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Branchen | Südafrika | Medizintechnik

Marktentwicklungen und -trends

Die Modernisierung und der Ausbau des Geräteparks im privaten Krankenhaussektor sorgen für eine anziehende Nachfrage. 

Von Fausi Najjar | Johannesburg

Mit einem Volumen von rund 1,3 Milliarden US-Dollar (US$) wird der Medizintechnikmarkt Südafrikas 2022 und 2023 gegenüber 2021 deutlich zulegen. Die Erholung ist auf den hohen Bedarf bei Bilddiagnostik und weiteren Geräten zur Behandlung chronischer Krankheitsbilder (Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs) zurückzuführen. Südafrika muss rund 90 Prozent seiner medizintechnischen Produkte importieren.

Die deutschen Ausfuhren von medizinischen Geräten und orthopädischen Vorrichtungen (Warengruppe EGW87) nach Südafrika beliefen sich 2019 bis 2021 auf 550 Millionen Euro. Damit war Südafrika mit einem Marktanteil von 34,6 Prozent vor Ägypten (20,5 Prozent) größter Absatzmarkt auf dem afrikanischen Kontinent. Bei der Lieferung von Röntgenapparaten liegt Deutschland vor den wichtigsten Konkurrenten USA und China. Chinesische Anbieter gewinnen aber auch in diesem hochtechnologischen Bereich Marktanteile.

Markt für Medizintechnik in Südafrika (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)

2019

2020

2021

Veränderung 2020/2021

Lokale Produktion*

275

280

300

7,1

Importe

815

939

1058

12,6

Exporte

136

212

185

-13,0

Marktvolumen

954

1007

1173

16,5

* SchätzungQuelle: Department of Trade, Industry and Competition, 2022

Hoher Nachholbedarf bei der Gerätemedizin

Vor allem die privaten Krankenhäuser haben wegen fehlender Patienten 2020 und 2021 hohe Verluste eingefahren. Mit gefallenen Hospitalisierungsraten bei Covid-19 Patienten haben nicht-akute OPs und weitere Behandlungen wieder zugenommen und die Einkommenslage zügig verbessert. Ebenso waren Arztpraxen von erheblichen Einkommensverlusten betroffen. Auch hier haben die Konsultationen wieder Normalniveau erreicht. Die Konzentration von Geldmitteln und Fachkräften auf die Pandemiebekämpfung hat allerdings dazu geführt, dass die für das Land wichtigen HIV- und Tuberkuloseprogramme sowie die Behandlung chronischer Krankheiten vernachlässigt wurden. 

Die höhere Nachfrage nach neuer Technik trägt insbesondere der private Gesundheitssektor. Ursache dafür sind zum einen die gestoppten Investitionen für Medizintechnik, die nicht der Corona-Behandlung dienen, und zum anderen der auch vor Corona gegebene Nachholbedarf bei neuen Technologien.

Ein schwaches Wachstum und Einsparungen im Staatshaushalt zur Schuldenbekämpfung bremsen hingegen Anschaffungen im öffentlichen Gesundheitssektor. Die Regierungspläne zur Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung werden sich deutlich verzögern. Mittelfristig werden die Anschaffungen im Privatsektor eher moderat wachsen. Es bremsen eine geringe Einkommensentwicklung und ein schwaches Wachstum der privat versicherten Mittelschicht.

Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Südafrika

Indikator

Wert (2021)

Einwohnerzahl (in Mio.)

