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Wirtschaftsausblick | Finnland

Finnlands Wirtschaft wartet auf den Aufschwung

Finnland ist im Dilemma: Der Staat ist hochverschuldet, die Konjunktur kommt nicht in Gang. Zugleich steht das Land unter Zugzwang, Milliarden in die Verteidigung zu investieren.

Von Fabian Möpert | Berlin

Top-Thema: EU-Defizitverfahren engt Handlungsspielraum ein

Finnlands Staatsverschuldung steigt wegen des ausbleibenden Wirtschaftswachstums rasant. Die Neuverschuldung wird 2025 laut Europäischer Kommission 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht, die Schuldenlast dürfte 2026 die Marke von 90 Prozent des BIP überschreiten. Zu viel, befand die Brüsseler Behörde Ende November 2025 und bringt ein Defizitverfahren gegen Finnland auf den Weg.

Schon seit einiger Zeit versucht die Regierung um den konservativen Ministerpräsidenten Petteri Orpo, den Haushalt zu konsolidieren. Sparmaßnahmen beinhalten harte Einschnitte ins Sozialsystem sowie die Erhöhung einzelner Steuern. Das Defizitverfahren der EU dürfte einnahmen- wie ausgabenseitig in der Legislaturperiode bis 2027 noch weiter reichende Kürzungen erfordern.

Zwischen Finanznot und Frontlinie

Trotz diffiziler Kassenlage will Finnland die Verteidigungsausgaben bis 2029 auf 3 Prozent des BIP heben, bis 2032 gar auf 5 Prozent. Dafür gibt es breiten gesellschaftlichen Konsens. Finnland ist seit dem NATO-Beitritt 2023 wichtiger Eckpfeiler an der Ostflanke des Verteidigungsbündnisses. Aktuell liegt der Wehretat bei etwa 2,4 Prozent des BIP. Wie die höheren Ausgaben gestemmt werden sollen, bleibt unklar.

Wirtschaftsentwicklung: Springt die Konjunktur 2026 an?

Während die finnische Wirtschaftsleistung 2025 stagniert, könnten 2026 und 2027 die ersehnte Konjunkturbelebung bringen: Laut Herbstprognose der EU-Kommission wächst das finnische BIP jeweils um rund 1 Prozent. Damit bleibt das Land zwar unter dem durchschnittlichen Wachstumstempo der EU von 1,4 Prozent. Aber die Trendwende wäre geschafft.

Anzeichen für einen bevorstehenden Konjunkturaufschwung mehren sich. Steigender Privatkonsum und Investitionen dürften die Inlandsnachfrage 2026 und 2027 ankurbeln. Die Kaufkraft nimmt dank der jüngsten Lohnvereinbarungen bis 2027, niedriger Zinsen, hoher Ersparnisse und einer leicht steigenden Beschäftigungsquote zu.

Der angespannte Arbeitsmarkt hellt sich auf. Besser gefüllte Auftragsbücher steigern die Beschäftigung in der Industrie. Die Arbeitslosigkeit verharrt aber auf hohem Niveau, erreichte laut finnischem Statistikamt im Oktober 2025 mit 10,3 Prozent den höchsten Stand seit über 15 Jahren (Angabe für Erwerbslose im Alter von 15 bis 74 Jahren). Dahinter stehen auch ein hoher Sockel an Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit sowie ein Qualifikationsmismatch. Das verarbeitende Gewerbe ringt derweil mit Fachkräftemangel.

Investitionen gewinnen an Schwung

Finnlands Bruttoanlageinvestitionen werden 2026 mit 4 Prozent kräftiger steigen. Sie drehten bereits 2025 ins Plus, angeführt von Maschinen- und Ausrüstungsinvestitionen einschließlich Investitionen der öffentlichen Hand für Verteidigung.

