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Wirtschaftsumfeld | Skandinavien | Konsumklima

Kredite werden auch in Skandinavien teurer

Die hohen Kreditzinsen belasten die Investitionen der Firmen und werden für hoch verschuldetete Bürger zum Problem. Darunter leidet auch der Konsum. 

Von Michał Woźniak | Stockholm

Als letzte der drei skandinavischen Zentralbanken hat auch die Danmarks Nationalbank zum 22. Juli 2022 ihre Zinssätze um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Damit ist der Kreditzinssatz zum ersten Mal seit über einem Jahr wieder ins Plus gestiegen - auf 0,05 Prozent. Die Entscheidung ist eine Folge der ebenso hohen Anhebung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank am 21. Juli 2022. Dänemark ist zwar kein Mitglied des Euroraumes, die dänische Krone aber seit 1999 im Wechselkursmechanismus II. Entsprechend darf ihr Wert nur um 2,25 Prozent gegenüber dem Euro schwanken. 

Die beiden dänischen Nachbarländer Schweden und Norwegen sind in ihren Zinsentscheidungen unabhängig, was sie bereits zu früheren Zinsanhebungen nutzten. Die Norges Bank hat den Leitzins seit September 2021 viermal angehoben. Ende Juni folgte der bisher größte Schritt - um 0,5 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Der Kreditzinssatz kletterte auf 2,25 Prozent. Das Ende der Fahnenstange ist längst nicht erreicht: "Auf der Grundlage der aktuellen Bewertung der Aussichten und der Risikobilanz wird der Leitzins im August höchstwahrscheinlich weiter auf 1,5 Prozent angehoben werden", kündigte die Gouverneurin des Komitees für Monetäre Politik und Finanzielle Stabilität, Ida Wolden Bache, an. Im Sommer 2023 wird ein Niveau von etwa 3 Prozent erwartet.

Nur kurz nach den Norwegern folgte auch die schwedische Riksbank mit einer Leitzinserhöhung - ebenfalls um 0,5 Prozentpunkte. Allerdings liegt das neue Niveau des Leitzinses bei "nur" 0,75 Prozent. Auch im größten Land Skandinaviens wird die Entwicklung nur in eine Richtung gehen. In den nächsten sechs Monaten ist mit drei weiteren Zinserhöhungen zu rechnen, erwartet Mattias Erlandsson, stellvertretender Leiter der Abteilung für Monetäre Politik der Zentralbank. Diese dürften auf den drei nächsten, zweimonatlich stattfindenden Treffen des Rates beschlossen werden. Im Februar 2023 könnte der Leitzins seiner Einschätzung zufolge an der 2-Prozent-Marke kratzen.

Inflationswelle hat den Norden erreicht

Die Schritte der drei Zentralbanken waren absehbar. Nachdem das vergangene Jahr 2021 im Norden relativ preisstabil war, ist die Inflation im Jahr 2022 deutlich nach oben geschnellt. Die Hauptursachen sind - wie überall - höhere Transport-, Energie- und Nahrungsmittelpreise. In Dänemark und Norwegen stiegen im Juni im Zwölfmonatsvergleich auch die Preise in der Gastronomie und Hotellerie im hohen einstelligen Prozentbereich, in Schweden sogar im niedrigen zweistelligen. Ein Grund dafür ist auch, dass im Juni im Norden die Ferien vielerorts begonnen haben.  

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So erwartbar die Zinserhöhungen waren, so offensichtlich dürften ihre Folgen auf das Konsumverhalten sein. Laut dem von Eurostat erhobenen Brutto-Schulden-Einkommensquotienten gehören die drei Länder zu den am höchsten verschuldeten in Europa. Der Quotient ist definiert als die Summe der Kredite und Verbindlichkeiten, dividiert durch das verfügbare Bruttoeinkommen. Schweden markierte dabei 2020 mit 172 Prozent den niedrigsten Wert, Dänemark und Norwegen lagen gleichzeitig über 200 Prozent. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der 19 Euroraum-Länder lag bei 96 Prozent, Deutschland bei 87 Prozent. 

Kauflust ist gedämpft 

Höhere Zinsen beeinflussen das Konsumverhalten und senken das Verbrauchervertrauen. Der vom dänischen Statistikamt DST erhobene Verbrauchervertrauensindex befindet sich bereits seit Mitte letzten Jahres im Sinkflug, seit Februar 2022 sogar im freien Fall. Im Mai wurde der schlechteste Wert seit dem Beginn der Erhebung in 1974 notiert. Im Juni und im Juli folgten neue Negativrekorde. Ein ähnliches Bild zeigen die Einschätzung der Finanzlage des eigenen Haushaltes und die Bereitschaft in den kommenden 12 Monaten größere Anschaffungen zu tätigen -  und das bei einer Arbeitslosenquote von nur etwa 2,5 Prozent im Mai 2022.

In Schweden ist die Situation trotz einer Arbeitslosenquote von 8,5 Prozent historisch gesehen besser. Dort ist das Verbrauchervertrauen etwas robuster. Da in Norwegen der Verbrauchervertrauensindex nur alle drei Monate erhoben wird, fehlten dort solche Schlagzeilen zum Sommerbeginn noch.

Die mittelfristigen Prognosen tragen dem Rechnung. Einzig Norwegen, das 2021 noch unter dem Vor-Corona-Konsumniveau blieb, wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 ein kräftiges Plus der Konsumausgaben um 7,5 Prozent verzeichnen. In den kommenden Jahren wird sich der Anstieg aber bei etwa 2 Prozent einpendeln. In Dänemark und Schweden wird die Zunahme in diesem Jahr bei über 2 Prozent liegen. Im größten Land Skandinaviens droht 2023 eine "Nullrunde" beim Anstieg der Ausgaben der Haushalte. Davon betroffen werden auch alle anderen Bereiche sein - bis hin zur Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes.

Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und des Konsums in Skandinavien (reale Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent)

2020

2021

20221)

20231)

20241)2)

20251)2)


Bruttoinlandsprodukt


Dänemark

0,5

4,7

3,5

0,6

1,4

1,4

Norwegen

-0,7

3,9

3,5

2,7

2,0

1,1

Schweden

-2,2

5,1

1,9

1,2

2,0

2,2


Privatkonsum


Dänemark

-1,3

4,2

2,1

1,6

2,2

2,2

Norwegen

-6,6

4,9

7,5

3,1

1,9

2,2

Schweden

-3,2

6,2

2,6

0,1

1,9

2,4

1) Prognose; 2) für Dänemark prognostizierter Durchschnitt der Jahre 2023 bis 2030Quelle: De Økonomiske Råd 2022; Norwegisches Statistikamt SSB, 2022; Konjunkturinstitutet 2022

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