60,0

Bevölkerungswachstum (in %)

1,2

Altersstruktur der Bevölkerung

.Anteil der unter 14-Jährigen (in %; 2020)

28,8

.Anteil der über 65-Jährigen (in %; 2020)

5,5

Lebenserwartung bei Geburt Frauen (in Jahren)

64,6

Lebenserwartung bei Geburt Männer (in Jahren)

59,3

Durchschnittseinkommen (in US$)*

1.627

Gesundheitsausgaben pro Kopf (in US$; 2019)

546

Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (in %; 2019)

9,1

Ärzte/1.000 Einwohner (2019)

0,8

Ärzte im öffentlichen Sektor/1000 Einwohner (2010)

0,2 bis 0,3

Zahnärzte/1.000 Einwohner (2019)

0,1

Krankenhausbetten/1.000 Einwohner (2010)

2,3

* durchschnittliches Monatsbruttogehalt im formellen SektorQuelle: GTAI 2021, StatSA 2022 und Worldbank Data 2022

Bezeichnend für Südafrika sind die hohen Infektionsraten bei HIV und Tuberkulose sowie eine hohe Opferzahl infolge von Verkehrsunfällen und krimineller Handlungen. Trotz fallender Sterberaten war AIDS 2019 erste Todesursache. Es folgten ischämische Herzkrankheiten, Herzschlag, Schlaganfälle, Atemwegsinfektionen, Diabetes und Tuberkulose. In Südafrika leben die meisten HIV-positiven Menschen (13,7% der Bevölkerung). Sieht man von Corona ab, so nehmen vor allem chronische Erkrankungen stark zu.

Großen Nachholbedarf gibt es deswegen bei MRT und PET-Scannern (Magnetresonanztomographie; Positronen-Emissions-Tomographie), Strahlentherapiegeräten und weiteren Apparaten für die diagnostische Bildgebung. Der Marktwert der diagnostischen Bildgebung lag 2019 bei rund 192 Millionen US$. Mit einem Marktanteil von jeweils 20 Prozent sind Deutschland und die Vereinigten Staaten die führenden Anbieter.

Wachsende Diabetikerzahlen sorgen für eine steigende Nachfrage bei Dialysegeräten. In der minimalinvasiven Chirurgie nimmt insbesondere in der Urologie und Abdominalchirurgie der Einsatz von Trokar-Geräten zu.

Einfuhr ausgewählter medizintechnischer Produkte nach Südafrika (in Millionen US-Dollar)

HS

Produktgruppe

2019

2020

2021

2021 davon aus Deutschland

9018.11 bis .20

Elektrodiagnoseapparate und -geräte

53,4

72,8

71,7

9,4

9022

Röntgenapparate etc.

87,9

85,5

103,6

24,0

8419.20

Sterilisierapparate

4,6

6,4

7,2

0,3

8713

Rollstühle

3,6

3,9

5,1

0,3

9018.41, .49

Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g.

11,7

11,2

13,4

4,1

9018.31 bis .39

Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc.

94,4

105,5

131,7

7,7

9018.50

Ophthalmologische Instrumente

27,4

25,2

31,8

6,1

9018.90

Andere Instrumente, Apparate und Geräte

291,1

328,7

363,1

37,7

9019, 9020

Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc.

42,0

92,0

84,6

10,2

9402

Medizinmöbel etc.

23,3

30,7

29,9

3,6

9021

Orthopädietechnik, Prothesen etc.

203,4

214,1

252,7

21,1

Summe

842.8

976,0

1.095

124,5

Quelle: Department of Trade, Industry and Competition, 2022

Umsetzung einer allgemeinen Krankenversicherung bleibt offen

Die südafrikanische Regierung will bis 2026 eine allgemeine Krankenversicherung (National Health Insurance, NHI) einführen. Hierzu wird sie kräftig in das staatliche Gesundheitssystem investieren und Leistungen des privaten Sektors für die allgemein Versicherten finanzieren müssen. Die Folge wäre ein kräftiges Wachstum des Gesundheitsmarktes.

Angesichts einer laufenden Haushaltskonsolidierung und eines schwachen Wirtschaftswachstums erscheint die ohnehin schwer finanzierbare Umsetzung bis 2026 unrealistisch. 2022 und voraussichtlich 2023 sowie 2024 gehen staatliche Gesundheitsausgaben inflationsbereinigt zurück.

