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Kanada: Aufenthalt und Entsendung
Bei der Planung eines Arbeitseinsatzes in Kanada existieren verschiedene arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. (Stand: 11.06.2025)
Von Jan Sebisch | Bonn
Entsendevertrag
Insofern ein deutsches Unternehmen einen Mitarbeiter nach Kanada entsenden möchte, kommen verschiedene Vertragsvarianten in Betracht. Eine einheitliche Handhabung gibt es hier nicht.
In der Regel bleibt bei kurzfristigen Aufenthalten von bis zu drei Monaten – zum Beispiel für eine Geschäftsreise oder für einen Montageeinsatz – das deutsche Arbeitsverhältnis unverändert bestehen. Bei langfristigen Auslandseinsätzen sind Änderungen hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses notwendig: Eine weitverbreitete Variante ist der Abschluss einer Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag, diese wird häufig als Entsendevertrag bezeichnet. Dabei besteht der Arbeitsvertrag mit dem deutschen Arbeitgeber fort – lediglich ergänzt um eine zusätzliche Vereinbarung. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, dass es zum parallelen Abschluss eines (befristeten) Arbeitsvertrages mit der kanadischen Tochtergesellschaft und einer Ruhensvereinbarung mit dem deutschen Arbeitgeber kommt. In der Ruhensvereinbarung wird unter anderem die Reintegration bei Rückkehr des Mitarbeiters geregelt. Angestellt ist der Mitarbeiter dann bei der kanadischen Tochtergesellschaft.
Einreise- und Aufenthalt
Das Aufenthaltsrecht in Kanada ist im Immigration and Refugee Protection Act (IRPA) geregelt. Der IRPA bildet den rechtlichen Rahmen für die Einreise und den Aufenthalt für ausländische Staatsangehörige in Kanada. Die praktische Umsetzung und Verwaltung des Aufenthaltsrecht erfolgt durch die Immigration Refugees and Citizenship Canada (IRCC).
Visumsfreie Einreise
Deutsche Staatsangehörige benötigen für touristische und geschäftliche Aufenthalte in Kanada für eine Dauer von bis zu sechs Monaten kein Visum. Für die Einreise ist aber eine elektronische Reisegenehmigung (eTA) erforderlich, die vor Reiseantritt bei der kanadischen Regierung online beantragt werden muss. In den meisten Fällen wird die Bestätigung der Erteilung einer eTA innerhalb weniger Minuten per E-Mail verschickt. In Einzelfällen kann die Bearbeitung aber auch länger dauern. Die eTA hat eine Gültigkeit von bis zu fünf Jahren und ist an das jeweilige Reisedokument des Antragstellers gebunden. Unter den Begriff Geschäftsreisen fallen unter anderem Reisen, die dazu dienen, die Geschäftskontakte in Kanada auszubauen beziehungsweise zu verbessern (zum Beispiel die Teilnahme an Konferenzen, Seminaren oder Messen).
Arbeitsvisum
Sobald eine Erwerbstätigkeit in Kanada beabsichtigt ist, ist der Besitz eines entsprechenden Arbeitsvisums erforderlich.
Temporary Foreign Worker Program
Es existieren mehrere Programme zur Erteilung von Arbeitserlaubnissen, die auf unterschiedliche Zielgruppen und arbeitsmarktpolitische Bedürfnisse zugeschnitten sind. Zentrale Bedeutung hat hier unter anderem das TFWP, welches Arbeitgebern die Möglichkeit eröffnet, ausländische Arbeitskräfte temporär zu beschäftigen. Voraussetzung ist in der Regel ein positives Labour Market Impact Assessment (LMIA) mit dem der Arbeitgeber nachweist, dass keine geeigneten kanadischen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.
International Mobility Program (IMP)
Das IMP ermöglicht es ausländischen Staatsangehörigen, temporär in Kanada zu arbeiten, ohne dass ein LMIA erforderlich ist. Ein LMIA ist normalweiser Voraussetzung im TFWP, da es sicherstellen soll, dass keine kanadischen Arbeitskräfte verfügbar sind. Das IMP verzichtet darauf bewusst, um unter anderem die kanadischen wirtschaftlichen und kulturellen Interessen zu fördern. Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang der Intra-Company Transfer, der qualifizierten Mitarbeitenden internationaler Unternehmen die Versetzung nach Kanada ermöglicht.
Sozialversicherungsrecht
Oftmals verlassen sich Mitarbeitende, bei denen der deutsche Arbeitsvertrag im Rahmen der Entsendung weiterhin besteht, darauf, dass auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht die gewohnten gesetzlichen Regelungen zur Anwendung kommen. Im Sozialversicherungsrecht gilt allerdings das sogenannte Territorialprinzip: Wird ein Mitarbeiter in Kanada tätig, finden grundsätzlich die kanadischen sozialrechtlichen Vorschriften auf ihn Anwendung. Eine Ausnahme besteht nur in Fällen, in denen eine Entsendung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt; dann verbleibt nach dem Sozialversicherungsabkommen mit Kanada unter anderem die Rentenversicherung in Deutschland. Eine Entsendung im Sinne des Abkommens liegt vor, wenn eine gewöhnlich in Deutschland beschäftigte Person im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses, im Voraus zeitlich begrenzt, von ihrem Arbeitgeber nach Kanada entsandt wird, um dort im Auftrag und für Rechnung ihres Arbeitgebers eine Arbeit auszuführen. Für sie gelten für die ersten 60 Kalendermonate der Entsendung nach Kanada weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit.
Weitere Informationen zu den sozialversicherungsrechtlichen Risiken finden sich auf der Webseite der Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) unter Arbeiten in Kanada.
Besteuerung des Arbeitnehmers
Ferner kann auch der Mitarbeiter im Rahmen der Entsendung nach Kanada persönlich steuerpflichtig werden. Für kurzfriste Entsendungen findet sich allerdings in Art. 15 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Kanada eine Ausnahme für die Steuerpflicht von Gehaltseinkünften. Insofern sich ein Mitarbeiter für weniger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahrs beginnt oder endet, in Kanada aufhält, die Vergütung von oder für einen Arbeitgeber gezahlt wird, der nicht in Kanada ansässig ist und die Vergütung auch nicht von einer Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers getragen wird, unterliegen die auf die Arbeitstage in Kanada entfallenden Gehaltseinkünfte nicht der kanadischen Besteuerung.
Weiterführende Informationen in Bezug auf die Besteuerung von Mitarbeitenden im Rahmen einer Entsendung finden sich im GTAI-Rechtsbericht Kanada: Direkte Steuern.