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Branche kompakt | USA | Automobilsektor

Branchenstruktur

Steigende Kosten stellen die heimischen Autobauer aus Detroit vor Herausforderungen. Der Aufbau einer Wertschöpfungskette für Batterien wird vorangetrieben. 

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Die Vereinigten Staaten sind der weltweit zweitgrößte Hersteller von Kfz – nach China. Pandemiebedingte Engpässe sind passé, die Branche erwartet für die kommenden Jahre kontinuierliche Produktionssteigerungen. Laut Prognosen der Freedonia Group könnte im Jahr 2027 eine Gesamtproduktion von 11,6 Millionen Einheiten erreicht werden. Dies verteilt sich auf etwa 11,2 Millionen Pkw und 400.000 Nutzfahrzeuge. Gegenüber 2023 könnten damit rund 800.000 Fahrzeuge zusätzlich vom Band rollen. Dies wäre ein Plus von insgesamt rund 7,5 Prozent.

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In der Pkw-Sparte sind 16 Autobauer mit 56 Fertigungsstätten in den USA tätig. Hinzu kommen rund 75 Hersteller von Nutzfahrzeugen. Die größten Anbieter für Lkw sind Daimler Truck (Freightliner und Western Star), Paccar (Kenworth und Peterbilt), Navistar (International Trucks) und Volvo (u.a. Mack Trucks).

Autobauer aus Detroit durch höhere Kosten herausgefordert

Über die mit Abstand größten Produktionskapazitäten verfügen die sogenannten "Big 3" aus Detroit. Zusammen produzierten Ford, General Motors (GM) und Stellantis (u.a. Chrysler, Jeep, Dodge) im Jahr 2023 rund 5,2 Millionen Pkw in den USA. Dies entspricht einem Anteil von rund 51 Prozent am gesamten Herstellungsvolumen.

Im Spätsommer 2023 waren die Werke der "Großen 3" von wochenlangen Streiks betroffen. An deren Ende stand ein historischer Erfolg für die Gewerkschaft United Automotive Workers (UAW), die Lohnsteigerungen von über 25 Prozent durchsetzen konnte. Dadurch schießen nach Angaben von Ford die Kosten für ein in den USA gebautes Fahrzeug bis 2028 um durchschnittlich 900 US-Dollar (US$) in die Höhe. Die Gesamtkosten durch den Tarifabschluss werden mit 8,8 Milliarden US$ beziffert. Bei GM steigen die Stückkosten im gleichen Zeitraum im Schnitt um 575 US$.

Branchenkennern zufolge dürften in den kommenden Jahren deshalb vor allem Effizienzsteigerungen im Fokus stehen. Insider rechnen deshalb mit steigendem Interesse an Automatisierungslösungen und Robotik. GM bemüht sich auch um die Einführung innovativer Verfahren wie Gigacasting. Bei der bislang von Tesla genutzten Fertigungstechnik werden Karosserieteile kosteneffizient aus einem Stück gegossen. Im November 2023 verkündete GM einen Überraschungscoup und übernahm das Unternehmen Tooling & Equipment International aus Michigan. Der bisherige Tesla-Zulieferer bringt wertvolles Know-how im Gigacasting-Bereich mit.

Andere Automobilhersteller könnten in Zukunft vor vergleichbaren Herausforderungen stehen. Bislang ist die Gewerkschaft UAW nur bei den "Big 3" aus Detroit und einigen Zulieferern aktiv. Künftig will sie aber auch bei Tesla und internationalen Produzenten wie Toyota, Hyundai oder Mercedes-Benz Fuß fassen.

Produktion von E-Fahrzeugen wird ausgebaut

Zusätzliche Kapazitäten werden insbesondere für den Bau von Elektroautos geschaffen. Im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) vergibt das Weiße Haus in Washington umfangreiche Fördermittel. Die Domestic Manufacturing Conversion Grants fördern beispielsweise die Umrüstung von Produktionsstätten, damit Elektroautos anstelle von Verbrennern hergestellt werden können. Insgesamt stehen über dieses Programm 2 Milliarden US$ zur Verfügung. Hinzu kommen 10 Milliarden US$ an Förderkrediten über das Advanced Technology Vehicles Manufacturing Loan Program.

GM investiert auf amerikanischem Boden bis 2028 beispielsweise insgesamt 7,2 Milliarden US$ in den Bau von elektrischen Modellen. Auch Start-ups wie Rivian und Vinfast machen mit Milliardeninvestitionen auf sich aufmerksam.

