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Branche kompakt | Indien | Chemische Industrie

Markttrends

Indiens Chemiebranche wächst, auch wenn kurzfristig Unsicherheiten bestehen. Mehr lokale Produktion ist das Regierungsziel, dafür wird investiert.

Von Florian Wenke | Mumbai

Indiens Wirtschaft wächst trotz der komplexen globalen Lage weiterhin robust. Obwohl das Land zunehmend als internationaler Produktionsstandort eine Rolle spielt, ist es derzeit noch immer gering in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden und weniger exportabhängig als beispielsweise Vietnam, ein Vorteil in der aktuellen Situation. Negative Entwicklungen wie die von den USA erhobenen Zölle haben keine dramatischen Auswirkungen auf die aktuelle Wirtschaftslage, denn Indiens Wirtschaft ist primär durch inländische Entwicklungen getrieben. 

Derzeit gehen die meisten Volkswirte von einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts zwischen 6 Prozent und 7 Prozent im Finanzjahr 2025/2026 (1. April bis 31. März) und auch im folgenden Finanzjahr aus. Die chemische Industrie dürfte in ähnlichem Umfang oder sogar leicht darüber hinaus zulegen. Laut der Unternehmensberatung McKinsey & Company wird für den Zeitraum 2027 bis 2040 ein jährliches Wachstum von 7 bis 10 Prozent prognostiziert. Bis 2030 will Indien einen Anteil von 5 bis 6 Prozent am weltweiten Chemiemarkt erreichen. Momentan liegt er bei etwa 4 Prozent.

5 bis 6 %

Anteil am weltweiten Chemiemarkt strebt Indien bis 2030 an.

Marktgröße von 300 Milliarden US-Dollar in Reichweite

Die aktuelle Marktgröße beträgt rund 278 Milliarden US-Dollar (US$). Bis 2028 soll die Nachfrage nach Chemikalien um jährlich rund 5 Prozent wachsen, so die Indian Brand Equity Foundation. Die Marktgröße soll bis dahin auf 300 Milliarden US$ steigen. Bis 2040 erwarten die Experten sogar eine Marktgröße von 1 Billion US$. Für die indische Wirtschaft ist die Chemiebranche bereits jetzt von großer Bedeutung. Laut Branchenvertretern trägt sie zwischen 6 und 7 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.

Während der langfristige Wachstumstrend intakt bleibt, sorgt die maue Weltkonjunktur derzeit für gemischte Stimmung in der Chemiebranche. Der Konjunkturindikator Index of Industrial Production (IIP) für September 2025 zeigt, dass die Produktion von chemischen Erzeugnissen um 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken ist. Für das laufende Finanzjahr wird bisher ein Rückgang von 2,5 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode gemeldet. Für pharmazeutische Chemikalien werden die Werte extra ausgewiesen. Hier wird ein Rückgang von 3,5 Prozent beziehungsweise 2,4 Prozent angegeben. Die Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry (FICCI) gab die Kapazitätsauslastung der Chemiebranche zum Jahreswechsel 2024/2025 mit 72 Prozent an und schätzte die kurzfristigen Wachstumsaussichten als moderat ein. Trotz kurzfristiger Wachstumseintrübungen bleiben die langfristigen Prognosen positiv. 

Als Basisindustrie der Wirtschaft profitiert die Chemiebranche in Indien vor allem vom soliden, branchenübergreifenden Wirtschaftswachstum. Infrastrukturinvestitionen treiben die Nachfrage nach Zement und Stahl und damit nach Basischemikalien. Wichtige Industriezweige wie beispielsweise die Kfz-Industrie wachsen. All das sind Gründe, die auch deutsche Unternehmen mit langfristigem Interesse an Indien positiv stimmen. Dabei ist Indien sowohl als Absatzmarkt aber auch als Produktionsstandort interessant.

Mehr als 80 Prozent des gesamten Wachstums des weltweiten Chemikalienmarktes in den nächsten 10 Jahren werden aus sieben Ländern stammen – China, Indien und den fünf ASEAN-Ländern Vietnam, Thailand, Malaysia, Singapur und Indonesien. BASF möchte in Indien stärker als der Gesamtmarkt wachsen und Möglichkeiten zur Ausweitung unserer lokalen Produktionspräsenz sowie unserer Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung ausloten.

