Wirtschaftsumfeld | China | Fachkräfte
Fachkräfte
Die Gehälter steigen nicht mehr so schnell. Deutsche Unternehmen behalten die Anzahl an Expats bei.
02.12.2025
Von Robert Herzner | Hongkong
In den letzten zehn Jahren zeigt sich eine Zweiteilung im wirtschaftlichen und arbeitsmarktbezogenen Wachstum Chinas: Während zwischen 2015 und 2019 noch über 55 Millionen neue städtische Arbeitsplätze entstanden, waren es von 2020 bis 2024 nur noch 21 Millionen – bei gleichzeitig sinkendem Wirtschaftswachstum. Die Folge ist ein Überangebot an Arbeitskräften bei rückläufiger Nachfrage, wodurch der Wettbewerb um Fachkräfte nur in spezialisierten Bereichen wie Technik, Forschung und Entwicklung (FuE) und Krisenmanagement spürbar bleibt. Aufgrund des konjunkturellen Abschwungs suchen Unternehmen verstärkt Mitarbeiter, die nicht nur über langjährige Expansionserfahrung, sondern auch über Erfahrung im Krisenmanagement verfügen.
Technisches Personal bleibt die größte Herausforderung
Laut AHK Labor Market and Salary Report 2025/2026 ist es für deutsche Unternehmen nach wie vor am schwierigsten, in China qualifiziertes Personal für Positionen in den Bereichen Ingenieurwesen/FuE und technische Funktionen (technischer Vertrieb und technischer Service) zu finden. Umgekehrt ist es leichter, qualifizierte Bewerber für Positionen in Verwaltung, Finanzen und Personalwesen zu rekrutieren.
China investiert massiv in die MINT-Ausbildung, um seine technologische Führungsrolle – insbesondere im Bereich künstliche Intelligenz (KI) – auszubauen. Jährlich schließen rund 3,2 Millionen Studierende ihr Studium in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ab. Gleichzeitig steht der chinesische Arbeitsmarkt vor strukturellen Herausforderungen: Ein hoher Anteil von etwa 25 Prozent an Routinejobs macht viele Beschäftigte anfällig für Automatisierung und Verdrängungseffekte durch KI und Robotik. Während neue Technologien Produktivität und neue Aufgaben schaffen, steigt der Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften – insbesondere in Bereichen, die nicht durch Maschinen ersetzt werden können.
Renteneintrittsalter angehoben und hohe Jugendarbeitslosigkeit
Chinas Bevölkerung schrumpft seit dem Höchststand von 1,43 Milliarden im Jahr 2021. Die Geburtenrate stieg in den Jahren 2024 und 2025 leicht, bleibt aber historisch niedrig. Die Folgen: weniger Arbeitskräfte, sinkender Konsum und eine steigende Belastung der Sozialsysteme. China altert rapide – bis 2035 wird jeder Dritte über 60 Jahre alt sein. Die Jugendarbeitslosenquote (16–24 Jahre, ohne Ausbildung) stieg im Juli 2025 auf 17,8 Prozent – den höchsten Stand seit August 2024. Ein Grund für den Anstieg sind 12,2 Millionen Universitätsabsolventen, die auf den Arbeitsmarkt drängen. Ursachen für die hohe Jugendarbeitslosigkeit wie Fabrikschließungen, Produktionsverlagerungen und ein strukturelles Überangebot an Arbeitskräften bleiben bestehen.
Deutsche Unternehmen setzen wieder verstärkt auf ausländische Mitarbeitende
Bei deutschen Unternehmen zeigt sich: Der Anteil von Firmen mit ausländischen Beschäftigten liegt 2025 über alle Unternehmensgrößen hinweg bei 65,1 Prozent. Der drastische Rückgang während der Pandemie um fast 20 Prozentpunkte ist vorbei. Eine weitere Reduzierung deutscher Mitarbeiter findet nicht statt. Insbesondere steigt der Anteil ausländischer Mitarbeiter bei kleinen Firmen wieder leicht an, von 43,6 Prozent im Jahr 2024 auf 51,7 Prozent im Jahr 2025. Hauptgrund für die Substitution ausländischen Personals bleibt das vergleichsweise hohe Lohnniveau. Immerhin: Für nicht-chinesische Mitarbeiter bleiben Zuschüsse wie Miete und Schulgeld derzeit bis zum 31.Dezember 2027 steuerfrei.
AHK baut Duale Berufsausbildung aus
Ein Pilotprojekt ist die im August 2024 von der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Taicang eröffnete erste AHK Academy, welche Kurzzeitschulungen in den Bereichen Elektrosicherheit (VDE), Mechatronik und Pneumatik/Elektropneumatik sowie Ausbildereignungsverordnung (AEVO)- und Prüferschulungen anbietet. Insgesamt verfügt die AHK über 23 Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen für Berufsausbildung nach iMOVE, einer Initiative des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).
Unternehmen müssen bei Datenrecherche das seit dem 1. Juli 2023 gültige Anti-Spionagegesetz beachten. Es weitet den Tatbestand der "Spionage" aus. Strafbar sind nunmehr alle nicht näher bestimmten Handlungen, die sich gegen die "nationalen Interessen" der Volksrepublik China richten.
China im weltweiten VergleichFolgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können. |
Asiens führende Universitäten befinden sich in China
Jeweils zwei Universitäten aus Peking und Shanghai sowie Hongkong und eine aus Hangzhou befinden sich in den Top Ten der führenden Universitäten in Asien. Die Anzahl an Hochschulen erhöhte sich kontinuierlich und lag 2024 bei 3.119 mit 21 Millionen Bachelor-Studenten. Außerdem verfügt China über 10.000 Berufsschulen mit 30 Millionen Schülern. Das durchschnittliche Einstiegsgehalt eines Bachelorabsolventen betrug 2024 ca. 6.200 Renminbi Yuan (RMB), das sind umgerechnet 865 US-Dollar (US$) gegenüber 4.680 RMB (660 US$) eines Berufsschulabsolventen. Unternehmen merken häufig an, dass Berufsschulabsolventen die praktische Erfahrung fehlt und die Integration zwischen Industrie und Bildungseinrichtungen verbessert werden muss.
Nachdem chinesische Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre Produktionskapazitäten verstärkt in Schwellenregionen wie ASEAN und Mexiko verlagerten, rückt nun wieder der Heimatmarkt in den Fokus. Die Fertigung international wettbewerbsfähiger Hightech-Produkte findet jedoch weiterhin in China statt. Gründe hierfür sind die bestehenden Überkapazitäten sowie die Tatsache, dass die Fertigung in China auch unter Berücksichtigung von Zöllen für den Export aufgrund der Deflation, der höheren Effizienz und besseren Wertschöpfungskette kostengünstiger ist.