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Branchen | Vietnam | Infrastruktur

Vier Branchen mit guten Wachstumschancen

Zum vietnamesischen Neujahrsfest schauen wir auf Wachstumspotenziale in Vietnam. Vier Branchen versprechen besonders gute Geschäfte für deutsche Firmen.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Aufgrund günstiger Lohnkosten und einem Freihandelsabkommen mit der EU ist Vietnam in Deutschland vor allem als Investitions- und Sourcingstandort bekannt. Das Land bietet deutschen Firmen aber auch gute Absatz- und Projektchancen. Vier Bereiche werden in den kommenden Jahren im Vordergrund stehen.

Infrastruktur: Neues Landgesetz verabschiedet 

Der Ausbau der Transportinfrastruktur bietet Potenzial. Bisher behindern überlastete Straßen die wirtschaftliche Entwicklung und viele Projekte hatten sich in den letzten Jahren verzögert, weil der Staat bei Enteignungen von Grundstücken deutlich unter Marktniveau entschädigt. Ein Anfang 2024 verabschiedetes Landgesetz sieht ab 2026 jährlich Anpassungen der angelegten Preise vor. Das könnte Projekte beschleunigen. 

Der Autobahnbau hat auf Drängen der Regierung bereits an Fahrt aufgenommen. 

Im Jahr 2023 wurden 475 neue Kilometer an Autobahnen in Betrieb genommen und das Netz damit auf 1.900 Kilometer ausgeweitet. Bis 2025 sollen es 3.000 Kilometer sein. Für Ho-Chi-Minh-Stadt wird ein neuer Flughafen gebaut und der alte Flughafen erhält einen neuen Terminal. Auch am Flughafen Hanoi soll ein neuer Terminal entstehen. 

Interessant ist auch der Ausbau der Bahninfrastruktur. Hier wurde in den vergangenen Jahren kaum investiert und Metroprojekte in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt hatten sich stark verzögert. Nach der Eröffnung einer ersten Linie im Jahr 2023 in Hanoi sollen 2024 die Linie 1 in Ho-Chi-Minh-Stadt und ein Teilstück der Linie 3 in Hanoi in Betrieb gehen. Als nächstes könnte 2024 der Bau der Linie 2 in Ho-Chi-Minh-Stadt wiederaufgenommen werden. Und in Hanoi steht die Ausschreibung der Linie 5 an. 

Bis 2035 sollen beide Städte ihre Metroausbaupläne abgearbeitet haben, mit dann zehn Linien in Hanoi und acht Linien plus drei Straßenbahnen in Ho-Chi-Minh-Stadt. Der Zeitplan gilt als extrem ambitioniert, aber das neue Landgesetz könnte auch hier die Projektabwicklung beschleunigen. 

Auch das in den letzten Jahren stark vernachlässigte Eisenbahnnetz will die Regierung modernisieren und ausbauen. Im Mittelpunkt eines Entwicklungsplans bis 2030 steht eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-Stadt. Das Projekt nimmt langsam Gestalt an. Die Finanzierung der rund 70 Milliarden US-Dollar (US$) für das Vorhaben ist allerdings noch völlig offen. 

Kreislaufwirtschaft: Recycling-System gestartet

Die vietnamesische Regierung führte am 1. Januar 2024 ein System der erweiterten Herstellerverantwortung ein. Das heißt, Unternehmen, die in Vietnam bestimmte Produkte in Umlauf bringen, müssen Abgaben leisten oder das Recycling selber organisieren. Das System wird in den kommenden Jahren auf mehr Produkte ausgeweitet und die geforderten Recyclingraten sollen alle drei Jahre steigen. 

Allerdings fehlen noch die Umsetzungsvorschriften. Auch wurde die Höhe der Abgaben noch nicht endgültig fixiert. Die Abgaben sollen in einen Fonds einfließen und dem Ausbau des Recyclings in Vietnam zugute kommen. In jedem Fall benötigen die wachsenden Recyclingmengen neue Anlagen. 

Gesundheit: Neue Krankenhäuser im Bau

Im Gesundheitssektor hat die Regierung in den letzten Jahren eine Basiskrankenversicherung auf nahezu die gesamte Bevölkerung ausgeweitet. Ende 2023 umfasste sie etwa 95 Prozent der Bevölkerung gegenüber 84 Prozent vor fünf Jahren. Der Ausbau der öffentlichen Gesundheitsinfrastruktur hat aber nicht Schritt gehalten. 