Alexander Gerding Managing Director BASF India und Head BASF Companies in India

Importe sollen verringert werden

Indien ist weiterhin auf Importe angewiesen, trotz eines Ausbaus der lokalen Produktion beispielsweise im Bereich der Agrarchemikalien. Dabei möchte die Regierung in New Delhi das Handelsbilanzdefizit im Bereich der Chemikalien (SITC-Kategorie 5) verringern und nach Möglichkeit in einen Überschuss umwandeln. Diesem Ziel scheint sie in den vergangenen Jahren näher gekommen zu sein. Die Importwerte sind seit 2022 sukzessive gesunken und lagen 2024 bei 78,8 Milliarden US$, rund 18 Prozent unter dem Wert von 2022. Die Exporte stiegen im gleichen Zeitraum um circa 1 Prozent und erreichten 2024 einen Wert von 66,4 Milliarden US$. Im Zuge der Diversifizierung von Lieferketten kann sich der vermehrte Blick nach Indien von Einkäufern aus der Branche lohnen.

Ausgewählte Importdaten der chemischen Industrie in Indien 2024In Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent
Warenkategorie nach SITC

Importe gesamt

Veränderung 2024/2023

davon aus Deutschland

Veränderung 2024/2023

Organische Chemikalien (51)24.443-4,75473,6
Anorganische Chemikalien (52)8.555-4,51931,6
Farben, Tönungen und Lacke (53)2.75210,220618,4
Arzneimittel (54)5.5664,4467-10,5
Seifen, Waschmittel und Polituren (554)73026,67319,7
Düngemittel (56)7.665-26,225-49,0
Kunststoffe in Primärform (57)16.278-6,65387,2
Kunststoffe in Form von Halbwaren (58)

3.405

1,9

210

6,1

Pestizide (591)1.5716,61902,2
Gesamte SITC-Kategorie 578.839-6,63.1021,9
Quelle: UN Comtrade 2025

Die Importe von Chemikalien aus Deutschland spielen seit Langem eine zentrale Rolle in den Handelsbeziehungen beider Länder. Über ein Jahrzehnt hinweg (das Pandemiejahr 2020 ausgenommen) bewegten sich die Werte zwischen 1,9 und 2,5 Milliarden US$. Im Jahr 2023 überschritten die Importe erstmals die Marke von 3 Milliarden US$ und stiegen 2024 weiter auf 3,1 Milliarden US$. Der größte Wettbewerber ist China. Das Reich der Mitte konnte seine Importe von 12,4 Milliarden US$ im Jahr 2014 auf 22,1 Milliarden US$ im Jahr 2024 steigern.

Ausgewählte Exportdaten der chemischen Industrie in Indien 2024In Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent
Warenkategorie (SITC)

Exporte gesamt

Veränderung 2024/2023

davon nach Deutschland

Veränderung 2024/2023

Organische Chemikalien (51)19.2826,3725-12,2
Anorganische Chemikalien (52)2.5063,16830,8
Farben, Tönungen und Lacke (53)3.32010,611410,7
Arzneimittel (54)25.0317,74155,3
Ätherische Öle und Riechmittel (551)1.3784,34310,3
Zubereitete Riech-, Körperpflege- und Schönheitsmittel (ausgenommen Seifen) (553)1.302-16,1814,3
Kunststoffe in Primärform (57)3.1749,399-3,9
Kunststoffe in Form von Halbwaren (58)

2.342

16,8

63

21,2

  Pestizide (591)4.142-4,2359,4
Gesamte SITC-Kategorie 566.4766,41.638-2,7
Quelle: UN Comtrade 2025