Vertreter des privaten Gesundheitssektors befürchten eine Bürokratisierung und starke staatliche Eingriffe in die Gesundheitsversorgung (einschließlich Behandlungspläne). Mit Hinblick auf die grassierende Korruption und das Missmanagement in der staatlichen Verwaltung nehmen sie die allgemeine Krankenversicherung oftmals als Bedrohung wahr. Andererseits wird der Privatsektor mittels Angeboten für allgemein Krankenversicherte profitieren können.

Krankenhausbau wird nur langsam anziehen

Eine erfolgreiche Einführung der allgemeinen Krankenversicherung würde Schätzungen zufolge Investitionen von 1,2 Milliarden Euro nach sich ziehen. Der Bau und die Modernisierung vor allem öffentlicher Krankenhäuser stagniert jedoch. Vier größere Krankhausprojekte sind auf Halt gesetzt, ganz zu schweigen von Projekten, die mittlerweile als gestrichen gelten können. Realisierungschancen der auf Halt gesetzten Projektvorhaben dürften nur moderat zulegen.

Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Südafrika (Investitionssumme in Millionen US-Dollar)

Projektbezeichnung

Investitionssumme

Projektstand

Anmerkung / Projektträger

The Department of Public Works - Siloam Hospital Redevelopment

50

Auswertung der Ausschreibung

Ausbau des Krankenhauses. 1 Phase Ausbau der Unterkünfte für Personal; 2. Phase u.a. 250 Betten / Department of Public Works,  Hospital Design Group and SAKHIWO

National Department of Health - Limpopo Central Hospital

290

Studie

Neubau, 488 Betten in der Provinzhauptstadt Polokwane / National Department of Health, PGS Heritage und SAKHIWO

Riel/Private - Victoria Mother and Child Center Medical Facility

33

Auf Halt (seit 2021)

Neubau, 147 Betten in Pietermaritzburg / Riel and Associates

DoH - New GF Jooste Hospital

161

Auf Halt (seit 2021)

Neubau in Kapstadt, 594 Betten; erste Phase 238 Betten / National Department of Health und Western Cape 

The Origin Health Fairview Hospital

54

Auf Halt (seit 2016)

160 Betten in Gqeberha (ehemals Port Elizabeth) / Origin Fairview Hospital

ECDoH - Nessie Knight District Hospital Upgrade


25

Auf Halt (seit 2016)

100 Betten Ausbau und Modernisierung Krankenhaus im Ost-Kap. / Eastern Cape Department of Health 

Quelle: Meed-Projects 2022

Zweigegliedertes Gesundheitssystem mit hohem Gefälle

Die südafrikanische Gesundheitswirtschaft setzt sich aus zwei Sektoren zusammen. Der öffentliche Sektor versorgt rund 85 Prozent der Bevölkerung, während lediglich rund 48 Prozent der Gesundheitsausgaben auf diesen entfallen. Die öffentliche Gesundheitsversorgung befindet sich in einer schweren Krise und ist von Defiziten wie Personalmangel, fehlenden oder nicht-gewarteten Gerätschaften, Missmanagement und Überbelegung geprägt.

Der private Gesundheitssektor versorgt rund 15 Prozent der Bevölkerung (ca. 9 Millionen Menschen), die sich eine private Versicherung leisten kann bzw. nicht-versichert die Behandlungskosten aufbringt. Auf den Privatsektor entfallen 52 Prozent der Gesundheitsausgaben.

Beide Sektoren bieten eine große Bandbreite an Gesundheitsleistungen an, die von einer Grundversorgung bis hin zu einer modernen, medizinischen Behandlung reichen. Der Privatsektor erfüllt internationale Standards. Der öffentliche Sektor ist breit aufgestellt und bleibt, trotz Krisenmodus, führend unter den öffentlichen Gesundheitssektoren in Subsahara-Afrika.

Der öffentliche Sektor ist der größte Einkäufer von medizinischer Ausrüstung und Geräten. Schwerpunkt der Nachfrage ist allerdings die Grundversorgung. Die Nachfrage komplexerer medizinischer Geräte ist im Privatsektor deutlich stärker ausgeprägt.

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