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Spanien: Arbeitsrecht
Arbeitsverträge werden in Spanien grundsätzlich auf unbestimmte Zeit geschlossen. Häufig kommen Musterverträge zum Einsatz. (Stand: 04.08.2025)
Grundlagen des spanischen Arbeitsrechts
Die rechtliche Basis bildet das spanische Arbeitnehmerstatut (Ley del Estatuto de los Trabajadores). Daneben stellen Tarifverträge eine weitere wichtige Rechtsquelle dar. Das Tarifvertragsrecht ist in den Art. 82 bis 92 Arbeitnehmerstatut geregelt.
Vertragsschluss
Der Abschluss eines Arbeitsvertrages ist grundsätzlich formlos möglich. Für bestimmte Arten von Arbeitsverhältnissen ist die Schriftform jedoch zwingend, Art. 8 Abs. 2 Arbeitnehmerstatut. Hierzu gehören Praktikums- und Ausbildungsverträge, Teilzeitverträge sowie bestimmte Arten befristeter Verträge. Die spanische Arbeitsbehörde (Servicio Público de Empleo Estatal – SEPE) stellt entsprechende Modellverträge zur Verfügung.
Das Gesetz geht in Art. 15 Abs. 1 davon aus, dass Arbeitsverträge grundsätzlich auf unbestimmte Zeit geschlossen werden. Eine Befristung ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zulässig.
Die Vereinbarung einer Probezeit (periodo de prueba) ist zulässig, sofern dies schriftlich erfolgt. Die maximale Dauer ergibt sich grundsätzlich aus den Tarifverträgen. Fehlt eine solche Regelung, darf die Dauer gemäß Art. 14 sechs Monate für Arbeitnehmende mit einschlägigem Hochschulabschluss (técnicos titulados) und zwei Monate für die übrigen Arbeitnehmenden nicht überschreiten.
Der Arbeitgeber (empresario) ist gemäß Art. 8 Abs. 3 verpflichtet, dem Arbeitsamt (oficina pública de empleo) innerhalb von zehn Tagen nach Abschluss den Inhalt der von ihm geschlossenen Arbeitsverträge oder deren Verlängerungen mitzuteilen, unabhängig davon, ob sie schriftlich abgefasst sind oder nicht.
Mobiles Arbeiten
Art. 13 sieht vor, dass Arbeitnehmende unter den im Gesetz 10/2021 (Ley de trabajo a distancia) vorgesehenen Bedingungen regelmäßig mobil arbeiten (Homeoffice/Fernarbeit) können.
Fernarbeit (trabajo a distancia) ist als eine Form der Arbeitsorganisation oder Arbeitstätigkeit, bei der die Arbeit regelmäßig während des gesamten Arbeitstages oder eines Teils davon in der Wohnung des Arbeitnehmers oder an einem von ihm gewählten Ort verrichtet wird, definiert. Regelmäßige Fernarbeit liegt vor, wenn sie innerhalb eines Bezugszeitraums von drei Monaten mindestens 30 Prozent der Arbeitszeit ausmacht.
Eine Fernarbeitsvereinbarung bedarf gemäß Art. 6 Gesetz 10/2021 grundsätzlich der Schriftform und muss die in Art. 7 gelisteten Mindestbestandteile enthalten. Die Arbeitnehmenden haben das Recht auf ausreichende Bereitstellung und Instandhaltung von Mitteln und Ausrüstung (Art. 11 f.) sowie auf flexible Gestaltung und angemessene Erfassung der Arbeitszeit, Art. 13 f.. Zudem besteht ein Recht auf Nichterreichbarkeit, Art. 18.
Vertragsbeendigung
Bezüglich einer Kündigung durch den Arbeitgeber sind Kündigungen aus objektiven Gründen (Art. 52 f. Arbeitnehmerstatut) von denjenigen aus disziplinarischen Gründen (Art. 54 f.) zu unterscheiden. Als objektiver Grund gilt auch ein dauerhafter Absatzrückgang, der auf jeden Fall dann vorliegt, wenn der Umsatz in drei aufeinanderfolgenden Quartalen zurückgeht. Regelungen betreffend Massenentlassungen finden sich in Art. 51.
