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Wirtschaftsausblick | Rumänien

Regierung belastet Wirtschaft mit neuer Steuer

Der Haushalt stellt ein Wachstumsrisiko dar. Der Außenhandel wird unter der schwächeren EU-Konjunktur leiden. Aber Rumäniens neue geopolitische Rolle zieht Investitionen an.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Die rumänische Wirtschaft zeigt sich angesichts der Haushaltspolitik der sozialdemokratisch geführten Regierung verschnupft. Das hohe Defizit im Staatshaushalt wird zunehmend zum Risiko für das BIP-Wachstum. 

Top-Thema: Sparzwang gefährdet Zugang zu EU-Fördermitteln

Die Europäische Union unterstützt Rumänien weiterhin großzügig. Allerdings fordert die Union den rumänischen Staat auf, das Defizit im Haushalt von erwarteten 6,3 Prozent des BIP für 2023 auf 4,4 Prozent zu verringern. Mehr Geld bringen soll eine zusätzliche Umsatzsteuer in Höhe zwischen 1 und 3 Prozent nur für Unternehmen. Diese gilt seit Oktober 2023. Doch das Haushaltsloch wird schwer zu stopfen sein, denn die neue Steuer wird die konjunkturbedingt niedrigeren Steuereinnahmen voraussichtlich nur kompensieren. 

Die Verwaltungen stehen nun unter Sparzwang. Das bedeutet, dass sie wichtige EU-Fördermittel nicht abrufen können. Denn ihnen fehlt der dafür erforderliche Eigenanteil. Gleichzeitig will die Regierung die Rentenreform nicht aufgeben. Für 2024 plant sie eine deutliche Rentenerhöhung. Diese würde umgerechnet ca. 11,2 Milliarden Euro oder 3 Prozent des BIP kosten. Ein Grund dafür wird das Superwahljahr 2024 sein: Außer den Europawahlen finden auch Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen statt. Menschen im Renteneintrittsalter gehören zu einer der größten Wählergruppen im Land. 

Personalkürzungen der Behörden entspannen Arbeitsmarkt

Der Sparzwang wird sich 2024 auf den Arbeitsmarkt auswirken. Behörden können Lohnerhöhungen zum Teil nicht mitmachen und werden voraussichtlich Personal entlassen, heißt es aus Behördenkreisen. Die Budgets der Verwaltung werden auch knapp, weil ab Januar 2024 der Mindestlohn um 13,6 Prozent auf 3.750 Lei steigt. Aktuell beschäftigt der Staat rund 1,2 Millionen Menschen. Wenn Ämter Mitarbeiter freistellen, werden Unternehmen es möglicherweise leichter haben, gut ausgebildetes Personal zu finden.

Wirtschaftsentwicklung: Inflation schwächt die Nachfrage

Eine schwache Industrieproduktion bremst derzeit das Wirtschaftswachstum. Hohe Energiekosten und eine geringe Auslandsnachfrage belasten die produzierenden Unternehmen. Aufgrund des geringeren Wachstums des Bruttoinlandsproduktes (BIP) wird der Staat 2024 voraussichtlich weniger Steuern einnehmen. Neben dem anhaltenden Lohndruck aufgrund des Fachkräftemangels besteht das Risiko weiterer Steuererhöhungen. Bild vergrößern

Privater Verbrauch bleibt wichtige Stütze des BIP-Wachstums

Die Firmen werden versuchen, gestiegene Kosten - etwa für Personal - an die Verbraucher weiterzugeben. Die Kerninflation, also die Verbraucherpreise ohne Energie und Lebensmittel, lag im Oktober 2023 bei 11 Prozent und wird voraussichtlich weiterhin im zweistelligen Bereich bleiben. Auch die Kosten für Kredite bleiben hoch, sodass Verbraucher weniger konsumieren. Der private Verbrauch bleibt aber mit einem Anteil von 69,5 Prozent eine wichtige Stütze des BIP-Wachstums. 

Um den Konsum zu stützen, deckelt der Staat die Energiekosten bis März 2025. Außerdem hat er den Mehrwertsteuersatz auf Grundnahrungsmittel seit August 2023 reduziert. Die EU-Kommission prognostiziert für 2024 für Rumänien eine Inflationsrate von immer noch 5,6 Prozent. Dies ist deutlich mehr im Vergleich zu erwarteten 3,5 Prozent Geldentwertung im Schnitt aller EU-Länder. 

Rumänien spielt wichtige geopolitische Rolle

Die EU braucht einen starken Partner an der NATO-Ostflanke und bei der Integration des rumänisch-sprachigen Nachbarlandes Republik Moldau. Entsprechend wird diese neue geopolitische Rolle Rumäniens bei künftigen Verhandlungen mit der EU immer ein Gewicht haben. Dies wirkt sich positiv auf das Investitionsklima aus. Im Bereich Energiesicherheit etwa erhalten deutsche Unternehmen zusätzliche Aufträge. Mittel- und langfristig bleibt Rumänien ein interessanter Standort für Nearshoring, insbesondere im Dienstleistungssektor. Besonders dynamisch entwickeln sich derzeit Investitionen in Logistikzentren sowie in IT- und Softwaredienstleistungen.

Außenhandel reagiert sensibel auf Konjunktur in Westeuropa

Die Entwicklung der Exporte ist stark abhängig von der Konjunktur in Westeuropa. Rumäniens größte Absatzmärkte sind Deutschland, Frankreich und Italien. Dort steht eine schwächere Konjunkturentwicklung bevor. Die EU rechnet für 2024 daher mit einem nachlassenden Wachstum der rumänischen Exporte von 2,6 Prozent. Eine prognostizierte geringere Nachfrage im Inland nach Importen würde zumindest das Handelsdefizit mindern. Die Einfuhren überwiegen aber weiterhin die Ausfuhren und drücken so die Leistungsbilanz Rumäniens ins Minus. Bild vergrößern

Deutsche Perspektive: Rumänien bleibt attraktiv für deutsche Firmen

Für deutsche Unternehmen stellen die aktuelle Konjunktur in Deutschland und ein potenzieller Mangel an Fachkräften in Rumänien die größten Geschäftsrisiken dar. Dem Fachkräftemangel versuchen die meisten Firmen mit eigenen Ausbildungsprogrammen entgegenzuwirken. Hierbei verspricht Rumänien nun Unterstützung. Denn die Regierung hat mit Beginn des neuen Schuljahres 2023/2024  eine Reform des Bildungswesens gestartet. Ein Ziel der Bildungsreform ist es, die duale Ausbildung landesweit zu standardisieren.

"Wichtig ist weiterhin eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und den Akteuren aus Wissenschaft und Verwaltung sowohl in Rumänien, als auch in Deutschland. Damit sich die Innovationsdynamik in beiden Ländern und somit auch in der deutsch-rumänischen Business-Community voll entfalten können", sagt Sebastian Metz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, AHK Rumänien.

Deutsche Unternehmen sind in Rumänien die größten Investoren. Die meisten deutschen Firmen sind in den Branchen Automobilindustrie und in der Elektroindustrie tätig. Weitere kommen hinzu, wie das Pharmaunternehmen Stada. Es wird ab 2024 einen neuen Produktionsstandort in Turda in Betrieb nehmen. Rumänien gewinnt zudem als Beschaffungsmarkt zunehmend an Bedeutung. Das Engagement der deutschen Unternehmen spiegelt sich auch im Außenhandel wider. 

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