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E-Mobility

Nach einem langen Dornröschenschlaf kommt die Elektromobilität in der Slowakei allmählich in Gang. Dafür sorgen vor allem Gebrauchtfahrzeuge und eine bessere Ladeinfrastruktur.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Die Slowakei gehört in Europa immer noch zu den Schlußlichtern bei der Zahl der Elektroautos. Während in der EU im 1. Halbjahr 2025 schon 15,6 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen Autos mit Batterieantrieb waren, kam die Slowakei nur auf 4,4 Prozent. 

Gebrauchtwagen beleben den Markt

Insgesamt wurden im 1. Halbjahr 2025 laut Verband ZAP SR in der Slowakei 2.008 reine Elektroautos verkauft und damit fast so viele wie im gesamten Vorjahr. Über ein Viertel entfiel auf die Škoda-Modelle Enyaq und Elroq. Zweitplatzierte Marke bei Elektroautos war Volkswagen. Dahinter folgen Kia, Hyundai und BMW. Tesla wird in der Statistik von ZAP SR nicht erfasst.

Der Markt kommt vor allem durch Gebrauchtwagen und im Ausland gekaufte Neuwagen in Schwung. Nach Angaben des Slowakischen Verbands für Elektromobilität (SEVA) wurden im 1. Halbjahr 2025 über 4.500 neue Pkw mit Elektroantrieb zugelassen ein Plus von 86 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Davon wurden rund 2.500 individuell importiert also nicht über offizielle Händler. Die am häufigsten zugelassenen Neuwagen waren Škoda Elroq, Tesla Model Y und Škoda Enyaq.

Die hohe Zahl an privaten Importen ist laut SEVA-Analyst Martin Jelenek ein Beleg für die wachsende Popularität der Elektromobilität und veränderte Präferenzen der Autofahrer. "Sie suchen trotz fehlender Unterstützung durch den Staat nach Wegen, um an ein erschwingliches Elektroauto zu kommen", heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands.

Zuwachs auch bei elektrischen Nutzfahrzeugen

Auch bei Nutzfahrzeugen setzt sich die Elektromobilität durch. Im 1. Halbjahr 2025 wurden 170 Elektrotransporter (Kategorie N1) neu zugelassen. Marktführer waren Toyota, Renault und Nissan. Auch bei schweren Lkw der Kategorien N2 (bis 12 Tonnen) und N3 (über 12 Tonnen) verkaufen sich Elektrovarianten inzwischen in kleineren Stückzahlen.

Eine Nische bleiben Wasserstoffautos. Laut Datenbanken des Innenministeriums fuhren am 31. März 2025 nur fünf Pkw und vier Busse mit Brennstoffzelle in der Slowakei.

Insgesamt waren nach SEVA-Berechnungen Ende Juni 2025 über 20.000 reine batteriebetriebene Autos aller Kategorien in der Slowakei zugelassen. Prognosen des Verbands gehen davon aus, dass die Slowakei nach 2028 die westeuropäischen Zulassungszahlen für Elektroautos erreichen wird. Laut einem Basisszenario steigt die Zahl der Elektroautos bis dahin auf etwa 50.000 und bis 2030 auf 117.000. Sie hätten dann einen Anteil von 4,5 Prozent am Fahrzeugpark des Landes. Unter besonders günstigen Voraussetzungen – fallende Preise, bessere Infrastruktur, attraktive Kaufanreize – könnte der Bestand bis 2030 sogar auf über 213.000 Elektroautos steigen.

Neue Ladestationen mit hoher Leistung

Der plötzliche Aufschwung der Elektromobilität in der Slowakei hängt auch mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur zusammen. Nach SEVA-Angaben ist die Zahl der öffentlichen Ladepunkte innerhalb eines Jahres um ein Drittel auf über 2.800 gestiegen (Stand: 30. Juni 2025). An über 1.100 Standorten können Elektroautos nun geladen werden. Nur jede fünfte Ladestation bietet allerdings Leistungen von 150 Kilowatt und mehr an. Dennoch ist der Verband überzeugt, dass die aktuelle Infrastruktur ausreicht, um problemlos das Vier- bis Fünffache der derzeitigen Anzahl von Elektroautos auf slowakischen Straßen zu versorgen.

Als Hauptgrund für die im europäischen Vergleich immer noch langsame Marktdurchdringung der Elektromobilität sieht SEVA-Geschäftsführer Patrik Križanský einen "Mangel an Ehrgeiz und Konsequenz bei der Politik". Es gebe viel Misstrauen oder schlicht mangelndes Interesse an der Technologie. Das wirke sich negativ auf die regulatorischen Rahmenbedingungen aus und führt zum Beispiel zu langen Genehmigungsverfahren beim Bau von Ladesäulen.

Trotzdem gibt es Bewegung: Bis Ende 2025 soll die Ausschreibung für Ultraschnellladestationen an Autobahnen abgeschlossen sein. Das Projekt umfasst den Bau von 35 Ladeparks mit insgesamt 251 Ladepunkten entlang der großen Transittrassen des Landes (Transportnetzwerk TEN-T). Davon sollen 32 Ladepunkte speziell für den Lkw-Verkehr ausgelegt werden.

Die Parks sollen bis Mitte 2026 in Betrieb gehen. Das Geld stammt aus dem Wiederaufbauplan der EU. Jeder Ladepunkt muss eine Mindestleistung von 300 Kilowatt für Pkw und 400 Kilowatt für Lkw haben und Ad-hoc-Gebühren ohne Registrierung oder Vertrag ermöglichen. Die Konzessionen für Finanzierung, Bau, Betrieb und Instandhaltung der Stationen vergibt das Staatsunternehmen MH Invest für eine Dauer von 16 Jahren.

Millionenzuschüsse für Schnelllader

Die Ultraschnelllader an den Autobahnen sind Teil des Aktionsplans zur Entwicklung der Elektromobilität, den die slowakische Regierung im Juni 2023 verabschiedet hatte. Laut dem Dokument soll auch das normale Ladenetz erweitert werden. Unternehmen und Privathaushalte bekommen Zuschüsse für die kombinierte Installation von Photovoltaikanlagen und Wallboxen. Ziel sind 2.000 nicht-öffentliche Wallboxen sowie 3.100 öffentliche Ladepunkte.

Der Aktionsplan verweist darauf, dass für alle Unternehmen und Privathaushalte Ladeinfrastruktur zugänglich sein muss ("right to plug"). Daher will die Regierung die Installation von Ladepunkten auch in Mehrfamilienhäusern erleichtern.

Einheimische Hersteller sorgen für wachsende Begeisterung

Zur wachsenden Popularität der Elektromobilität könnten auch die einheimischen Hersteller beitragen. Kia bereitet seine Fertigungslinien in Žilina zurzeit auf neue Elektromodelle wie den EV2 vor. Volkswagen wird in Bratislava den elektrischen Porsche Cayenne exklusiv montieren. Das geplante Volvo-Werk in Košice baut ab dem Start 2027 ausschließlich Elektroautos. Und auch bei Stellantis in Trnava läuft die Umstellung der Produktpalette auf Elektroautos wie den Citroën ë-C3.

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