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Wirtschaftsausblick | Tansania

Wiederwahl von Tansanias Präsidentin mit unklaren Folgen für die Wirtschaft

Tansania ist einer der aufstrebenden Märkte Afrikas. Für deutsche Unternehmen bestehen in diversen Branchen Chancen. Nach den Wahlen könnte die Dynamik weiter zunehmen.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Top Thema: Was ist die Situation nach der Präsidentschaftswahl?

Aus den Präsidentschaftswahlen am 28. Oktober 2025 ging Präsidentin Samia Suluhu Hassan mit einem Stimmenanteil von fast 98 Prozent hervor. Sie ist seit 2021 im Amt und gehört der Partei Chama Cha Mapinduzi (CCM) an. Hassan ist inzwischen umstritten. Alle ernsthaften Konkurrenten waren von der Wahl ausgeschlossen. Am Wahltag und danach kam es landesweit zu heftigen Protesten. Nach Angaben der Oppositionspartei Chadema wurden dabei mindestens 800 Menschen getötet.

Nachdem sich unter Hassan die Rahmenbedingungen für Investitionen und das Geschäftsumfeld in Tansania verbessert haben, mehren sich kritische Stimmen. Irritierend waren bereits im Vorfeld der Wahlen Repressionen gegen die Opposition. Unternehmen berichten von einer Zunahme der Korruption. Die heftigen Proteste und die hohe Anzahl von Todesopfern dürften direkte oder indirekte Folgen für das Geschäftsklima haben. Sollten die politischen Repressionen anhalten, könnten Geber ihre Hilfen zurückfahren und Unternehmen sich nach anderen Investitionsstandorten umsehen.

"Die Lage wird sich wieder beruhigen"

Christian Engels ist Leiter des Tansania Büros und Geschäftsführer Services der AHK für das Östliche Afrika. Er hält sich regelmäßig in Daressalam auf und war auch während und nach der Wahl vor Ort. Im Interview berichtet er über seine Eindrücke.

Christian Engels, Leiter des Tansania Büros und Geschäftsführer Services, AHK für das Östliche Afrika, Interview zur aktuellen Lage in Tansania Christian Engels, Leiter des Tansania Büros und Geschäftsführer Services, AHK für das Östliche Afrika, Interview zur aktuellen Lage in Tansania | © AHK für das Östliche Afrika

Herr Engels, Sie sind ein paar Tage nach der Wahl aus Daressalam zurückgekommen. Wie haben Sie die Situation wahrgenommen?

Ich lebe wie viele andere Expats auf der Halbinsel Masaki in Daressalam. Masaki war von Militär und Polizei weitgehend abgeriegelt. Von den Unruhen haben wir deshalb nichts mitbekommen. Die Straßen in Masaki waren tagelang leer. Nur vor den zwei Supermärkten waren lange Warteschlangen bis auf die Straße, weil alle auf Vorrat kaufen wollten. Restaurants und Bars waren zu. Das Internet wurde schon am Wahltag für fast eine Woche abgeschaltet. Man hatte also kaum Informationen.

Dann sind Sie vier Tage nach der Wahl aus Tansania ausgeflogen. Von Masaki zum Flughafen sind es ja fast 20 Kilometer. War die Fahrt gefährlich?

Das nicht, aber es war nicht ganz einfach. Normale Taxis, Uber und Tuktuks fuhren nicht mehr. Ich musste mir über Kontakte einen Fahrer organisieren. Auf dem Weg durch die Stadt sah man erstmals die Ausmaße der Proteste. Überall standen schwerbewaffnete Soldaten und Truppentransporter. Wir wurden mehrmals angehalten und mussten Papiere vorlegen. Den Soldaten merkte man an, dass sie extrem angespannt waren. Als ich am Flughafen ankam, wollten zahlreiche Menschen noch ein Ticket kaufen, weil sie raus wollten. Auch hier merkte man, dass es eine außergewöhnliche Situation war.

Wie schätzen Sie die Folgen der Wahl und der Proteste für die Wirtschaft des Landes ein?

Die Präsidentin könnte geschwächt aus der Situation herausgehen. Aber ich glaube, dass die Regierung die Proteste unter Kontrolle bekommt und die Lage sich beruhigen wird. Von den Unternehmensvertretern, die schon da sind, wird wohl kaum jemand das Land verlassen, weil man die Sicherheitslage gut einschätzen kann. Ich denke aber, dass es Unternehmer, die das Land noch nicht kennen, zumindest kurzfristig von einer Reise nach Tansania abschreckt. Diese Woche sagte bereits ein Unternehmer seinen Besuch bei mir ab. Im November und Dezember dürfte sich das fortsetzen. Aber möglicherweise normalisiert sich die Lage ab Januar 2026 wieder.

Wirtschaftsentwicklung: Solides Wachstum hält voraussichtlich an

Sollte die politische Situation ohne größere Folgen bleiben, dann könnte das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Jahren 2026 und 2027 zwischen 6,0 und 6,5 Prozent erreichen, Tendenz leicht steigend. Für ein Entwicklungsland, das zudem ein hohes Bevölkerungswachstum aufweist, bedeutet ein solches Wachstum noch keinen Boom, aber eine gute Konjunktur.

