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RuandaKonjunktur / Außenhandel, Struktur / Investitionsklima / Kaufkraft, Konsumverhalten
Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsausblick | Ruanda
Ruanda wird im Jahr 2021 unter vermindertem Wirtschaftswachstum leiden. Jedoch hat das Land gute Chancen, mittelfristig wieder zu den afrikanischen Wachstumschampions zu zählen.
14.01.2021
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Ruandas Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre findet durch die Pandemie vorerst ihr Ende. Für das Jahr 2020 erwartet die Economist Intelligence Unit (EIU) einen realen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,1 Prozent. Auch die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) gehen von einer Rezession aus. Sofern sich die zum Jahreswechsel 2020/21 geringen Infektionszahlen nicht drastisch erhöhen und einen weiteren Lockdown erzwingen, dürfte sich die ruandische Wirtschaft im Jahr 2021 leicht erholen. Die EIU prognostiziert ein leichtes Wachstum von 3,1 Prozent.
Doch ein BIP-Wachstum von um die drei Prozent ist für Ruanda auf Dauer zu wenig. Die Wirtschaft war in den vergangenen Jahren Raten von mehr als acht Prozent gewohnt, und damit eine der dynamischsten in Afrika. Die Aussichten, an diese Erfolgsgeschichte bald wieder anknüpfen zu können, stehen jedoch nicht schlecht. Dafür dürfte die wirtschaftsfreundliche Politik der Regierung unter Präsident Paul Kagame sorgen, die ausländische Geberorganisationen kräftig finanziell unterstützt.
Die Geber unterstützen Ruanda auch beim Erhalt seiner Klein- und Mittelständischen Unternehmen während der Pandemie. Zu den Maßnahmen zählen vergünstigte Darlehen, die Verlängerung von Zahlungszielen für Kredite sowie Steuererleichterungen. Sie sollen im Rahmen des Economic Recovery Plan im Jahr 2021 weitergeführt werden. Vonseiten der Unternehmen werden die Unterstützungsmaßnahmen als sehr hilfreich beschrieben.
Im Jahr 2021 dürfte insbesondere der für Ruanda wichtige Handel und Transport wieder zunehmen. Ruanda bezieht einen beträchtlichen Teil seiner Konsumgüter aus dem Ausland über die Grenze zu Tansania. Auch ist mit einem Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion von Kaffee und Tee für den Export zu rechnen, nachdem die Nachfrage in Übersee 2020 vorübergehend zurück ging. Frühestens zur Jahresmitte 2021 ist mit einer Zunahme von Konferenzen, Geschäftsreisen, Safaris und einer Erholung des Tourismus zu rechnen.
Indikator | 2019 | 2020 | Vergleichsdaten Deutschland 2019 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 10,1 | 11,2 | 3.854,4 |
BIP pro Kopf (US$) | 816,4 | 823,4 | 46.385 |
Bevölkerung (Mio.) | 12,6 | 13,0 | 83,1 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ... Ruanda-Franc (F.Rw)) | 1.006,9 | 1.073,4 | - |
Pandemiebedingt dürften sich private Investitionen 2021 in Grenzen halten. Mittelfristig jedoch sieht es besser aus. Die Regierung heißt Investoren willkommen und wirbt insbesondere in den Bereichen Hortikultur, Bergbau, der Montage von technischen Anlagen oder Outsourcing/Callcenter. Im Jahr 2020 wurde der kommerzielle Anbau von Cannabis für den Export legalisiert. „Leuchtturmprojekte“, wie die Montage von VW sowie von Mara-Smartphones in Kigali bescherten Ruanda zuletzt internationale Aufmerksamkeit als Investitionsstandort.