 

Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie (Summe in Millionen US-Dollar)

Vorhaben

Investitionssumme

Projektstand

Anmerkungen

Ford BlueOval City

5.600

Geplante Inbetriebnahme 2025Neues Werk in Stanton (Tennessee) für den Bau von rund 500.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr; Bau einer angeschlossenen Batteriefabrik
Hyundai Metaplant

5.500

Geplante Inbetriebnahme 2025Neues Werk in Bryan County (Georgia) für den Bau von zunächst 300.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr
Rivian

5.000

Geplante Inbetriebnahme 2026

Neues Werk in Stanton Springs (Georgia) für den Bau von bis zu 400.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr

General Motors

4.000

Durchführung bis 2028Ausbau des Werkes Orion (Michigan) für den Bau von bis zu 600.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr 
Vinfast

2.000 (1. Phase)

Geplante Inbetriebnahme 2025Neues Werk in Chatham County (North Carolina) für den Bau von bis zu 150.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr
Scout Motors (Volkswagen)

2.000

Inbetriebnahme bis Ende 2026Neues Werk in Blythewood (South Carolina) für den Bau von rund 200.000 Elektroautos pro Jahr
BMW

1.700

Durchführung bis 2030Ausbau des Werkes in Spartanburg (South Carolina) für den Bau von sechs batterieelektrischen Modellen, Bau einer angeschlossenen Batteriefabrik
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Bauboom für Batteriefabriken

Ein Kernziel des IRA ist der Aufbau einer lokalen Batteriezellenproduktion in den USA. Hersteller kommen in den Genuss großzügiger Steuergutschriften. Über die Production Tax Credits wird beispielsweise ein Steuerbonus von 35 US$ pro Kilowattstunde gezahlt. Zusätzlich gibt es weitere 10 US$ pro Kilowattstunde für in den USA gefertigte Batteriemodule.

Als Folge der Subventionen wird in den USA eine Batteriezellfabrik nach der anderen hochgezogen. Bis 2028 dürften insgesamt 45 Anlagen mit einer Kapazität von 1.037 Gigawattstunden in Betrieb sein. Die US-Autobauer kooperieren dabei insbesondere mit Partnern aus Südkorea. SK On und Ford errichten gemeinsam drei Anlagen in Tennessee und Kentucky mit einer Produktionsleistung von 120 Gigawattstunden pro Jahr. Samsung SDI arbeitet mit Stellantis und GM zusammen. LG Energy realisiert ein Projekt mit GM.

Niedrige Strompreise machen Standorte im Süden attraktiv

Die Investitionswelle für Elektromobilität sorgt auch für geographische Verschiebungen: Die Great-Lakes-Region mit den Bundesstaaten Michigan, Ohio und Indiana ist als Hochburg der Autoindustrie nicht mehr automatisch für Ansiedelungen gesetzt. Laut Untersuchungen des Environmental Defense Fund ging von 2015 bis 2023 fast die Hälfte der verkündeten Projekte in Südstaaten wie Georgia, Kentucky oder Tennessee. Die deutschen Autobauer BMW und VW tätigen Investitionen in South Carolina.

Als ein Hauptgrund werden niedrigere Energiekosten genannt. Nach Daten der U.S. Energy Information Administration von Oktober 2023 belief sich der durchschnittliche Industriestrompreis in Michigan auf 8,36 Cent pro Kilowattstunde, verglichen mit 6,30 Cent in Tennessee und 6,39 Cent in Georgia. 

Auch neue Zulieferer siedeln sich an

Hohe Investitionen locken auch Betriebe an, die zuliefern. Im Umfeld des sich im Bau befindlichen Metaplants von Hyundai in Savannah (Georgia) haben 14 neue Teilehersteller Investitionen von über 2,5 Milliarden US$ angekündigt. Der Ford-Zulieferer Magna International investiert 790 Millionen US$ in drei neue Produktionsstätten in Tennessee. ZF Friedrichshafen erweitert für 500 Millionen US$ das Getriebewerk in Gray Court (South Carolina), von wo aus BMW beliefert wird. Auch Schaeffler will verstärkt in den USA investieren.

 

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die USA (in Milliarden US-Dollar, Veränderung in Prozent)
 

2023

Veränderung 2023/2022

aus Deutschland

SITC 778.3 Kfz-Elektrik

11,6

1,0

0,3

SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

85,7

3,5

6,0

SITC 773.13 Zündkabelsätze

14,6

13,9

0,05

SITC 713.2 Motoren

13,1

7,6

2,0

Summe

125,1

4,8

8,4

Quelle: United States International Trade Commission DataWeb 2024

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