Unternehmen stützen diese Einschätzung. Für sie zählt Tansania aktuell zu den interessantesten Märkten in Ostafrika. Das wirtschaftliche Potenzial Tansanias mit seinen fast 70 Millionen Einwohnern ist längst nicht ausgeschöpft und im Vergleich zum nördlichen Nachbarn Kenia sind viele Geschäftsbereiche noch unterentwickelt. Unternehmen sind weiter optimistisch, dass die Dynamik ab 2026 vor allem in Form von Investitionen zunehmen wird. Die Ereignisse rund um die Wahl dürften dem positiven Image jedoch Kratzer verliehen haben.

Großprojekte sorgen für Dynamik

Bedeutend für das Land sind einige Großprojekte. Bereits im Bau sind die elektrifizierte Normalspurbahn von Daressalam quer durch das Land nach Westen und das Wasserkraftwerk Julius Nyerere mit 2.115 Megawatt. Wichtig für die regionale Integration ist auch der gegenwärtige Bau der Küstenstraße, die in Kürze Daressalam mit Mombasa in Kenia verbinden soll. Zudem hat der Betreiber der bestehenden TAZARA-Bahnstrecke von Daressalam in den sambischen Kupfergürtel im Mai 2025 verkündet, dass mit der chinesischen Baufirma CCECC ein Public-Private-Partnership über 30 Jahre vereinbart wurde mit einer Investition von 1,4 Milliarden US-Dollar.

Von privater Seite zu nennen sind die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) von den neuen ugandischen Ölfeldern im Albertsee zur Hafenstadt Tanga durch die Konzessionäre TotalEnergies und die China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) und der Ausbau des Hafens in Daressalam durch den neuen Konzessionär Dubai Ports World. Im Bergbau signifikante Investitionen sind die Nyanzaga-Goldmine von Perseus Mining sowie die Kabanga-Nickelmine von Lifezone Metals. Beide Minen sollen 2027 mit dem Abbau beginnen.

Auch darüber hinaus wird viel investiert. Im Tourismus investieren auf Sansibar erstmals internationale Ketten in zahlreiche große Hotels. Rückläufige Besucherzahlen aus den USA könnten das Geschäft jedoch treffen. Auch die Konsumgüter- und Baustoffindustrie expandieren. Nach Nairobi (Kenia) ist Daressalam der zweitgrößte Standort in Ostafrika für Industrieunternehmen. Die industrielle Produktion wächst und auch im Agrarsektor beobachten Zulieferer steigende Investitionen.

Devisenlage hat sich zuletzt verbessert

Der Tansania-Schilling (T.Sh.) hat in den ersten Monaten des Jahres 2025 stetig abgewertet. Seit April ist der Wert aber stabil beziehungsweise leicht angestiegen. Die Verfügbarkeit von Devisen hat sich im Vergleich zum Vorjahr nach Angaben von Unternehmen verbessert. Das liegt wohl vor allem an den hohen Devisenerlösen des Goldbergbaus. Mit fast 4.000 US-Dollar je Feinunze steht im November 2025 der Goldpreis auf einem Rekordhoch.

Die Zentralbank (Bank of Tanzania, BoT) hat den Devisenhandel seit Ende März 2025 in den "Use of Foreign Currency Regulations, 2025" eingeschränkt. Unter anderem für inländische Transaktionen ist die Nutzung von Fremdwährung nicht mehr gestattet und lokale Rechnungen müssen in T.Sh. ausgestellt werden.

Deutsche Perspektive: Tansania liegt in Ostafrika vorne

Deutsche Unternehmen exportierten im Jahr 2024 Waren im Wert von etwa 269,9 Millionen Euro nach Tansania. Damit war Tansania in Ostafrika erstmals die Nummer 1 und unter den 49 Ländern in Subsahara-Afrika die Nummer 6. Kenia, das jahrzehntelang der mit Abstand größte Exportmarkt in der Region war, wurde knapp überholt. Das ist eine Momentaufnahme, zeigt aber wie stark Tansania aufgeholt hat.

Die letzten Zahlen des Statistischen Bundesamts von Januar bis August 2025 deuten auf eine Fortsetzung des Vorjahresgeschäfts hin, wenngleich aufgrund der Wahlen mit einem deutlichen Rückgang der Lieferungen zu rechnen ist.  Für deutsche Unternehmen ist Tansania grundsätzlich ein sehr interessanter Markt. Sie berichten immer wieder davon, dass dieser noch lange nicht erschlossen ist.

Die Präsenz deutscher Unternehmen in Tansania ist noch ausbaufähig. Investoren gibt es bei der Produktion von Baustoffen, in der Landwirtschaft und im Tourismus. Hinzu kommen Dienstleister in den Bereichen Handel und Logistik. Viele Unternehmen bearbeiten den Markt vom regionalen Wirtschaftszentrum in Nairobi (Kenia) aus oder von Deutschland. Infrastrukturprojekte, Landwirtschaft, Bergbau, Tourismus, Bau und die Konsumgüterindustrie bieten eine recht breite Palette von Lieferchancen.

GTAI-Informationen zu Tansania

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