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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsausblick | Tansania
Das Wachstum der Wirtschaft in dem ostafrikanischen Land beschleunigt sich. Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen bieten sich in vielen Branchen.
23.10.2023
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Tansania vom 30. Oktober bis 1. November 2023 mit einer Wirtschaftsdelegation dürfte die Aufmerksamkeit für den Standort Tansania in Deutschland erhöhen. Politisch haben sich die Rahmenbedingungen zuletzt deutlich verbessert, da die seit 2021 amtierende Präsidentin Samia Suluhu Hassan wirtschaftsfreundlicher agiert als ihr Vorgänger.
Beispiele für ein investorenfreundlicheres Klima sind die großzügigere Vergabe von Arbeitsvisa für Ausländer sowie die als Aufwertung zu verstehende Ansiedlung der Investitionsbehörde Tanzania Investment Centre (TIC) direkt unter dem Präsidialamt. Zudem schafft die lange verzögerte Verabschiedung des Bergbaugesetzes im Jahr 2023 Klarheit in Bezug auf Local Content-Vorschriften. Insgesamt ist die Stimmung unter den Unternehmen deutlich optimistischer, und auch die Investitionstätigkeit hat seit dem Amtsantritt Hassans zugenommen. Dennoch bleibt Tansania trotz aller Potenziale ein schwieriger Investitionsstandort.
Die Konjunkturaussichten für Tansania sind derzeit positiv. Die Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet für das laufende Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um real 4,9 Prozent. Bis 2024 könnte sich das Wachstum auf 6,1 Prozent beschleunigen. Andere Institute, darunter die Weltbank, kommen zu ähnlichen Einschätzungen. Während das derzeitige Wachstum für ein Entwicklungsland, das zudem ein hohes Bevölkerungswachstum aufweist, eher mittelmäßig ist, würde ein Anstieg des BIP um mehr als 6 Prozent einer guten Konjunktur entsprechen.
Die Inflation in Tansania liegt derzeit bei 3,3 Prozent (September 2023 gegenüber September 2022) und damit unter dem Niveau anderer ostafrikanischer Länder. Bei einigen Importgütern wie Treibstoff, Düngemittel oder Getreide sind jedoch deutliche Preissteigerungen zu verzeichnen. Verstärkt wird dieser Trend durch die Abwertung des Tansania-Schillings (T.Sh.). Gegenüber dem Euro hat die Landeswährung in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 15 Prozent an Wert verloren.
Bild vergrößernHintergrundinformationen zum Standort Tansania bietet unsere Reihe "Wirtschaftsstandort". Aktuelle Daten zum Land bieten die "Wirtschaftsdaten kompakt".
Unternehmensvertreter gehen davon aus, dass die großen Infrastrukturprojekte weitergeführt werden. Dazu gehören der Bau einer Eisenbahnlinie von Daressalam quer durch das Land in den Westen und der Bau des Wasserkraftwerks Julius Nyerere (2.115 Megawatt). Hinzu kommt der geplante Bau der East African Crude Oil Pipeline (EACOP) von Uganda zur Hafenstadt Tanga durch die Konzessionäre TotalEnergies und CNOOC (China National Offshore Oil Corporation).
Gleichzeitig gibt es Anzeichen dafür, dass 2024 weniger neue Projekte hinzukommen werden, da auch der Regierung das Geld für weitere Projekte dieser Art fehlt und auch bei ausländischen Gebern und Investoren das Geld nicht mehr so locker sitzt. Informationen zu aktuellen Projekten bietet die GTAI-Länderseite Tansania, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Die Investitionen des Privatsektors nehmen dagegen zu. Im boomenden Tourismus investieren auf Sansibar erstmals internationale Ketten in zahlreiche große Hotels. Der Bergbau weitet die Förderung von Gold und Grafit aus. Auch die Konsumgüter- und Baustoffindustrie sowie die Landwirtschaft expandieren. Die positive Entwicklung der Wirtschaftszweige spiegelt sich in den deutschen Maschinenexporten wider, die laut VDMA 2022 einen Wert von rund 64 Millionen Euro erreichten - das beste Ergebnis seit 2014.
Trotz der relativ niedrigen Inflation dürfte der Konsum auch nach 2023 unter seinem Potenzial bleiben. Er wächst zwar, aber langsamer als das BIP. Die Kaufkraft der Mehrheit der Bevölkerung ist begrenzt. Importierte Konsumgüter sind aufgrund hoher Transportkosten und der Abwertung des T.Sh. deutlich teurer geworden. Mittelfristig bieten jedoch die hohe Bevölkerungszunahme von etwa 1,8 Millionen Menschen pro Jahr sowie eine wachsende urbane Mittelschicht Potenzial. Dies zeigt sich an wachsenden Investitionen in die Konsumgüterindustrie und die Landwirtschaft. Während sich der formelle Einzelhandel weiterhin wenig entwickelt, expandieren Fast-Food-Ketten in den Städten.
Lieferkettenprobleme, Devisenknappheit, steigende Frachtkosten und Effizienzprobleme im Hafen von Daressalam werden den Handel auch 2023 erschweren, dennoch dürften die Importe aufgrund der starken Wirtschaftsdynamik in den kommenden Jahren weiter steigen.
Tansanias Exporte werden von einer steigenden Nachfrage nach Mineralien wie Gold, Grafit und Nickel sowie nach Agrarprodukten profitieren. Tansania hat traditionell ein hohes Handelsbilanzdefizit. Aufgrund der positiven Exportaussichten dürfte es in den kommenden Jahren jedoch sinken.
Bild vergrößern"Nachdem Präsidentin Hassan das Amt im Jahr 2021 übernommen hatte, boomte das Geschäft über anderthalb Jahre. Das wird sich so nicht fortsetzen können. Aktuell ist es für Unternehmen nicht leicht, an US-Dollar zu kommen. Mittelfristig bleibt Tansania aber ein sehr attraktiver Markt", sagt Dino Stengel, Geschäftsführer des Bremer Handelshauses Achelis in Tansania.
Die positive Entwicklung der jüngeren Vergangenheit zeigt sich auch an den deutschen Exporten, die 2023 auf einem hohen Niveau bleiben. Viele deutsche Unternehmen sind in Tansania als Zulieferer für die Industrie, die Landwirtschaft und den Bausektor tätig. Ein Teil der Unternehmen verfügt über eine eigene Niederlassung vor Ort, andere bearbeiten den Markt vom regionalen Wirtschaftszentrum in Nairobi (Kenia) aus. Deutsche Firmen haben in Tansania unter anderem in die Produktion von Baustoffen, in Farmen und in den Tourismus investiert.
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