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Branche kompakt | USA | Chemische Industrie

Markttrends

Die Chemie ist ein Nutznießer der Reindustrialisierungswelle in den USA. Steigende Produktionszahlen in Abnehmerbranchen ziehen einen Mehrbedarf an Chemieprodukten nach sich.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Die US-amerikanische Chemieindustrie kehrt 2024 auf den Wachstumspfad zurück. Laut dem Branchenverband American Chemistry Council (ACC) wird sich die mengenmäßige Produktionsleistung von chemischen Erzeugnissen um 1,5 Prozent erhöhen. Im Folgejahr 2025 dürfte es mit einem Plus von 2,1 Prozent sogar noch besser laufen. Die kurze Schwächephase 2023 mit einem Produktionsrückgang von etwa 1 Prozent ist damit überwunden.

11 %

der weltweiten Chemieproduktion entfallen auf die USA.

Mehr als 85 Prozent der in den Vereinigten Staaten hergestellten Basis- und Spezialchemikalien finden ihren Weg in andere Industriesektoren. Diese haben ihre hohen Lagerbestände aus der Pandemiezeit in den vergangenen Monaten abgebaut, was sich stabilisierend auf die Nachfrage auswirkt. 

Förderprogramme wie der Inflation Reduction Act (IRA) oder der Chips and Science Act sorgen in Kombination mit einem Reshoring-Trend für eine regelrechte Renaissance der US-Industrie. Ob für Transportausrüstungen, Elektrotechnik oder Nahrungsmittel überall im Land werden neue Produktionskapazitäten geschaffen. Die US-Industrieproduktion wird laut ACC im Zeitraum 2024 bis 2026 um durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr zulegen. 

Auch die Bauwirtschaft setzt als wichtige Abnehmerbranche Impulse. Laut Prognosen von Dodge Construction Network steigt der Wert der neu begonnenen Projekte im Jahr 2024 um rund 7 Prozent auf 1,2 Billionen US-Dollar (US$). Ein wichtiger Wachstumstreiber ist neben dem Infrastrukturausbau auch der gewerbliche Hochbau. 

USA zementieren ihre Rolle als Plastikweltmeister

Insbesondere die Nachfrage nach Kunststoffen ist in den USA ungebrochen. Laut Prognosen von Freedonia dürfte der Gesamtbedarf bis 2028 um insgesamt 1,9 Millionen Tonnen ansteigen. Dies entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von etwa 1 Prozent pro Jahr.

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Als Nachfragegarant erweist sich insbesondere die Verpackungsindustrie. Aufgrund steigender Konsumausgaben und Bevölkerungszahlen nimmt das Verpackungsaufkommen zu. Die Association for Packaging and Processing Technologies erwartet für 2024 einen volumenmäßigen Anstieg um 1,5 Prozent. Bei Lebensmittelverpackungen hält Plastik einen wertmäßigen Anteil von rund 60 Prozent. Insbesondere die Nachfrage nach flexiblen Kunststoffverpackungen verzeichnet Zuwächse, weshalb der Plastikanteil weiter zunehmen dürfte.

Auch in der Automobilindustrie gewinnen Kunststoffe an Bedeutung, beispielsweise um Gewicht einzusparen. Nach Erwartungen des ACC dürfte die inländische Kfz-Produktion bis 2026 um durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr wachsen und entsprechende Impulse setzen.

Mit jährlich 255 Kilogramm pro Kopf wird in den Vereinigten Staaten deutlich mehr Plastik verbraucht als in anderen Ländern. Unter den Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegt der Durchschnitt im Vergleich nur bei 155 Kilogramm. 

Dem hohen Verbrauch stehen sehr geringe Recyclingquoten gegenüber. Laut Berechnungen des National Renewable Energy Laboratory (NREL) wurden im Jahr 2019 nur etwa 5 Prozent der Plastikabfälle wiederverwertet. Der steigende Kunststoffbedarf wird dadurch fast vollständig durch Polymerneumaterial gedeckt. 

Positive Aussichten für Farben und Lacke

Auch für Farben und Lacke zeigt die Nachfragekurve nach oben. Die Volumina steigen nach Prognosen von ChemQuest im Jahr 2024 um 2,8 Prozent auf rund 5,1 Milliarden Liter an. Für den Branchenumsatz wird ein Plus von 6,5 Prozent auf rund 35,7 Milliarden US$ erwartet.

Farben und Lacke im Architekturbereich bilden mit einem mengenmäßigen Anteil von rund 60 Prozent das wichtigste Marktsegment. Gute Perspektiven auch im Wohnungsbau: Laut ACC wird es bis 2026 einen Anstieg auf knapp 1,6 Millionen Baustarts geben. Im Jahr 2023 wurde mit den Arbeiten für rund 1,4 Millionen Wohneinheiten begonnen. Je nach Quelle fehlen in den USA zwischen 3 Millionen und 7 Millionen Wohnungen, sodass langfristig ein hoher Bedarf besteht.

Auf Industrie- und Speziallacke entfällt ein Marktanteil von 28 beziehungsweise 12 Prozent. Steigerungen in der Transportgüter- sowie in der Metall- und Elektroindustrie sorgen auch in diesen Segmenten für Belebung. Beispielsweise soll die Produktion in der Luftfahrt laut ACC im Zeitraum 2024 bis 2026 um durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr zulegen. Die Herstellung von Elektrogeräten könnte um 2,1 Prozent pro Jahr wachsen.

Landwirte setzen auf neuartige Chemieprodukte

Laut Prognosen von IndustryARC wächst das Umsatzvolumen für Agrarchemikalien bis 2027 auf rund 40,5 Milliarden US$. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,8 Prozent pro Jahr. Durch das Wetterphänomen El Niño ist zumindest bis zur Jahresmitte 2024 in vielen Agrarregionen mit überdurchschnittlichen Regenfällen und guten Anbaubedingungen zu rechnen. Dies gilt insbesondere für die Kornkammer Kansas.

Durch Methoden wie Präzisionslandwirtschaft dürften die eingesetzten Mengen bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln jedoch tendenziell stagnieren oder leicht zurückgehen. Wachstum wird vor allem durch den Einsatz innovativer und leistungsstärkerer Agrarchemie generiert. 

So erwartet das U.S. Department of Agriculture bei Feldfrüchten einen leichten Flächenrückgang. Im Zeitraum 2023 bis 2033 könnte die kultivierte Fläche um insgesamt 2,8 Prozent auf rund 99,8 Millionen Hektar schrumpfen. Innovative Techniken wie chemische Saatgutbehandlung sollen jedoch zum Beispiel bei Weizen gleichzeitige Ertragssteigerungen von rund 14 Prozent ermöglichen. Ein Vorreiter ist hier Bayer: Der Konzern kooperiert in den USA mit den Start-ups Pairwise und Cibus, um neuartige Saatguttechnik zu entwickeln.

Mehr Haushalte benötigen mehr Chemie im Haushalt

Zusammen mit der Bevölkerung wächst in den USA auch die Anzahl der Privathaushalte. IBISWorld rechnet für 2024 mit 133,6 Millionen privaten Haushalten, ein Plus von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies trägt zur steigenden Nachfrage nach Haushaltschemikalien bei. Die inländische Produktion wird deshalb laut ACC bis 2026 um durchschnittlich 1 Prozent pro Jahr wachsen.

Stand: März 2024

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