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Wirtschaftsumfeld | China | Tourismus und Konsum

Dem Drachen zum Wohl

Mit dem chinesischen Neujahrsfest beginnt in China das Jahr des Drachen. Wie reisen die Menschen in den Tagen rund um das Fest und wofür geben sie ihr knapper gewordenes Geld aus?

Von Robert Herzner | Hongkong

China begrüßt am 10. Februar 2024 das neue Jahr des Drachen nach dem chinesischen Kalender – der Drache folgt auf das Tierkreiszeichen des Hasen. Das Neujahrsfest ist in China, wie die Weihnachtsfeiertage in Deutschland, ein Familienfest und bringt entsprechend viele Inlandsreisen mit sich. Millionen von Menschen reisen in ihre Heimatstädte, um mit ihren Familien zusammenzukommen. Es ist die weltweit größte, jährlich wiederkehrende Massenmigration. In diesem Jahr drückt zwar die schwache Konjunktur auf die Feierlaune, doch der Konsum zieht langsam wieder an. 

9 Milliarden Inlandsreisen in 40 Tagen 

Während der 40-tägigen Reisewelle rund um das diesjährige Neujahrsfest, auch Frühlingsfest genannt, wird eine Rekordzahl von 9 Milliarden Inlandsreisen erwartet. Das wären fast doppelt so viele wie die 4,7 Milliarden Reisen, die 2023 zur gleichen Zeit nach Wegfall der strengen Coronabeschränkungen unternommen wurden. Und es wären sogar mehr als die rund 6 Milliarden Trips vor der Coronapandemie 2019. Rund 80 Prozent der Fahrten werden 2024 voraussichtlich mit dem Auto zurückgelegt, denn immer mehr Chinesen besitzen ein eigenes Fahrzeug. Im Jahr 2022 waren in China 315 Millionen Pkw zugelassen, das entspricht 221 Autos pro 1.000 Einwohner. In Deutschland sind es 628.

80 %

der Inlandsreisen zum chinesischen Frühlingsfest werden mit dem Auto zurückgelegt.

Darüber hinaus reisen die Chinesen hauptsächlich mit dem Zug, berichtet das chinesische Staatsfernsehen CCTV. Insgesamt werden in den 40 Tagen landesweit 480 Millionen Zugfahrten erwartet, 38 Prozent mehr als 2023 und 17 Prozent mehr als 2019 vor der Pandemie. 

Wichtigstes Reisemotiv ist der Familienbesuch. Darüber hinaus fahren die Chinesen in dieser Zeit bevorzugt in den Skiurlaub. Mittlerweile gibt es in China 697 Skigebiete mit 806 Liftanlagen und einer Pistenfläche von 6.309 Hektar.

Generation Z wechselt von Tee zu Kaffee 

Bei einem Familienfest stehen üppige und traditionelle Mahlzeiten im Vordergrund. Das Marktvolumen für Festspeisen liegt 2024 bei etwa 24 Milliarden US-Dollar (US$), ein Zuwachs von knapp einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Ein Wechsel zu westlichem Konsum zeigt sich deutlich bei der jüngeren Bevölkerung. Die 410 Millionen Millennials schätzen Kaffee mehr als Tee: Im Jahr 2023 ist die Zahl der Marken-Kaffeeshops um 58 Prozent auf die Rekordzahl von 49.691 Verkaufsstellen gegenüber dem Vorjahr gestiegen, so eine Untersuchung von World Coffee Portal. 

Die chinesische Kette Luckin, die erst seit sechs Jahren besteht, ist mit 13.273 Geschäften in China der bei weitem größte Betreiber. Im November 2023 überholte Luckin mit einem Umsatz von 855 Millionen US$ die US-Kaffeekette Starbucks, die 822 Millionen US$ auf dem chinesischen Markt erzielte. 

Hohe Sparquote sinkt leicht

Beim Frühlingsfest tauschen die Menschen Geschenke aus, besonders beliebt sind rote Geldumschläge, sogenannte "Hongbao". Diese werden immer häufiger digital über die Smartphone-App WeChat verschenkt. Für Geldgeschenke im Familienkreis wird meist auf Erspartes zurückgegriffen.

Die Sparquote lag nach Berechnungen von Germany Trade & Invest (GTAI) im Jahr 2023 bei 28,4 Prozent des verfügbaren Einkommens der Privathaushalte. Sie dürfte sich im Jahr 2024 weiter abschwächen, da neben dem steigendem Konsum auch ein deutlicher Rückgang bei den jährlichen Bonuszahlungen auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten ist. Boni werden in China typischerweise im Februar zum Frühjahrsfest ausgezahlt. Diese betrugen in Boomjahren häufig bis zu sechs Monatsgehältern, für Büroangestellte waren zumindest zwei Monatsgehälter generell üblich. Für dieses Jahr liegen Boni von einem halben Monatsgehalt bereits deutlich über den Bedingungen im öffentlichen Dienst, da dort überwiegend nur temporär eingestellt wird. 

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Gesundheitsausgaben steigen 

Der Konsum erholt sich zwar leicht, wird aber auch 2024 sein Potenzial nicht erreichen. Gründe dafür sind der anfällige Arbeitsmarkt, die maue Investitionsstimmung und die schwierigen öffentlichen Finanzen. Für 2024 erwarten Prognosen der Weltbank Steigerungen des Privatkonsums von nominal 6,2 Prozent und 5,6 Prozent für 2025. Zwar liegen die jährlichen Tourismuseinnahmen immer noch unter dem Niveau von 2019, aber 2024 könnten sich diese ebenfalls verbessern, da das Visumverfahren vereinfacht wurde und sich die Flugkapazitäten noch weiter erholen dürften. 

Neben dem Inlandstourismus wird der Absatz von Gesundheitsprodukten im Jahr 2024 wesentlich zur Erholung der Konsumausgaben beitragen. Gesundheitsbezogene Produkte und Medikamente haben während der Pandemie einen größeren Anteil an den Gesamtausgaben gewonnen. Mit einer Verbesserung des Gesundheitsbewusstseins und einer zunehmend alternden Bevölkerung ist zu erwarten, dass die Ausgaben der Haushalte in diesen Kategorien auch in Zukunft steigen werden. Im Jahr 2023 gaben private Haushalte bereits fast 10 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die medizinische Versorgung aus.

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Mehr Geburten dank Drachenjahr

Die Bevölkerung Chinas schrumpfte 2023 zum zweiten Mal in Folge. Die Zahl der Neugeborenen ging weiter zurück und erreichte Ende 2023 ein Rekordtief von 9,02 Millionen, verglichen mit 9,57 Millionen im Jahr zuvor. Im Jahr 2024 ist mit einem leichten Anstieg der Neugeborenen zu rechnen. Das Jahr des Drachen ist als Geburtenjahr in China sehr beliebt. So verzeichneten die Jahre des Drachens, 2000 und 2012, stets eine deutlich höhere Geburtenrate - trotz strikter Geburtenkontrolle. Denn im Jahr des Drachen geborene Kinder sollen von den Eigenschaften des Drachens profitieren, der als positives Symbol für Höhenflug (Erfolg) und Glück steht. Entsprechend hoffen die Menschen in China, dass sich dies auch auf die Wirtschaft überträgt und diese wieder "in die Höhe schießt". 

 

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