Sollte dem Arbeitnehmer aus objektiven Gründen gekündigt werden, muss der Arbeitgeber ihm gegenüber diese Gründe schriftlich angeben. Außerdem hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 20 Tagesgehältern pro Arbeitsjahr (gedeckelt auf die Höhe von 12 Monatsgehältern).
Rechtsschutz
Wehrt sich der Arbeitnehmer gerichtlich gegen die Kündigung und erachtet das Gericht diese als rechtswidrig, so erklärt es sie entweder für nichtig oder für unwirksam. Im Falle der Unwirksamkeit kann der Arbeitgeber zwischen Wiedereinstellung (readmisión) und Entschädigung (indemnización) wählen. Im Falle der Entschädigung muss er dem Arbeitnehmer 33 Tagessätze pro Beschäftigungsjahr (maximal 24 Monatsgehälter) zahlen, Art. 56 Abs. 1.
Mindestlohn
Der gesetzliche Mindestlohn (Salario Mínimo Interprofesional – SMI) gilt jährlich vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. Er beträgt im Jahr 2025 bei Vollzeitbeschäftigung 39,47 Euro pro Tag beziehungsweise 1.184 Euro pro Monat pro Monat (bei 14 Monatsgehältern). Liegt keine Vollzeitbeschäftigung vor, verringert sich der Betrag anteilig. Die Mindestlohnbestimmungen gelten flächendeckend und unabhängig von der Art der Beschäftigung. Sie greifen daher insbesondere auch für Leiharbeiter, Saisonarbeiter und Hausangestellte (Art. 4 Real Decreto 87/2025). Eine altersmäßige Staffelung findet nicht statt.
In Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen können abweichende höhere Löhne festgelegt sein. Dies muss im Einzelfall überprüft werden. Das spanische Arbeitsministerium bietet mit dem Buscador de Códigos de Convenios Colectivos die Möglichkeit, nach Tarifverträgen zu suchen.
Entsendung von Mitarbeitenden
Unternehmen, die Arbeitskräfte nach Spanien entsenden oder überlassen, müssen die in Spanien geltenden arbeitsrechtlichen Mindeststandards einhalten. Spanien hat die Vorgaben der EU-Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG) im Gesetz Nr. 45/1999 (Ley sobre el desplazamiento de trabajadores en el marco de una prestación de servicios transnacional) umgesetzt.
Entsendevertrag
Sollen Mitarbeitende in Spanien eine vorübergehende Dienstleistung erbringen, sollte der Arbeitsvertrag stets den Besonderheiten dieses Auslandseinsatzes gerecht werden. Hierfür stehen verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung: Zum einen kann der Arbeitsvertrag bereits Bestimmungen bezüglich einer von vornherein avisierten Entsendung enthalten. Zum anderen kann man eine Ergänzungsvereinbarung schließen. Diese vertragsrechtliche Konstruktion bezeichnet man auch als Entsendevertrag. Die Ergänzungsvereinbarung kann beispielsweise beinhalten, dass das deutsche Recht weiterhin anwendbar bleibt. Auch sind Regelungen zur Kostentragung der Entsendung und zu Zulagen denkbar.
Zu beachten ist allerdings, dass entsprechend dem Gesetz Nr. 45/1999 zwingende spanische arbeitsrechtliche Vorschriften, die ohne Wahl des deutschen Rechts anwendbar wären, nicht zu Lasten des Arbeitnehmers durch die Rechtswahl ausgeschaltet werden dürfen. Hierzu zählen gemäß Art. 3 insbesondere Vorschriften zur Dauer der Arbeits- und Ruhezeiten, zum bezahlten Mindestjahresurlaub, zur Bezahlung, zu jugendlichen Arbeitnehmenden, zur Vorbeugung von Gefahren am Arbeitsplatz (Arbeitsschutz), zur Nichtdiskriminierung, zum Recht auf gewerkschaftliche Betätigung und Streik. Erfasst sind sowohl Vorschriften aus Gesetzen und Verordnungen als auch aus auf den Sektor anwendbaren Tarifverträgen. Stellen jedoch die deutschen Vorschriften den Arbeitnehmer besser als die spanischen, so finden die deutschen Vorschriften weiterhin Anwendung.
