Lebensmitteln entwickelte sich zwar mit 6 Prozent unterdurchschnittlich und der Getränkeeinzelhandelsumsatz stagnierte sogar mit 0,6 Prozent Wachstum, aber in der Vergleichsperiode 2022 waren die Umsätze angesichts der Coronapandemie-Sonderkonjunktur auch überdurchschnittlich stark gewachsen.  

Langfristig sinkt aber die Konsumquote 

Zahlreiche, sehr langfristig wirkenden Faktoren drücken zunehmend auf die Binnenkonjunktur. Dazu gehören die zunehmende Verschuldungsproblematik und die rasche Alterung der Gesellschaft. Die Immobilienkrise wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Die genannten Faktoren drücken die Konsumquote für einen vermutlich sehr langen Zeitraum nach unten. Doch zwischen den Einzelhandelssparten dürfte es Unterschiede geben. Im Bereich Nahrungsmittel und Getränke besteht noch Wachstumspotenzial qualitativer Art. Ernährungssicherung gewinnt zudem an Bedeutung.

Auch in China ernähren sich die Menschen immer gesünder und nachhaltiger. Das hat unter anderem Auswirkungen auf den Fleischkonsum. Nach Einschätzung von Marktforschungsunternehmen soll er in den nächsten Jahren zwar weiter zunehmen, da es immer noch einen gewissen Nachholbedarf gibt. Doch das Wachstum wird sich gegenüber den vorhergehenden Jahrzehnten abflachen. Der Pro-Kopf-Verbrauch nähert sich dem Niveau von westlichen Industrieländern an. Den Gesundheitseffekt spürt man insbesondere in der Getränkeindustrie. Die Nachfrage nach Alkoholika, vornehmlich nach "Hochprozentigem", schwächelt.

Branchenimporte innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt

China hängt in einigen Bereichen relativ stark von Importen ab. In den letzten Jahren sind die Nahrungsmittel- und Getränkeeinfuhren rasant gestiegen. Laut UN Comtrade und chinesischer Zollstatistik haben sie sich zwischen 2017 und 2022 mehr als verdoppelt und erreichten mit rund 137 Milliarden US-Dollar (US$) ein Rekordniveau. Der chinesische Zoll beziffert die Importe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen - diese Kategorie ist wesentlich weiter gefasst - 2022 sogar auf rund 236 Milliarden US$, ein Plus von gut 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Einige Posten sind für einen großen Teil der Brancheneinfuhren verantwortlich. Dabei handelt es sich an erster Stelle um Fleisch und Fleischprodukte, die hauptsächlich aus Brasilien, den USA sowie Australien und Neuseeland stammen. In China fehlt nämlich Platz für eine ausgedehnte Weidewirtschaft. Insbesondere bei Rindfleisch fällt die Importquote hoch aus. Des Weiteren benötigt das Reich der Mitte Futtermittel für seine Zuchtbetriebe sowie umfangreiche Mengen an Ölen und Fetten für die lebensmittelproduzierenden Betriebe.

Stand: Juni 2023

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