Im Aufwind sind klimaschonende Technologien, darunter Energiespeicher, Onshore- und Offshore-Windkraft, Photovoltaik und die Exploration von Technologierohstoffen. Günstiger und sauberer Strom wirkt als Magnet für Investitionen in Rechenzentren.

Verarbeitende Industrie hofft auf Wachstum

Die Industrieproduktion legte im 3. Quartal 2025 nach einer Schwächephase im Frühjahr zu. Das dürfte sich Anfang 2026 fortsetzen. Im verarbeitenden Gewerbe blicken Unternehmen optimistischer als zuvor auf die kommenden Monate. Das zeigt die Konjunkturumfrage des Zentralverbands der finnischen Wirtschaft (EK) vom Oktober 2025. 

Zwar lag der Wert der Auftragseingänge bei den Unternehmen der technischen Industrien im 3. Quartal 2025 leicht unter dem Vorquartal, aber dennoch um 10 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Hanne Mikkonen vom finnischen Verband der technischen Industrien (Teknologiateollisuus) sieht einen stabilen Trend: "Es gibt Aktivitäten auf den Märkten, sodass sich die allmähliche Erholung fortsetzen wird." 

Wichtige Impulse kommen vom finnischen Schiffbau. Eine im Oktober 2025 angekündigte Order aus den USA für vier Eisbrecher könnte Finnlands Werften und Zulieferern bis zu 2 Milliarden Euro in die Kassen spülen.

Finnlands Export in die USA zieht an

Finnlands Exportwirtschaft hat sich an das volatile globale Umfeld angepasst. Der finnische Außenhandel entwickelt sich 2025 wieder positiv. Die USA sind ein wichtiger Zielmarkt. Vom Zoll-Roulette der Trump-Administration ausgelöste Schreckensszenarien blieben aus. Finnische Ausfuhren in die USA stiegen von Januar bis September 2025 um satte 17,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Auch das Zollabkommen zwischen EU und USA verbessert die Exportaussichten. Die EU-Kommission sieht Finnlands weltweiten Export von Waren und Dienstleistungen 2026 um 2,2 Prozent wachsen.

Deutsche Perspektive: Energietechnik birgt Potenziale

Finnlands Export nach Deutschland sank im Zeitraum Januar bis September 2025 nominal um 13 Prozent im Vorjahresvergleich. Die Lieferung eines Kreuzfahrtschiffes im Wert von rund 690 Millionen Euro 2024 verzerrt aber die Statistik. Darum bereinigt lag Finnlands Ausfuhr nach Deutschland nur etwa 2,3 Prozent im Minus.

Die finnischen Importe aus Deutschland stiegen im selben Zeitraum um 1 Prozent. Unter anderem hat das Land mehr Düngemittel, Datenverarbeitungstechnologie, Kraftmaschinen und Straßenfahrzeuge aus Deutschland abgenommen. Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer zählen zu den präferierten Lieferanten Finnlands und halten hohe Marktanteile.

Potenzial bietet der Energiesektor. Bei Windkraftanlagen sind deutsche Ausrüster und Projektentwickler bereits im finnischen Markt erfolgreich. Saubere und günstige Energie könnte Finnland zum wichtigen Akteur bei Wasserstoff machen. "Finnland hat mit die niedrigsten Energiepreise Europas. Das führt schon jetzt zu deutschen Investitionen in die Wasserstoffwirtschaft, mehr finnischen Exporten energieintensiver Produkte nach Deutschland, und eröffnet Chancen für deutsche Unternehmen im Anlagenbau", sagt Jan Feller, Geschäftsführer der Deutsch-Finnischen Handelskammer (AHK Finnland).

Dem Trend folgt auch die Firma Hy2Gen, die in Oulu eine 200-Megawatt-Methanolanlage zur Produktion von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen für Industrie und Schifffahrt plant. Zum Transport flüssigen Wasserstoffs nach Mitteleuropa sollen Pipelines entstehen.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Länderseite Finnland.

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