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Wirtschaftsumfeld | Ostasien | Demografischer Wandel

Demografischer Wandel wird für Ostasien zur Herausforderung

Alle Länder in Ostasien sehen sich mit einer schrumpfenden und alternden Bevölkerung konfrontiert. Was bedeutet das für Unternehmen, die in diesen Märkten präsent sind?

Von Jürgen Maurer | Bonn

Die Geburtenraten sinken und die Erwerbsbevölkerung nimmt ab. Zugleich steigt der Anteil der Senioren und der Wettbewerb um Personal und Konsumenten nimmt zu. So lässt sich in Kürze die demografische Entwicklung der Länder Ostasiens beschreiben. Dies bereitet nicht nur den Regierungen in China, Japan, Südkorea und Taiwan Kopfzerbrechen, sondern wirkt sich auch auf Unternehmensstrategien aus.

Mit einem schrumpfenden Pool an Nachwuchs und Erwerbstätigen wird die Verfügbarkeit von Arbeitskräften allgemein und von Facharbeitern im Besonderen zur Herausforderung. Den Wettbewerb um Personal spüren auch ausländische Firmen vor Ort. In den jährlichen Umfragen der Auslandshandelskammern in Ostasien gerät der Fachkräftemangel immer stärker in den Fokus.

Fachkräftemangel verschärft sich

Der Zuzug von Arbeitskräften wäre ein Ausweg. Jedoch wird die Immigration in den Ländern Ostasiens sehr strikt gehandhabt. Dennoch: Japan beispielsweise will seine Grenzen etwas stärker öffnen, um dem Mangel an Arbeitskräften Paroli zu bieten. Von 2024 bis 2029 will die Regierung die Zahl der ausländischen Facharbeiter mit speziellen Visa auf dann insgesamt 800.000 nahezu verdoppeln.

Der Nachwuchs fehlt und dies wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken. Unter den Ländern Ostasiens macht vor allem Südkorea von sich reden, denn das Land registriert die mithin niedrigste Fertilitätsrate weltweit. Laut Statistics Korea ist die Fruchtbarkeitsrate im Jahr 2023 weiter gesunken und dürfte nur noch 0,72 erreicht haben. Damit liegt die Zahl der Lebendgeborenen pro Jahr und 1000 Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren statistisch gesehen bei 0,72 Kindern. China, Taiwan und Japan haben laut Weltbank Fertilitätsraten von 1,2 bis 1,3 und liegen damit weit über Südkorea. Deutschland kommt auf eine Rate von 1,5. Jedoch wäre, um allein die bestehende Bevölkerungsgröße aufrecht zu erhalten, eine Rate von 2,1 nötig.

Geburtenraten gehen weiter zurück 

In China ist die Geburtenrate im Jahr 2023 auf den niedrigsten Stand seit 1974 gesunken. Die Bevölkerungszahl hat bereits 2021 den Höchststand von 1,43 Milliarden Menschen erreicht und ist seither rückläufig. Weniger Neugeborenen stehen mehr Todesfälle gegenüber: Chinas Bevölkerung ist so 2023 um knapp 2,1 Millionen Personen gesunken. Japan hat den Kipppunkt schon früher überschritten. Das Land verzeichnete im Jahr 2010 mit 128,1 Millionen Menschen den Höchststand bei der Bevölkerungszahl. Taiwan hat seine Bevölkerungsspitze im Jahr 2019 mit 23,6 Millionen Einwohnern und Südkorea im Jahr 2022 mit 51,8 Millionen Einwohnern erreicht.

Die sinkenden Geburtenraten haben negative Folgen für die Wirtschaft und die Gesellschaft. Neben einem schrumpfenden Arbeitskräftepotenzial sind dies ein sinkender Binnenkonsum, steigende Belastungen der nationalen Gesundheitssysteme und eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung. Die Mahnungen der Politik sind laut: Japans Regierung nennt die demografische Entwicklung "die schwerwiegendste Krise, die unser Land durchläuft".

Die Regierungen in Ostasien versuchen, den Rückgang der Bevölkerungszahl zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. So hat Südkorea Programme für den sozialen Wohnungsbau aufgelegt. Die Regierung will hiermit mehr physischen und finanziellen Spielraum für potenzielle Familiengründungen schaffen. Zudem will sie die Kreditvergabe an verheiratete Paare vereinfachen, denn Heirat ist - zumindest in Südkorea - immer noch eine wichtige Voraussetzung für Nachwuchs. Andere Länder der Region setzen auf Steuererleichterungen, längere Mutterschutzzeiten, Kindergeld, Kinderbetreuungseinrichtungen und die Unterstützung von alleinerziehenden Müttern.

Kosten für Kinderziehung sind in China weltweit am höchsten

Die Gründe für die demografische Entwicklung sind in den ostasiatischen Ländern sehr ähnlich: Sie gehen auf die hohen Kosten der Kindererziehung, schlechtere Berufsaussichten und die wirtschaftlichen Umstände allgemein zurück, darunter nicht bezahlbarer Wohnraum in Städten. Soziale Trends, wie sehr späte Heirat, keine oder gleichgeschlechtliche Heirat sind ebenfalls Faktoren. 

Laut dem chinesischen Think Tank YuWa Population Research Institute liegt China bei den Ausgaben für Kinder bis 18 Jahre an der Spitze. Dabei hat das Institut die Kosten in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) gesetzt. Demnach beliefen sich die Ausgaben in China auf das 6,3-fache des BIP pro Kopf, in Japan auf das 4,3-fache und in den USA auf das 4,1-fache.

Im Falle Chinas kommt hinzu, dass die hohe Jugendarbeitslosigkeit und geringe Gehälter die Wahrscheinlichkeit von Familiengründungen verringert. Auch in Korea und Taiwan gibt es eine erhöhte Arbeitslosigkeit bei den 15- bis 29-Jährigen. In Korea und Japan arbeiten viele junge Menschen zudem in nicht regulären Jobs mit geringen Löhnen. 

Konsummuster wandeln sich

Dabei sind es gerade die Jüngeren, die konsumfreudig sind, wohingegen die ältere Bevölkerung zwar über höhere Vermögensanteile verfügt, diese aber nicht notwendigerweise ausgibt. Dies schmälert den Konsum und die Nachfrage und bremst so die Produktion von Waren für den Verbrauch vor Ort. Zugleich wächst der sogenannte "Silber-Markt": Immer mehr Unternehmen richten sich auf die Konsumgewohnheiten der älteren Generationen aus und fokussieren sich auf deren Gesundheitsvorsorge und medizinische Versorgung.

Altersentwicklung in Ostasien im Jahr 2021 (in Jahren)

Land

Medianalter

Lebenserwartung

China

37,9

78,2

Japan

48,4

84,8

Südkorea

43,4

83,7

Taiwan

41,3

82,0

Quelle: United Nations, World Population Prospects 2022

Bei der Altersstruktur verbucht Japan die höchsten Werte. Der Anteil der Über-65-Jährigen durchbrach bereits 2006 die Marke von 20 Prozent. Damit gehört Japan seither in die Kategorie der "super-aged society" (extrem gealterten Gesellschaft). Für Südkorea und Taiwan wird der Eintritt in diesen Klub im Jahr 2025 erwartet. China gehört noch nicht dazu, soll jedoch bis Anfang der 2030er Jahre in großen Schritten zur "super alten Gesellschaft" werden. Bereits 2023 betrug der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung laut chinesischer Statistik rund 21 Prozent.

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