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Wirtschaftsumfeld | USA | Industriepolitik

US-Industrie schwächelt

Die von Donald Trump beabsichtigte Reindustrialisierung mit Hilfe von Zöllen bleibt sehr wahrscheinlich aus. Daran ändern auch Nachrichten über Rekordinvestitionen wenig.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Unter US-Präsident Joe Biden hatte eine Art Reindustrialisierung der USA eingesetzt. Sie wurde durch riesige staatliche Programme angefacht. Der Inflation Reduction Act (IRA) förderte Umwelttechnologien, mit Hilfe des Chips and Science Act sollten die Vereinigten Staaten mehr Halbleiter produzieren. Überall im Land entstanden Fabriken.

Die nominalen Bauleistungen des produzierenden Gewerbes verdreifachten sich zwischen 2021 und 2024, wie Zahlen des nationalen Statistikamts zeigen. Doch mit dem Amtsantritt Donald Trumps hat sich das Blatt gewendet. Er steht den erneuerbaren Energien und grünen Industrien kritisch gegenüber. Der im Juli 2025 in Kraft getretene One Big Beautiful Bill Act (OBBBA) beendet vorzeitig die meisten Förderungen des IRA.

Zölle schützen die Industrie und erhöhen die Staatseinnahmen

Donald Trump will dafür klassische Industrien fördern: Stahl, Aluminium, den Autobau oder die Pharmabranche. Dabei setzt er nicht – wie der IRA oder der Chips and Science Act – auf teure Steuergutschriften oder staatliche Zahlungen, sondern auf Einfuhrzölle. Diese haben den großen Vorteil, dass sie die einheimischen Industrien schützen und zugleich die Staatseinnahmen erhöhen.

Ob es dem Präsidenten gelingt, damit Produktion im großen Stil in die USA zurückzuholen, bleibt fraglich. In einigen Branchen wird es durchaus mehr Investitionen geben. Der taiwanische Chip-Auftragshersteller TSMC kündigte im März 2025 an, seine geplanten Investitionen in den USA im Umfang von 65 Milliarden US-Dollar (US$) um 100 Milliarden US$ aufstocken zu wollen. In der Pharmabranche wurden laut Branchenanalysten Projekte im Umfang von 250 Milliarden US$ in Aussicht gestellt.

Doch es stellt sich die Frage, ob alle Ankündigungen auch im vollen Umfang umgesetzt werden und inwieweit diese Pläne überhaupt von der Zollpolitik beeinflusst wurden. Viele Unternehmen haben es sich inzwischen zu eigen gemacht, Trump nach dem Mund zu reden. Sie wollen zeigen, dass sie in den USA produzieren und auf Trump hören, berichtet Evan Seigerman, Senior Biopharma Analyst bei BMO Capital Markets.

In der Autobranche dürften die Investitionen zurückgehen

In anderen Branchen könnte es sogar zu einem Rückgang der Investitionen kommen, auch und gerade in der Automobilindustrie. Im 2. Quartal 2025 sind die Kfz-Zulassungszahlen stark eingebrochen, berichtet der Vertreter eines deutschen Automobilkonzerns im Gespräch mit Germany Trade & Invest. Aufgrund der Abschaffung der Kaufprämie für Elektrofahrzeuge zum 30. September 2025 legen zudem die Autohersteller ihre Investitionen in Sachen Elektromobilität größtenteils auf Eis. 

Nicht nur ausländische Autobauer leiden, sondern auch die einheimischen. Dem Ford-Konzern, der 80 Prozent seiner in den USA verkauften Fahrzeuge vor Ort produziert, machen die Zölle von 50 Prozent auf Stahl und Aluminium sowie von 25 Prozent auf Kfz-Teile schwer zu schaffen. Er rechnet damit, dass sie das Ergebnis 2025 mit rund 2 Milliarden US$ belasten werden. General Motors spricht sogar von einer Summe von 5 Milliarden bis 6 Milliarden US$.

Unterm Strich könnten daher die Investitionen im verarbeitenden Gewerbe infolge von Trumps Zollpolitik sogar zurückgehen. Neben den eigentlichen Zöllen kommt noch ein gehöriges Maß an Planungsunsicherheit hinzu. In den ersten sechs Monaten von Trumps Amtszeit gab es ein ständiges Hin und Her in Sachen Zöllen. Und niemand weiß, wie lange die Ende Juli 2025 verkündeten "Deals" mit wichtigen Handelspartnern Bestand haben werden. Viele Details sind noch ungeklärt und Trump hat bereits neue, branchenspezifische Zölle – etwa auf Pharmaprodukte oder Halbleiter – angekündigt.

Statistiken zeigen deutlichen Abwärtstrend

In den Statistiken spiegelt sich die Investitionszurückhaltung bereits deutlich wider: Im 1. Halbjahr 2025 gingen die erbrachten Bauleistungen des produzierenden Gewerbes um nominal knapp 3 Prozent zurück, berichtet das nationale Statistikamt. Eingerechnet der Inflation ergibt sich damit ein Minus von nahezu 6 Prozent. Der FMI Construction Outlook geht auch für 2026 und 2027 von einer rückläufigen Bautätigkeit aus. Real (inflationsbereinigt) gerechnet, dürfte sie damit zwischen 2024 und 2027 um gut ein Fünftel schrumpfen.

Die industrielle Aktivität in den USA ist laut dem Institute for Supply Management seit geraumer Zeit rückläufig. Wichtige Indikatoren wie der Einkaufsmanagerindex, die Auftragseingänge und die Beschäftigung befinden sich seit März 2025 im negativen Bereich. Besonders gravierend erscheint die Lage in Sachen Beschäftigung. Im Juli 2025 berichteten von 18 Industrien lediglich drei von einem Beschäftigungsaufbau, elf hingegen von einem Stellenabbau. Laut vorläufigen Angaben des Bureau of Labor Statistics beschäftigte der verarbeitende Sektor im Juli 2025 rund 113.000 weniger Menschen als im Vorjahresmonat.

Fachkräftemangel als größtes Hindernis für die Reindustrialisierung

Trotzdem herrscht immer noch ein riesiger Fachkräftemangel. Rund 400.000 Stellen blieben 2024 laut Angaben des Bundesarbeitsministeriums im produzierenden Gewerbe unbesetzt. Im 3. Quartal 2024 konnte etwa jede fünfte Fabrik ihre Produktionskapazität nicht wie gewünscht auslasten, weil Fachkräfte fehlten. Dies geht aus einer Publikation des Fachportals Supply Chain Management Review hervor. Die Reindustrialisierung dürfte vor allem aufgrund dieses Engpassfaktors scheitern, zumal die restriktive Immigrationspolitik die Lage weiter verschlechtert.

Zugleich gehören die Löhne zu den höchsten auf der Welt. Bei vielen Produkten lohnt sich daher eine lokale Produktion nicht. Daran werden auch Zölle nichts Wesentliches ändern können. Der CEO des Apple-Konzerns rechnete beispielsweise vor, dass ein in den USA gefertigtes iPhone etwa dreimal so viel wie ein in Indien produziertes kosten würde. Solarzellen aus lokaler Produktion sind etwa viermal so teuer wie entsprechende Importe aus China, schätzen Branchenanalysten.

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