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Wirtschaftsumfeld | Bulgarien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Lohnkosten

In Bulgarien steigen die Löhne in den Branchen am stärksten, in denen Unternehmen Fachkräfte suchen. Der Lohndruck wird bleiben. Die Regierung will den Mindestlohn erhöhen.

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Löhne und Gehälter

Die Lohn- und Lohnnebenkosten in Bulgarien sind mit 8,2 Euro pro Stunde die niedrigsten in der Europäischen Union (EU). Die nominalen Monatslöhne steigen weiterhin, insbesondere in Branchen, in denen Fachkräfte knapp sind. Im Jahr 2022 betrug das durchschnittliche nominale Lohnwachstum 13,6 Prozent, berichtet das Nationale Statistikinstitut NSI. Bei einer Inflationsrate von 14 Prozent führte dies allerdings zu einem geringen Reallohnverlust.

Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne

2019

2020

2021

2022

nominal (in Lew)

1.267

1.391 

1.530

1.739

nominal (in Euro) 1)

648

711

782

889

reale Veränderung (in %) 2)

10,6

9,8

8,2

-0,4

1 fester Wechselkurs: 1 Euro = 1,95583 Lew; 2 gegenüber dem Vorjahr bezogen auf die Landeswährung LewQuelle: Nationales Statistikinstitut (NSI) 2023

Der Lohnzuwachs im privaten und öffentlichen Sektor wird 2023 das Niveau der Inflation ausgleichen. Die nominalen monatlichen Bruttoverdienste dürften 2023 im Schnitt voraussichtlich zwischen 13 und 14 Prozent zunehmen. Die Inflation im Jahr 2023 wird voraussichtlich ebenfalls 14 Prozent betragen, schätzt das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche.

Regierung plant Erhöhung des Mindestlohns

Ab dem Jahr 2024 plant das Arbeitsministerium eine Erhöhung des Mindestlohns von aktuell 780 Lew (umgerechnet 398,8 Euro) auf die Hälfte des durchschnittlichen monatlichen Bruttolohns. Der neue Mindestlohn soll demnach bei 870 Lew (umgerechnet 444,8 Euro) liegen. Einen endgültigen Beschluss über eine Erhöhung des Mindestlohns konnte das Parlament jedoch seit seiner letzten Zusammenkunft im Juni 2023 nicht erzielen. Ursprünglich war geplant, den Mindestlohn bereits ab Juli 2023 anzuheben. Dieses Ziel vertagte die Regierung. Nun setzt das Arbeitsministerium nach eigenen Angaben darauf, die Erhöhung des Mindestlohns ab Januar 2024 zu erreichen. 

Lohnstatistiken können von ausgezahlten Gehältern abweichen

Die offiziellen Statistiken sollten allerdings stets mit großer Vorsicht betrachtet werden. In der Privatwirtschaft kommt es immer noch vor, dass nur ein Teil des Lohns über eine ordentliche Lohnabrechnung bezahlt und damit statistisch erfasst wird. Barzuwendungen sind häufig, sodass das offiziell deklarierte Gehalt und das tatsächlich gezahlte deutlich voneinander abweichen können. Am ehesten dürften die statistischen Daten für den öffentlichen Sektor stimmen.

Die Löhne und Gehälter schwanken je nach Branche stark. Sie hängen unter anderem von der Position, der Qualifikation und der Dauer der Betriebszugehörigkeit der Beschäftigten sowie von dem Unternehmen, der Unternehmensgröße, der Herkunft des Unternehmens (Inland oder Ausland) und der Region ab. Bild vergrößern  

Aussagekräftiger als die Daten des Statistikamtes dürften für internationale Arbeitgeber die Angaben von Personalberatern sein. Im Gegensatz zu den Zahlen des Statistikamtes können die Gehaltsangaben der Personalberater überhöht angesetzt sein, da diese hauptsächlich mit ausländischen Unternehmen arbeiten, die meist deutlich mehr bezahlen als einheimische.

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Branchen

März 2023 (in Lew)

Veränderung (in %) 1)

März 2023 (in Euro) 2)

Insgesamt

1.953

16,3

999

Bauwirtschaft

1.444

19,4

738

Bergbau

2.860

21,2

1.462

Verarbeitende Industrie, darunter

1.664

15

851

 Nahrungsmittel-/Getränkeindustrie

1.549

12,2

792

 Textilindustrie

1.111

20,6

568

 Holzindustrie/Papierindustrie

1.438

17,2

735

 Chemische Industrie

1.917

0,5

980

 Pharmaindustrie

2.330

22

1.191

 Gummi- und Kunststoffindustrie

1.681

11

859

 Maschinenbau

1.945

6,6

994

 Metallurgie

1.794

24,3

917

 Elektrotechnik/Elektronik

2.079

11,2

1.063

 Fahrzeugbau

1.866

17

954

Handel und Reparaturen

1.698

16,9

868

Hotel und Gastronomie

1.1123

12,8

574

Transport und Logistik

1.612

24,4

824

Telekommunikation

4.911

14,3

2.511

Finanzwesen, Banken, Versicherungen

3.499

22,8

1.789

Immobilienbranche

1.641

7,6

839

1 nominal, März 2023 zu März 2022; 2 fester Wechselkurs: 1 Euro = 1,95583 LewQuelle: Nationales Statistikinstitut (NSI) 2023

