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Special | Japan | Start-ups

Finanzmittel sind vorhanden

Die Risikoaffinität ist in Japan vergleichsweise gering. Das macht es Start-ups schwer, Anfangsfinanzierungen zu erhalten.


Von Jürgen Maurer | Tokyo

In Japan sind die Investitionen in Start-ups im Jahr 2021 auf Basis der Landeswährung um 50 Prozent auf umgerechnet circa 8,1 Milliarden US-Dollar (US$) gestiegen, so Angaben des Marktforschungsunternehmens INITIAL. Allerdings verringerte sich die Zahl junger Unternehmensgründungen seit 2018, also bereits vor Ausbruch der Coronapandemie. Vom bisherigen Höhepunkt von 2.796 Start-ups im Jahr 2018 sank die Zahl bis 2021 auf 2.283 neue Firmen.

In den ersten sechs Monaten 2022 zeigte sich die gleiche Tendenz: Die Zahl der Start-ups ging zurück, während die pro Unternehmen investierte Summe zulegte. Bei der Kapitalbeschaffung spielte im 1. Halbjahr Venture Capital (VC, Risikokapital) mit einem Anteil von 54 Prozent die größte Rolle. Ausländische Quellen machten mit einem Anteil an der Risikofinanzierung von 36 Prozent im Vergleich zu inländischen VC-Firmen und Unternehmen hier die Mehrheit aus.

Finanzierung konzentriert sich mehr auf die Frühphase

In Japan liegt das Hauptaugenmerk auf Pre-Seed- und Early-Stage-Investitionen. In den USA und Europa konzentrieren sich die Finanzierungen hingegen auf die Late-Stage-Entwicklung. Dies geht mit dem Trend einher, dass Start-ups in Japan früh auf die Option zurückgreifen, sich über eine Börsennotierung Kapital für ihre Geschäftsentwicklung zu beschaffen. Zudem setzen japanische Start-ups perspektivisch eher auf den Aufkauf durch etablierte Unternehmen. Ausländische Start-ups streben hingegen eine tiefere Marktdurchdringung an.

Ausländische junge Unternehmen erhalten in Japan zumeist Start-up-Finanzierung, die sich auf die Seed- und Early-Stage-Phase beziehen. Es existiert keine Statistik, wie umfangreich diese Möglichkeit in Anspruch genommen wird. Einige der Venture-Capital-Firmen haben ihre Aktivitäten mit ausländischen Start-ups zwar offengelegt. Inwieweit Pre-Seed-Aktivitäten und private Angel Investoren eine Rolle spielen, ist jedoch schwer abzuschätzen.

Ausländische Start-ups sind willkommen

Es ist sehr schwierig, ohne ausreichende Kenntnis der Marktverhältnisse oder mit unerprobten Konzepten nach Japan zu gehen. Japanische Investoren seien eher risikoscheu, erklärt ein Angelinvestor. Sie legen Wert auf ein erprobtes Konzept oder einen Lead-Investor, bevor sie sich beteiligen. Der Markteintritt in Japan ist einfacher für Innovatoren, die bereits ein Start-up im Ausland gegründet haben und die nach Japan schauen, um dort eine Finanzierung zu erhalten oder um den Markt zu testen.

Es gibt sicherlich auch einige Ausländer, die direkt nach Japan gehen, um vor Ort ein Start-up zu gründen. Sie sehen dort für ihr Produkt oder ihre Lösung eine Marktlücke und wollen das Umfeld ausloten. Oder sie handeln aus persönlichen Gründen. Das Geschäftsumfeld kann sehr herausfordernd sein und so wagen nur wenige den Schritt ganz ohne japanische Kooperationspartner. Es existieren einige Beispiele ausländischer Unternehmensgründungen, die in Japan von Angel Investoren oder öffentlichen Institutionen Finanzierungen erhalten haben.

Ausländer gründen Start-ups

Paidy Inc. ist ein Beispiel für ein sehr erfolgreiches ausländisches Start-up in Japan. Ein Kanadier mit Finanzhintergrund hat das Unternehmen 2010 in Tokyo gegründet. Im Jahr 2021 hat Paypal es dann für 2,6 Milliarden US$ übernommen. Das Bezahlsystem für Online-Shopping (buy-now-pay-later) erlaubt es den Nutzern, ihre Einkäufe im Internet zu tätigen und in Convenience-Läden in Raten zu bezahlen.

Noch in den Anfängen befindet sich ein in Japan ins Leben gerufene Start-up mit einem deutschen Gründer. ITD-GBS Tokyo bietet IT-Dienstleistungen und mit dem selbst entwickelten Produkt "Mobyl" eine Plug&Play-IT-Infrastruktur an. Diese soll Probleme vieler IT-Abteilungen in kleinen und mittelgroßen Unternehmen Japans verringern. Zu diesen Problemen zählt es, sicheres Remote-Arbeiten zu ermöglichen, obwohl nicht genügend qualifizierte IT-Arbeitskräfte vorhanden sind und die mangelnde Digitalisierung dies erschwert. Aktuell sucht das Unternehmen Investoren und evaluiert Finanzprodukte der Japan Finance Corporation (JFC). Die JFC ist eine staatliche Finanzinstitution, die Micro-Kredite zu sehr günstigen Darlehenskonditionen vergibt, um so die Entwicklung von Start-ups zu unterstützen. Sie hat 15 Support Center über das ganze Land verteilt.

Regierung unterstützt innovative Ideen

Die Regierung will die Gründung junger Unternehmen künftig stärker unterstützen. Premierminister Kishida hat im Frühjahr 2022 angekündigt, die Bedingungen für Start-ups und Venture Capital zu verbessern und so mehr Investitionen anzuziehen. Konkrete Leitlinien, wie dies aussehen soll, sind im Laufe des Fiskaljahrs 2022 (1. April bis 31. März) zu erwarten. Ein Ziel ist, in den nächsten fünf Jahren die Zahl der Start-ups auf dem Archipel um das Zehnfache zu steigern.

Viele Start-ups entstehen aus Forschungsaktivitäten an Universitäten. Daher unterstützt die Regierung mittels eines Universitätsfonds mit 10 Billionen Yen (umgerechnet circa 75 Milliarden Euro) anwendungsorientierte Forschung. Damit soll Japan in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Quantentechnologie und Biotechnologie als Innovationsmotor attraktiver werden. Viele Universitäten verfügen bereits über eigene Start-up-Fonds.

Eine weitere Quelle für die Finanzierung junger Unternehmen ist der privatwirtschaftlich organisierte Rentenfonds Japans, der Government Pension Investment Fund (GPIF). Er hat 2022 das erste Mal in Start-ups investiert. Insgesamt mangelt es in Japan nicht an Kapital für Risikoinvestitionen. Problematisch ist dagegen, die Gelder für Tausende von Start-ups, die pro Jahr entstehen sollen, zu kanalisieren, so ein Angel Investor.

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