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Der Umsatz der Lebensmittelindustrie war 2020 durch den Einbruch im Tourismus und die Sonderangebote leicht rückgängig. Der Markt bietet gute Chancen für deutsche Unternehmen.
11.03.2021
Von Michaela Balis | Athen
Der Umsatz der Lebensmittelindustrie ging laut dem griechischen Statistikamt Elstat in den ersten elf Monaten des Coronajahres 2020 moderat um 1,6 Prozent zurück und beträgt 13 Milliarden Euro. Der Einbruch in der Nachfrage seitens der Gastronomiebetriebe und der Hotels sowie die zahlreichen Sonderangebote in den Supermärkten drückten auf die Menge und den Wert der verkauften Waren. Im Jahr zuvor hatte der Branchenumsatz um 1,8 Prozent zugelegt.
Stärker betroffen ist der Umsatz der Getränkeindustrie, der im gleichen Zeitraum um 18 Prozent einbrach, so Elstat. Das ist nachzuvollziehen, da zum Beispiel 60 Prozent des jährlichen Bierkonsums in Gastronomiebetrieben, unter anderem in den Sommermonaten von Touristen, getrunken wird. Der Tourismus brach coronabedingt in Griechenland um 75 Prozent ein.
Nace-Code | Sparte | 2018 |
---|---|---|
105 | Milchverarbeitung | 2.776,1 |
103 | Obst- und Gemüseverarbeitung | 1.573,9 |
107 | Herstellung von Back- und Teigwaren | 1.298,1 |
101 | Schlachtung und Fleischverarbeitung | 1.184,2 |
1107 | Herstellung von Erfrischungsgetränken, Gewinnung natürlicher Mineralwasser | 936,9 |
106 | Herstellung von Stärke und Stärkeerzeugnissen, Reis | 910,2 |
104 | Herstellung pflanzlicher und tierischer Fette und Öle | 591,0 |
1105 | Herstellung von Bier | 443,3 |
1085 | Herstellung von Fertiggerichten | 440,6 |
1082 | Herstellung von Süßwaren | 265,0 |
1102 | Herstellung von Wein | 254,8 |
Entsprechend des Umsatzes sank auch die Lebensmittel- und Getränkeproduktion. Nahrungsmittelbetriebe produzierten im Coronajahr 2020 über 2,6 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Im Jahr 2019 verzeichneten sie eine Zunahme von 1,8 Prozent. Die Getränkeproduktion sank um 12 Prozent.
Positiv wirkte sich die Pandemie auf die Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Getränken in den Supermärkten aus: In den ersten elf Monaten des Jahres 2020 stieg der Umsatz dieser Produkte um knapp sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hingegen ist der Umsatz der kleinen Einzelhandelsgeschäfte im gleichen Zeitraum um 7,5 Prozent geschrumpft. Das liegt an den neuen Möglichkeiten für online-Bestellungen und Lieferungen seitens der großen Supermärkte. Die Umsätze der Tante-Emma-Läden schrumpften während des ersten Lockdowns im Frühling 2020.
Resistent gegen die Coronakrise erwiesen sich die griechischen Lebensmittel- und Getränkeexporte. Während die Gesamtexporte im Jahr 2020 (30,7 Milliarden Euro) um 9,3 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode zurückgegangen sind, stiegen die Lebensmittel- und Getränkeexporte (5,4 Milliarden Euro) im gleichen Zeitraum um durchschnittlich um 9,3 Prozent, informiert das europäische Statistikamt Eurostat. Die griechischen Lieferungen von Lebensmitteln und Getränken nach Deutschland (825,4 Millionen Euro) stiegen um rund 13,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Exporte nach Spanien (262,8 Millionen Euro, 41,7 Prozent), Polen ( 161,1 Millionen Euro, 20,7 Prozent) und Canada (87,6 Millionen Euro, 24,6 Prozent) verzeichneten eindrucksvolle Zuwachsraten.
Die Branche ist stark exportorientiert: Im Durchschnitt wird etwa 40 Prozent der jährlichen Produktion exportiert. Der Anteil der Lebensmittel- und Getränkeexporte an den gesamten griechischen Exporten lag im Jahr 2020 bei 17,6 Prozent von 15 Prozent im Vorjahr. Obst und Gemüse, frisch oder verarbeitet mit einem Gesamtnwert in Höhe von 2,4 Milliarden Euro sind die wichtigsten Exportgüter Griechenlands unter den Lebensmitteln und stehen für knapp acht Prozent der gesamten Lieferungen ins Ausland. In der gesamten Exportstruktur nehmen sie den dritten Platz nach den Exporten von Mineralöl- und Pharmaerzeugnissen ein (Stand 2020).
Rund ein Viertel der monatlichen Ausgaben der griechischen Haushalte wurden im Jahr 2019 für Essen und Trinken verbraucht. Dabei entfällt ein Fünftel auf Fleisch sowie auf "Früchte und Gemüse", etwa 16 Prozent auf "Mehl und Brot" aber auch auf "Milchprodukte und Eier". Fast 15 Prozent wird für alkoholische Getränke ausgegeben.
Nochmal fast die Hälfte, 165 Euro, werden für den Verzehr außerhalb des Hauses aufgewendet (Stand 2019). Die Schließung der Gastronomiebetriebe, Kaffeehäuser und Hotels während mehrerer Monate dürfte diesen Anteil im Jahr 2020 enorm schrumpfen lassen.
Die zehnjährige Wirtschaftskrise und der damit verbundene Einbruch in ihrem Einkommen führte viele Griechen zwangsläufig zurück in die Küche. Im Jahr 2016 bereiteten die Griechen 75 Prozent ihrer Mahlzeiten zu Hause zu, meldet das griechische Institut der Einzelhandelsforschung für Konsumgüter Ielka. Während des Lockdowns hielt dieser Trend vermehrt an. In einer Studie des Ielka vom März 2020 gaben 46 Prozent der Befragten an, mehr als zuvor zu kochen. Das vermehrte Arbeiten im Homeoffice begünstigte diesen Trend.
Wenn schon zu Hause, dann sollte auch gesünder gegessen werden. Darin waren sich 28,5 Prozent der Befragten einig. Von diesem Trend profitierten Bio-Produkte sowie Früchte und Gemüse.
Für deutsche Unternehmen bieten sich gute Chancen auf dem griechischen Lebensmittel- und Getränkemarkt. Mögliche Varianten sind der Aufkauf griechischer Gesellschaften, die Gründung von Joint Ventures mit griechischen Betrieben oder die Zusammenarbeit im Rahmen von Auftragskooperationen.
Ein Großteil der griechischen Unternehmen in der Nahrungsmittelbranche ist international nicht wettbewerbsfähig. Die zumeist kleinen Produzenten haben nicht das nötige Kapital, um ihre Betriebe zu modernisieren. Deutsche Gesellschaften oder Kapitalfonds könnten mit dem nötigen Kapital die Modernisierung der Betriebe und den Einsatz innovativer Technologien fördern. Gemeinsam können die Unternehmen für den deutschen oder den griechischen Markt produzieren, beziehungsweise neue Märkte erschließen.
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