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Wirtschaftsausblick | Slowakei

Exporte und hausgemachte Risiken bremsen slowakische Konjunktur

Die Zuwachsraten in der Slowakei fallen niedriger aus als in der Vergangenheit. Der schwache Export und die hohe Steuerlast belasten das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Top-Thema: US-Zölle würden die Kernbranche hart treffen

Der drohende Handelskrieg mit den USA wird in der Slowakei besonders aufmerksam verfolgt. Nach Einschätzung der Nationalbank NBS wäre das Land unter den Volkswirtschaften in Mittelosteuropa am stärksten von Trumps Strafzöllen betroffen. Die US-Nachfrage sichert fast 3 Prozent der Beschäftigung in der Slowakei und 2,4 Prozent der Bruttowertschöpfung. 

Besonders bei Volkswagen in Bratislava und bei Jaguar Land Rover in Nitra laufen viele Luxusautos für den amerikanischen Markt vom Band. Laut Industrieverband APZD (Asociácia priemyselných zväzov a dopravy) exportiert die Slowakei jährlich rund 100.000 Pkw in die USA. Bei höheren Zöllen könnte diese Zahl um 20.000 sinken. 

Zudem verzeichnet die Slowakei starke US-Exporte von Reifen, Werkzeugmaschinen, Wälzlagern und Pumpen. Vom Handelskrieg indirekt betroffen wären Kfz-Zulieferer, Metallverarbeiter und Kunststoffhersteller. Wenn durch die Zusatzzölle 20.000 gut bezahlte Jobs in der Gesamtwirtschaft wegfallen, dann leiden darunter auch der Einzelhandel, Dienstleistungen und die Bauwirtschaft. Nationalbank-Gouverneur Peter Kažimír warnt vor den Folgen für die Stimmung der Verbraucher. Im schlimmsten Falle könnte das Wirtschaftswachstum 2026 um 1,6 Prozentpunkte niedriger ausfallen.

Wirtschaftsentwicklung: Schwache Exporte drücken die Stimmung der Industrie

Die Wirtschaft in der Slowakei wächst nur noch halb so stark wie im Durchschnitt der 20 Jahre seit dem EU-Beitritt (3,3 Prozent). Für 2025 erwartet die EU-Kommission laut ihrer Maiprognose einen Zuwachs von 1,5 Prozent und für 2026 von 1,4 Prozent. 

Besonders die schwächelnden Exporte tragen zu einer langsameren Konjunkturdynamik bei. Die einheimische Wirtschaft steht zudem durch das Konsolidierungspaket der Regierung unter Bedrängnis, das dieses Jahr in Kraft getreten ist. Den Firmen machen die höhere Körperschaftsteuer und die Finanztransaktionssteuer zu schaffen.

Der vom Statistikamt ermittelte Vertrauensindex der Industrie lag im Mai 2025 weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Das Produktionsvolumen sank in den ersten Monaten des Jahres.

Getrübte Stimmung in mehreren Branchen

Starke Rückgänge meldeten die Hersteller von Metallerzeugnissen, chemischen Produkten und Maschinen. Allerdings sind die Aussichten nicht durchweg schlecht: Die Autoindustrie, Pharmahersteller und die Elektronikbranche erreichen weiterhin zweistellige Produktions- und Auftragszuwächse.  

Bei einzelnen Unternehmen zeigt sich die Krise der Industrie aber deutlich. Das größte Stahlwerk in Košice schrieb 2024 Verluste von knapp 100 Millionen Euro. Die US-Einfuhrzölle auf Stahl setzen den Standort nun weiter unter Druck. 

Auch die Schuhindustrie verliert an Boden. Der dänische Hersteller Ecco schließt sein Werk in Martin, der deutsche Sportschuhspezialist Lowa zieht sich aus Handlová zurück. Gabor kündigte größere Entlassungen in Bánovce nad Bebravou an, und Honeywell stellt die Produktion von Spezialschuhen und technischen Handschuhen ein.

Slowakische Bevölkerung schrumpft

Neben den unklaren Wachstumsaussichten der Industrie hat die Slowakei mit demografischen und finanziellen Problemen zu kämpfen. Die Einwohnerzahl schrumpfte 2024 zum vierten Mal in Folge, die Alterung der Bevölkerung schreitet voran. 

Das Haushaltsdefizit war 2024 das viertgrößte in der EU und bleibt trotz des Konsolidierungspakets hoch. Dazu tragen vor allem die Zahlung einer 13. Monatsrente sowie höhere Ausgaben für das Gesundheitswesen und Militärgehälter bei. Für 2026 sieht die EU-Kommission laut ihrem jüngsten Länderreport das Defizit bei über 5 Prozent des BIP, was die finanziellen Spielräume des Staates einschränkt.

Der slowakische Arbeitgeberverband machte der Regierung im Mai 2025 mehrere Vorschläge zur Schuldenreduzierung. Dazu gehören eine Verschlankung des öffentlichen Dienstes, die Streichung von zwei Feiertagen sowie die Aussetzung der Frühverrentung. Premierminister Robert Fico lehnte die Vorschläge jedoch ab.

Konsum und Investitionen stützen Konjunktur

Wichtigster Wachstumstreiber bleibt der Privatkonsum. Er leidet zwar unter der hohen Inflation von über 3 Prozent, die durch die Anhebung der Mehrwertsteuer verursacht wurde. Doch die Arbeitslosenquote sinkt weiter, und die Reallöhne wachsen 2025 voraussichtlich um 1,5 Prozent.

Noch schneller steigen die Bruttoanlageinvestitionen. Das Finanzministerium rechnete in seiner Februarprognose mit einem realen Zuwachs um 8,9 Prozent für 2025; die EU-Kommission sagt ein Plus von 3,6 Prozent voraus. Gründe für den Anstieg sind höhere Abrufe aus den Wiederaufbauplan und anderen EU-Fonds sowie steigende Rüstungsausgaben.

Deutsche Perspektive: Weniger Bedarf an Maschinen und Metallerzeugnissen

Der deutsch-slowakische Warenaustausch schrumpfte 2024 leicht. Dennoch verbesserte sich die Slowakei auf Platz 18 der wichtigsten deutschen Handelspartner. Die über 38 Milliarden Euro Handelsvolumen bedeuteten laut Destatis das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten. Im 1. Quartal 2025 ging es sogar wieder bergauf: Die deutschen Exporte in die Slowakei stiegen um fast 5 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode, die Importe um mehr als 6 Prozent.

Zum Rückgang der deutschen Lieferungen haben 2024 vor allem einige Maschinengruppen wie Heiz- und Kühlgeräte oder Pumpen beigetragen, außerdem elektrische Maschinen, Eisen und Stahlerzeugnisse. Zuwächse gab es bei Kfz-Teilen, Fahrzeugen und Kraftmaschinen wie Kesselanlagen, Turbinen und Motoren.

Die Aussichten für ihr eigenes Geschäft in der Slowakei bewerten deutsche Unternehmen zurzeit so schlecht wie lange nicht. Nur 22 Prozent erwarten für 2025 eine positive Entwicklung, 40 Prozent gehen von einem schlechteren Ergebnis aus als im Vorjahr. Das zeigte die Konjunkturumfrage der AHK Slowakei. Nur eine von sechs deutschen Firmen will ihre Investitionsausgaben erhöhen. Kritisiert wird vor allem die aktuelle Wirtschaftspolitik und die gestiegene Steuerlast.

Weitere Informationen (zum Beispiel Rechtsinformationen oder Branchenberichte) finden Sie auf unserer Länderseite Slowakei.

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