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach ausgewählten Positionen

2023 (in Euro) 1)

Geschäftsführerin einer größeren Niederlassung 2)

5.175 bis 12.075

Geschäftsführerin eines kleinen bis mittleren Unternehmens

2.875 bis 5.980

Vertriebsleiterin

2.875 bis 5.600

Ingenieurin

1.380 bis 4.025

Programmiererin

2.300 bis 8.050

Sekretärin mit Fremdsprachenkenntnissen

1.150 bis 2.875

Buchhalterin

1.000 bis 2.500

Kraftfahrerin

920 bis 1.840

1 fester Wechselkurs: 1 Euro = 1,95583 Lew; 2 zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Tabelle bei den Berufsbezeichnungen die jeweilige Begrifflichkeit sowohl für die männliche als auch die weibliche Form verwendetQuelle: Dr. Pendl & Dr. Piswanger Bulgaria EOOD 2023

Bruttolöhne (Produktion)

Jahr 2023 (in Euro) 1) 2) 

Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist 3) 

460 bis 862

Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist

575 bis 1.150

Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann

920 bis 2.300

Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet

1.750 bis 3.450

1 inkl. Schichtzuschläge, Überstunden-/Feiertagszuschläge; 2 abhängig von Qualifikation, Größe und Herkunft des Unternehmens; 3 bei Berufsbezeichnungen wird die jeweilige Begrifflichkeit sowohl für die männliche als auch die weibliche Form verwendetQuelle: Dr. Pendl & Dr. Piswanger Bulgaria EOOD 2023

Weitere Lohnbestandteile

Einige Angestellte erhalten monatlich einen Lebensmittelcoupon (voucher for food). Im Jahr 2022 wurde der Anwendungsbereich erweitert. Mit den Coupons können ihre Besitzer Strom, Fernwärme, Erdgas und Wasser bezahlen oder Haushaltswaren einkaufen. Normalerweise galten die Lebensmittelgutscheine nur in Supermärkten oder Restaurants. Den steuerlichen Freibetrag für diese Coupons hat die Regierung ebenfalls erhöht, von 80 auf 200 Lew pro Monat (von 41 Euro auf 102 Euro). Die steuerliche Bemessungsgrundlage für diese Gutscheine greift erst, wenn der pro Monat ausgegebene Betrag 200 Lew übersteigt. Ab Januar 2024 sollen die Coupons digital ausgegeben werden. Eine Übergangsfrist für gedruckte Coupons werde bis Juli 2024 gelten, wie der Verband für Lebensmittelmittelgutscheine Anfang Juli 2023 mitteilte. Die Coupons werden dann per mobiler Anwendung einlösbar sein, heißt es. 

Sozialversicherungsbeiträge 

Seit 1. Januar 2003 gilt eine Einteilung der Arbeitsbedingungen in die Kategorien I (schwere Arbeitsbedingungen), II (erschwerte Arbeitsbedingungen) und III (normale und leichte Arbeitsbedingungen). Für Beschäftigte der Kategorien I und II gilt eine Pflicht zu einer zusätzlichen Rentenversicherung über Berufsrentenfonds. Diese Beiträge zahlt der Arbeitgeber allein.

Sozialbeiträge 2023 (in Prozent der Bemessungsgrundlage)

Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil)

10,92

Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil)

4,8

Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz (Arbeitgeberanteil)

2,1

Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil)

0,4-1,1

Zusätzliche gesetzliche Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil)

2,8

Quelle: Nationales Sozialversicherungsinstitut 2023

Die sozialversicherungspflichtige Höchstgrenze der Beitragsbemessungsgrundlage liegt im Jahr 2023 bei 3.400 Lew (rund 1.738 Euro). Die sozialversicherungspflichtige Mindestgrenze der Beitragsbemessungsgrundlage ist für die verschiedenen Branchen und Berufsgruppen unterschiedlich. In der Dienstleistungsbranche liegt sie derzeit bei 1.008 Lew (515 Euro). In übrigen Branchen gilt der Mindestlohn als geringste Beitragsbemessungsgrundlage. Aktuell beträgt der Mindestlohn 780 Lew (398,8 Euro). 

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