Building Blocks im Fokus von Investitionen

Brancheninsider berichten, dass es in Indien insbesondere an Produktionsstandorten für sogenannte „Building Blocks“ – also petrochemische Basischemikalien wie Ethylen, Propylen oder Benzol fehlt. Diese Synthesebausteine sind essenziell für die Herstellung zahlreicher Chemikalien und Kunststoffe. Sowohl staatliche als auch private Unternehmen wägen derzeit Investitionsentscheidungen ab, um die Importabhängigkeit in diesem Bereich zukünftig zu verringern. In anderen Bereichen wird bereits umfassend investiert, besonders im Bereich der Petrochemie. So will beispielsweise Nayara Energy einen Cracker für Ethan mit einer Kapazität von 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr in der schon vorhandenen Raffinerie am Standort Vadinar in Gujarat bauen. Dafür sollen mehr als 7 Milliarden US$ investiert werden. Alleine die staatlichen Ölunternehmen haben im Finanzjahr 2025/2026 ein Investitionsbudget von fast 15 Milliarden US$. Bis Ende November 2025 waren erst knapp über 50 Prozent genutzt, daher werden bis Ende März 2026 weitere Investitionsankündigungen erfolgen. 

Ein Teil der investierten Mittel stammt aus dem Ausland. Indischen Quellen zufolge flossen 2024/2025 ausländische Direktinvestitionen im Umfang von 1,1 Milliarden US$ in die Chemiebranche (ausgenommen Düngemittel). Von April 2025 bis Juni 2025 kamen bereits weitere 140 Millionen US$ hinzu.

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Indien Investitionssumme in Millionen US-Dollar
Projekt

Investitionssumme

ProjektstandAnmerkungen
Bau eines Werkes für Düngemittel durch Brahmaputra Valley Fertilizer1.195,4GenehmigtBau einer Fabrik für Ammoniak und Harnstoffdünger. Die Kapazität soll bei rund 1,3 Millionen Tonnen jährlich liegen. Die Anlage wird in Namrup in Assam auf dem Gelände von Brahmaputra Valley Fertilizer entstehen. Das Werk soll 2029 fertig sein. 
Bau eines Werkes für Phenol, Aceton und Isopropanol durch Deepak Chem Tech

394,7

AngekündigtBau einer Anlage zur Produktion von Phenol, Aceton und Isopropanol durch Deepak Chem Tech in Gujarat. Geplant sind jährliche Produktionskapazitäten von 0,3 Millionen Tonnen Phenol, 0,2 Millionen Tonnen Acton und 0,1 Millionen Tonnen Isopropanol. Angedacht ist, Pehnol und Aceton für die Weiterverarbeitung zu Polycarbonat-Harzen zu nutzen. 
Bau zweier Werke für chlorhaltige Spezialchemikalien durch Shivtek Spechemi Industries73,3AngekündigtBau zweier Werke für chlorhaltige Spezialchemikalien in Gujarat, nahe Hafen in Hazira, und Rajasthan. Baubeginn ist für 2026 geplant und Inbetriebnahme soll bis 2028/2029 erfolgen. Die Produktionskapazität der Anlagen soll 5 Millionen Tonnen pro Jahr betragen. 
Bau eines Werkes für anorganische Spezialchemikalien durch Silox67,7Baubeginn Mitte 2025Bau eines Werkes für anorganische Spezialchemikalien durch Silox in Dahej in Gujarat. Produktionsbeginn ist für Ende 2027 geplant
Bau einer Fabrik für Spezialchemikalien durch Shivtek Spechemi Industries

5,6

AngekündigtDas Geld soll in den Bau einer Fabrik für Spezialchemikalien wie beispielsweise chloriertes Polyethylen in Rajpura im Bundesstaat Punjab fließen. Das Projekt basiert auf einer Absichtserklärung mit Bodal Chemicals und der Bau der Anlage soll auf dem Gelände von Bodal erfolgen. 
Projekte der öffentlichen Hand werden auf der zentralen Ausschreibungsplattform der indischen Regierung veröffentlicht. Außerdem stellt die indische Regierung eine Projektdatenbank zur Verfügung. GTAI stellt ebenfalls aktuelle Informationen zu Ausschreibungen und Entwicklungsprojekten bereit.
Sofern nicht direkt in US$ angegeben, dann umgerechnet anhand des Wechselkurses vom 10. November 2025 laut Reserve Bank of India: 1 US-Dollar = 88,68 indische Rupien.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

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