Sanktionen
Je nach Verstoß wird zwischen verschiedenen Sanktionsarten unterschieden. Insbesondere Arbeitsvergehen und Verstöße in Angelegenheiten der sozialen Sicherheit werden geahndet.
„Klassische“ Straftaten werden entsprechend dem spanischen Strafgesetzbuch (Ley Orgánica 10/1995 del Código Penal) sanktioniert. In den Art. 311 bis 318 finden sich Straftaten, die Verstöße gegen Rechte von Arbeitnehmenden (delitos contra los derechos de los trabajadores) ahnden.
Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts sowie der Vermeidung von Risiken am Arbeitsplatz werden nach der Königlichen Legislativverordnung Nr. 5/2000 (Real Decreto Legislativo 5/2000) geahndet. Dazu gehören auch Verstöße gegen Vorschriften nach dem Gesetz Nr. 32/2006 zu Subunternehmerverträgen im Bausektor sowie nach dem Gesetz Nr. 45/1999 zur Entsendung von Arbeitnehmenden. Man unterscheidet drei Arten von Ordnungswidrigkeiten, die in unterschiedlichen Stufen sanktioniert werden können. Grundsätzlich hat ein Unternehmer mit folgenden Bußgeldern zu rechnen:
Minimalstrafe (grado mínimo) | Durchschnittsstrafe (grado medio) | Maximalstrafe (grado máximo) | |
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Leichte Ordnungswidrigkeiten (infracciones leves) | 70 - 150 Euro | 151 - 370 Euro | 371 - 750 Euro |
Schwere Ordnungswidrigkeiten (infracciones graves) | 751 - 1.500 Euro | 1.501 - 3.750 Euro | 3.751 - 7.500 Euro |
Sehr schwere Ordnungswidrigkeiten (infracciones muy graves) | 7.501 - 30.000 Euro | 30.001 - 120.005 Euro | 120.006 - 225.018 Euro |
Minimalstrafe (grado mínimo) | Durchschnittsstrafe (grado medio) | Maximalstrafe (grado máximo) | |
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Leichte Ordnungswidrigkeiten (infracciones leves) | 45 - 485 Euro | 486 - 975 Euro | 976 - 2.450 Euro |
Schwere Ordnungswidrigkeiten (infracciones graves) | 2.451 - 9.830 Euro | 9.831 - 24.585 Euro | 24.586 - 49.180 Euro |
Sehr schwere Ordnungswidrigkeiten (infracciones muy graves) | 49.181 - 196.745 Euro | 196.746 - 491.865 Euro | 491.866 - 983.736 Euro |
Bei wiederholten Verstößen kann ein höheres Bußgeld verhängt werden. Es darf allerdings nicht über die Maximalstrafe hinausgehen. Sonderregelungen in Bezug auf die Höhe des Bußgeldes gelten insbesondere bei einigen Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Sozialversicherung. Die dem Unternehmer im Falle von Arbeitsunfällen und Berufserkrankungen seiner Arbeitnehmer drohenden erheblichen sozialversicherungsrechtlichen Sonderzahlungen (recargo de las prestaciones económicas derivadas de accidente de trabajo o enfermedad profesional) spielen für den deutschen Dienstleistungserbringer solange keine Rolle, wie die Arbeitnehmenden im Rahmen der Entsendung noch als der deutschen Sozialversicherung zugehörig gelten. In Abhängigkeit vom Verstoß sind zum Teil auch Nebenstrafen (sanciones accesorias) vorgesehen.
Weitere Informationen
Informationen zum spanischen Arbeitsmarkt, zu Lohnkosten und Arbeitsrecht hält die GTAI-Publikation Arbeitsmarkt Spanien bereit. Der Guide to Business in Spain bietet umfangreiche Informationen in englischer Sprache.