Von staatlicher Seite dominieren geberfinanzierte Infrastrukturmaßnahmen. Partnerschaften mit China, der Türkei, Katar und Israel gewannen in den vergangenen Jahren an Bedeutung. Deutschland gehört mit jährlich etwa 30 Millionen Euro zu den größeren Gebern. Allerdings stieg die Staatsverschuldung Ruandas in den vergangenen Jahren stetig an, sodass Geber bestimmte Projekte wie den teuren Bau des neuen Flughafens Bugesera zunehmend kritisch sehen.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
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Bugesera International Airport | 1.300 | Erste Phase seit 2017 im Bau; Fertigstellung soll 2025 sein | 2019 hat Qatar Airways 60% der Anteile übernommen; die portugiesische Mota-Engil, welche den Bau begonnen hat und eine Betreiberlizenz über 25 Jahre erhielt, ist nicht mehr am Projekt beteiligt
|
Ruzizi III Hydropower Plant | 650 | Finanzierung soll bis 2021 geklärt sein; geplante Fertigstellung 2026 | Kapazität: 147 MW; neben Ruanda sind Burundi und Kongo am Projekt beteiligt; Finanzierung über Weltbank, EU, African Development Bank |
Rusumo Hydropower Plant | 468 | Im Bau; antizipierte Fertigstellung 2021 | Kapazität: 80 MW; Finanzierung: Weltbank, AfDB; Gemeinschaftsprojekt von Ruanda, Burundi und Tansania; Auftragnehmer: CGCOC-Jiangxi Water & Hydropower Construction Company Joint Venture; beteiligt ist u.a. Andritz Hydro (Österreich) |
Peat-to-Power Plant | 350 | Im Bau; geplante Fertigstellung Anfang 2020 | Kapazität: 80 MW; Standort: Gisagara-Bezirk; Entwickler und Betreiber ist HQ Power, ein Unternehmen der türkischen Hakan AS |
Methangas-Abfüllanlage am Kivu-See | 400 | Absichtserklärung mit ruandischer Regierung 2019 unterzeichnet | Entwickler: Gasmeth (US-nigerianisch-ruandisches Joint Venture) |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten unter www.gtai.de/ruanda, „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“.
Obwohl die Geldüberweisungen der Diaspora wieder zunehmen und den Konsum beleben dürften, werden die Konsumenten angesichts der weiter schwierigen Wirtschaftslage kaum zu größeren Anschaffungen neigen. Weiterhin ist mit einer hohen Inflation von über zehn Prozent zu rechnen. Viele Konsumgüter müssen aus dem Ausland importiert werden und werden durch die pandemiebedingten Transportrestriktionen deutlich teurer.
Insgesamt ist der ruandische Verbrauchsgütermarkt von geringer Größe, weshalb er von vielen ausländischen Zulieferern im regionalen ostafrikanischen Kontext bedient wird. Während der Großteil der Bevölkerung über eine geringe Kaufkraft verfügt, entwickelt sich in der Hauptstadt Kigali eine Mittelschicht, die sich importierte Produkte leisten kann. Jedoch existiert ein professioneller Einzelhandel als Vertriebskanal bislang nur eingeschränkt. Es gibt ausschließlich kleinere Supermärkte zum Beispiel der Kette Simba, aber noch keine ausländischen Investoren in diesem Bereich.
Ruanda ist innerhalb Subsahara-Afrikas ein kleiner wenn auch wachsender Absatzmarkt für deutsche Waren. Selbst im Corona-Jahr 2020 sieht es nach einer Steigerung der Ausfuhren aus. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden bis einschließlich Oktober Waren im Wert von 58,8 Millionen Euro aus Deutschland geliefert. Das entspricht einem Zuwachs von etwa 17 Prozent im Vergleich zu 2019. Schon in den Vorjahren stieg der Wert kontinuierlich an.
Geliefert werden aus Deutschland vor allem Kraftfahrzeuge, Nahrungsmittel, Maschinen und Chemikalien. Die Importe nach Ruanda kommen vor allem über den tansanischen Hafen Daressalam mitunter auch über den kenianischen Hafen Mombasa via Uganda. Aufgrund der Pandemie bestehen an den Grenzen nach wie vor verschärfte Kontrollen, verbunden mitunter mit längeren Wartezeiten. Diese verlängern die Lieferzeit und verteuern importierte Güter nach Ruanda.
2019 | 2020 | Veränderung 2020/19 | |
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Importe | 2.089,4 | 1.821,9 | -12,8 |
Exporte | 1.269,0 | 810,6 | -36,1 |
Handelsbilanzsaldo | -820,4 | -1.011,3 | - |