Wegen unzureichender staatlicher Versorgung weichen viele Patienten, die es sich leisten können, auf den schnell wachsenden Privatsektor aus. Nachdem Skandale im Rahmen der Coronabekämpfung staatliche Entscheidungen und damit Projekte gebremst hatten, investiert der Staat jetzt aber wieder stärker. Hanoi alleine will bis 2025 vier neue Allgemeinkrankenhäuser eröffnen. In Ho-Chi-Minh-Stadt befinden sich ebenfalls drei im Bau. Der Zuwachs an Krankenhäusern dürfte sich auch auf die Nachfrage nach Medizintechnik auswirken. 

Erneuerbare Energien: Massiver Ausbau geplant

Auch der Energiesektor steht vor großen Entwicklungen. Vietnam will 2050 klimaneutral sein. Mit dem 2023 veröffentlichten Energieentwicklungsplan (PDP 8) hat die Regierung die grobe Richtung vorgegeben. Bis 2030 wird vor allem in neue Gaskraftwerke investiert, die Kohleverstromung wird nur noch geringfügig ausgebaut. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion sinkt zunächst, auch wenn die Windkraft zulegt. Denn die Stromproduktion soll sich bis 2030 gegenüber dem Jahr 2022 verdoppeln. Nach 2030 sollen die erneuerbaren Energien kräftig hochgefahren werden. Gleichzeitig will die Regierung die Kohle- und Gaskraft schrittweise durch die Verbrennung von Wasserstoff (Ammoniak) und Offshore-Wind ersetzen.

Unklar ist noch, wie Vorhaben ausgewählt, finanziert und umgesetzt werden sollen. Auktionen waren einmal Teil der Diskussion, aber derzeit sieht es eher nach bilateralen Abnahmeverhandlungen mit dem staatlichen Stromkonzern Electricity Vietnam (EVN) aus. Mit derzeit üblichen Abnahmeverträgen von EVN wären Projekte aber nach Ansicht von Experten privat nicht zu finanzieren und weder Staat, EVN noch Entwicklungskredite können die Lücke füllen.

Ausländische Investoren wollen schnelleren Ausbau

Der Druck auf die Regierung steigt beim Ausbau erneuerbarer Energien. Immer mehr ausländische Investoren wollen eigene Klimaziele erreichen und brauchen dafür erneuerbaren Strom. Intel soll 2023 aufgrund des schwierigen Zugangs zu erneuerbaren Energien eine größere Investition abgesagt haben. Investoren drängen darauf, dass die Regierung direkte Abnahmeverträge mit Stromerzeugern ermöglicht. Bisher geht das nur sehr begrenzt bei Solardächern. 

Der Investitionsbedarf inklusive Netzausbau ist gewaltig. Bis 2030 werden laut PDP 8 rund 135 Milliarden US$ benötigt. Für den Zeitraum 2031 bis 2050 kommen 399 Milliarden bis 523 Milliarden US$ hinzu. Mit einem Projekt für einen Offshore-Windpark von 2 Gigawatt steht mit PNE aus Cuxhaven mindestens ein deutscher Investor bereits in den Startlöchern.

 

Ausbau der Stromkapazitäten (Leistung in Gigawatt)
 

2022

2030

2050

Windkraft an Land

4,0

21,9

60,1 - 77,1

Offshore-Windkraft

0

6,0

70,0 - 91,5

Photovoltaik 1)

16,6

12,8

168,6 - 189,3

Biomasse 2)

0,4

2,3

31,6 - 38,4

Wasserkraft

22,0

31,7

36,0

Kohlekraft

24,1

30,1

0

Gaskraft 3)

7,2

37,3

12,4 - 16,9

Wasserstoff

0

0

23,4 - 27,9

Andere 4)

1,5

3,3

77,4 - 85,0

Import

0,6

5,0

11,0

Gesamt 5)

76,3

150,5

490,5 - 573,1

1 zuzüglich Aufdachanlagen ohne Netzanschluss ab 2030; 2 nach 2030 auch Ammoniak; 3 zum Teil mit Wasserstoff; 4 umfasst Batteriespeicher, undefinierte "flexible" Kapazitäten, Abwärme; 5 Abweichung durch Rundung.Quelle: Power Development Plan (8) 2023

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