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Schweden hat eine klare Vision für den Maschinenbau
Schwedens Maschinenbau stabilisiert sich: Innovation, Förderung und Export treiben die Erholung. Konkrete Strategien stärken die Wettbewerbsfähigkeit, doch es gibt auch Dämpfer.
25.07.2025
Von Judith Illerhaus | Stockholm
Ausblick des Maschinenbaus in Schweden
Bewertung:
- Deutschland steht für knapp ein Drittel der Maschinenbauimporte.
- Eine neue nationale Industriestrategie soll auch private Investitionen antreiben.
- Vor allem grüne Technologien sind gefragt.
Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Juli 2025
Markttrends
Der schwedische Maschinenbau befindet sich nach einer Phase wirtschaftlicher Unsicherheit und rückläufiger Auftragseingänge an einem potenziellen Wendepunkt. Erste Stabilisierungstendenzen deuten auf eine strukturelle Erholung hin, getragen von drei zentralen Faktoren: technologischer Innovationskraft, gezielter staatlicher Förderung und internationaler Wettbewerbsfähigkeit.
Mit der im Juni 2025 veröffentlichten Industriestrategie setzt die schwedische Regierung ein industriepolitisches Signal. Ziel ist es, die Resilienz industrieller Wertschöpfungsketten zu stärken, die technologische Transformation zu beschleunigen und Investitionsanreize durch vereinfachte Genehmigungsverfahren zu schaffen. Die Strategie reagiert damit auf globale Subventionsdynamiken und geopolitische Risiken und positioniert den Standort Schweden im internationalen Wettbewerb neu.
Laut dem schwedischen Statistikamt SCB stagnierte das Bruttoinlandsprodukt im 1. Quartal 2025 auf dem Niveau des Vorquartals. Während einzelne Sektoren wie Bauwirtschaft und Einzelhandel moderate Wachstumsimpulse verzeichneten, blieb die Industrieproduktion insgesamt leicht rückläufig. Eine Ausnahme bildet der Maschinenbau: Er konnte erstmals seit elf Quartalen ein Auftragsplus von 2 Prozent verbuchen – ein potenzieller Frühindikator für eine beginnende Erholung innerhalb des Industriesektors.
Die sogenannte Konjunkturklocka des SCB – ein zyklisches Analyseinstrument zur Einordnung der wirtschaftlichen Lage – signalisiert eine allmähliche Bewegung aus der Rezession in Richtung Wiederbelebung. Besonders deutlich wird dies bei den Indikatoren für Beschäftigung und Produktionsprognosen, die eine verbesserte Erwartungshaltung widerspiegeln.
Digitalisierung, Dekarbonisierung und Cluster als Wachstumstreiber
Die strategische Neuausrichtung des schwedischen Maschinenbaus erfolgt entlang dreier zentraler Achsen: Digitalisierung, Dekarbonisierung und Clusterbildung. Mit dem nationalen Programm „Advanced Digitalisation“, das noch bis 2027 läuft, fördert die Regierung gezielt Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz, vernetzte Produktion, Robotik und Datenanalyse. Diese sollen nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Besonders im Maschinenbau entstehen daraus Anwendungen wie vorausschauende Wartung, digitale Zwillinge und KI-gestützte Qualitätskontrolle. Die Integration von IT und Operational Technology schreitet voran, unterstützt durch Kooperationen mit Start-ups und Hochschulen.
Gleichzeitig treibt Schweden die Transformation hin zu einer klimaneutralen Industrie voran. Programme wie „Net Zero Industry 2025“ fördern Investitionen in grüne Technologien – von Wasserstoff über Fernwärme bis hin zu Windkraft und Kernenergie. Unternehmen wie Volvo, SSAB und Vattenfall gehören zu den Vorreitern dieser Entwicklung. Der Maschinenbau profitiert dabei von der steigenden Nachfrage nach energieeffizienten Anlagen, emissionsarmen Produktionslinien und Lösungen für die Kreislaufwirtschaft.
Ein weiterer Wachstumstreiber ist die Clusterbildung. Stockholm hat sich als „Nordic Silicon Valley“ etabliert – ein Hotspot für Tech-Start-ups, Inkubatoren und Hochschulen. Diese Innovationsdynamik strahlt auch auf den Maschinenbau aus, etwa durch gemeinsame Projekte im Bereich Internet of Things, Automatisierung und digitale Plattformen. Cluster wie die Automation Region oder der Blue Science Park fördern den Wissenstransfer zwischen Forschung und Industrie und stärken die regionale Spezialisierung.
Fachkräftemangel macht der Branche zu schaffen
Trotz positiver Signale bleibt die Branche mit Herausforderungen konfrontiert. Der Fachkräftemangel verschärft sich, insbesondere in technischen Berufen. Die demografische Entwicklung und der steigende Bedarf an digitaler Kompetenz verschärfen die Lage zusätzlich. Auch globale Unsicherheiten wie volatile Energiepreise, geopolitische Spannungen und fragile Lieferketten belasten die Planungssicherheit vieler Unternehmen. Hinzu kommt eine gewisse Investitionszurückhaltung – trotz staatlicher Förderprogramme und positiver Konjunkturindikatoren.
Gleichzeitig eröffnen sich neue Chancen. Die hohe Innovationskraft, die enge Verzahnung von Industrie und Forschung sowie die Offenheit für technologische Partnerschaften machen den schwedischen Maschinenbau widerstandsfähig und zukunftsfähig.
Akteur/Projekt | Investitionssumme (in Euro) | Projektstand | Anmerkungen |
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HYBRIT - Grüne Stahlproduktion | ca. 22 Millionen | in Umsetzung | SSAB, LKAB, Vattenfall arbeiten an einem Pilot zur fossilfreien Stahlproduktion im industriellen Maßstab |
Volvo CE - Übernahme von Swecon | k.A. | geplant | Der Umsatz von Swecon belief sich auf zuletzt ca. 900 Mio. Euro |
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Die Industrie ist tief in der schwedischen Wirtschaft verwurzelt: Unternehmen wie ABB, Atlas Copco, SKF, Alfa Laval, Volvo und Scania prägen nicht nur das industrielle Rückgrat des Landes, sondern sind auch international führend in ihren jeweiligen Segmenten. Neben diesen Konzernen existiert eine Vielzahl hochspezialisierter kleiner und mittlerer Unternehmen: Insgesamt beläuft sich der Anteil jener Unternehmen mit weniger als 50 Angestellten auf über 90 Prozent. Der gesamte Sektor zeichnet sich durch hohe Exportquoten und technologische Exzellenz aus.
Dies bestätigt auch die aktuelle Analyse „Sveriges konkurrenskraft 2024“ von Teknikföretagen, Schwedens wichtigstem Branchenverband der Technik- und Industrieunternehmen. Die Exportquote liegt bei über 80 Prozent, was bedeutet, dass der überwiegende Teil der Produktion für den internationalen Markt bestimmt ist. Hauptabnehmer sind vor allem die EU, die USA und Norwegen. Deutschland bleibt aber wichtigster Handelspartner, auch wenn die deutschen Maschinenexporte nach Schweden zuletzt leicht rückläufig waren.
Die regulatorischen Rahmenbedingungen gelten, auch dank EU, als unternehmensfreundlich. Es bestehen keine Local-Content-Vorgaben, und Genehmigungsverfahren sollen weiter beschleunigt werden – insbesondere für Infrastrukturprojekte wie Häfen, Kläranlagen und Stromnetze. Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind zentrale Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Mittel.