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Wirtschaftsausblick I Tadschikistan

Konsum und Investitionen beflügeln tadschikische Wirtschaft

Tadschikistans Wirtschaft legt 2024 voraussichtlich um etwa 7 Prozent zu. Konjunkturtreiber sind der Privatverbrauch und ein ehrgeiziges Industrieprogramm.

Von Uwe Strohbach | Duschanbe

Top-Thema: Neue Industrieoffensive kommt in Schwung

Die Regierung Tadschikistans hat eine neue Industrialisierungsinitiative gestartet. Die dafür benötigten Maschinen und Anlagen muss das Land importieren. Eine eigene Fertigung gibt es nicht. 

Im Zeitraum 2022 bis 2026 sollen 870 zumeist kleine und mittlere Betriebe eröffnet werden. Im Fokus stehen die Branchen Nahrungsmittel-, Textil-, Bekleidungs-, Leder-, pharmazeutische und Baustoffindustrie sowie Metallverarbeitung. Mehr als 150 Betriebe nahmen ihre Tätigkeit schon auf oder befinden sich in der Fertigstellungsphase. 

Die Initiative sieht vor, die jährliche Industrieproduktion von 3,9 Milliarden US-Dollar (2022) auf etwa 8 Milliarden US$ (2026) zu verdoppeln. Der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll von 17 Prozent auf 26 Prozent steigen.

Wirtschaftsentwicklung: Hohes Wachstum basiert auf breiter Basis 

Für 2023 und 2024 rechnet die Regierung mit einer Steigerung des BIP um jeweils 7,8 Prozent. Die Volkswirte von Geberbanken sind ähnlich optimistisch und erwarten bis zu 7 Prozent Wachstum. Die Prognosen stützen sich dabei auf positive Aussichten beim Konsum, der Land- und Bauwirtschaft, der verarbeitenden Industrie, den Investitionen und dem Tourismus. 

Doch die erwarteten Wachstumsraten sind kritisch zu betrachten. Sie basieren auf einer geringen Ausgangsbasis. Angesichts der schwachen Leistungskraft der Wirtschaft und einer wachsenden Bevölkerung, die jährlich fast um 2 Prozent ansteigt, sind die Zuwächse kein Garant für eine wirkliche Verbesserung der sozioökonomischen Lage. 

Tadschikistan zählt, gemessen am erwirtschafteten BIP pro Einwohner (2023: 1.200 US$), zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Die Wirtschaft ist stark abhängig von internationalen Geldern und Rücküberweisungen der im Ausland arbeitenden Staatsbürger. Die jährlichen Transfers entsprechen etwa einem Drittel des BIP. Im Jahr 2022 stieg diese Quote nach Angaben der Weltbank sogar auf 49 Prozent an. Demgegenüber steht eine wenig diversifizierte Industrie. Die Rahmenbedingungen für private Unternehmen bleiben aufgrund unzureichender Liberalisierungsfortschritte schwierig. Eine Übersicht über die Standortfaktoren Tadschikistans bietet unsere SWOT-Analyse.

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Investitionen haben noch viel Luft nach oben

Die Bruttoanlageinvestition legen seit 2021 wieder real zu, sind aber volumenmäßig gering. Schätzung für 2023 gehen von 1,6 Milliarden US$ aus. Gut ein Drittel des jährlichen Investitionsvolumens entfällt auf haushaltsfinanzierte oder kofinanzierte Projekte. Schwerpunkte sind der Straßenbau und die Energiewirtschaft. Die größte Baustelle des Landes ist das milliardenschwere Wasserkraftwerk Rogun, an dem seit 2008 wieder gearbeitet wird. Für das Megaprojekt rührt Tadschikistan jetzt verstärkt bei Geberbanken die Werbetrommel für Kofinanzierungen. 

Die Privatwirtschaft steht für 20 bis 25 Prozent der jährlichen Investitionen. Sie profitiert von Programmen zur Förderung der Importsubstitution.

Kaufkraft verharrt auf niedrigem Niveau 

Im Ranking der Kaufkraft belegt Tadschikistan unter allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion den letzten Platz. Eine hohe Armut und Arbeitslosigkeit sowie geringe Löhne von gerade einmal 160 US$ im Monat (Durchschnitt des 1. Halbjahres 2023) schränken die Absatzchancen für westliche Konsumgüter deutlich ein. Die Armut spiegelt sich auch in dem geringen Urbanisierungsgrad des Landes wider. Nur 27 Prozent der Bevölkerung leben in Städten. 

Die monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben betrugen 2022 rund 80 US$. Gut 60 Prozent ihres Geldes geben die Haushalte für Nahrungmittel aus. Steigende Lebensmittelpreise sind für sie eine große Belastung. Eine wesentliche Stütze des Konsums sind die Geldüberweisungen tadschikischer Gastarbeiter aus Russland. 

Importbelebung setzt sich fort 

Der Privatverbrauch, das Baugewerbe und Investitionen kurbeln die Importe an. Für 2024 ist ein weiteres Anziehen zu erwarten. In den ersten neun Monaten 2023 legten die Bezüge um 10 Prozent auf 4,2 Milliarden US$ zu. Stark stiegen die Einfuhren von Transportmitteln (+90 Prozent) sowie Maschinen und Ausrüstungen (+20 Prozent). Die größten Anteile am Import hatten in jenem Zeitraum Russland (26,7 Prozent), China (20,8 Prozent) und Kasachstan (14,8 Prozent). Deutschland belegte Rang 5 unter den Liefernationen (3,7 Prozent). 

Bei den Exporten erwartet die Regierung für 2024 eine Konsolidierung auf einem Niveau von etwa 2 Milliarden US$, nachdem die Ausfuhren in den ersten neun Monaten 2023 um 40 Prozent auf nur noch 1 Milliarde US$ eingebrochen sind. Hauptgründe sind der vorläufige Stopp von Goldausfuhren und gesunkene Lieferungen von Baustoffen, Baumwollfasern und Primäraluminium. Die wichtigsten Abnehmer waren in jenem Zeitraum Kasachstan (22 Prozent), China (20,4 Prozent) und Usbekistan (12,7 Prozent). 

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Deutsche Perspektive: Infrastrukturprojekte und Importablösung bieten Geschäftschancen 

Geschäftschancen für deutsche Firmen ergeben sich bei staatlichen und überwiegend international finanzierten Projekten, vor allem in den Bereichen Verkehrswege, Energie, Kommunalwirtschaft, Agrarproduktion, Wasserwirtschaft, Gesundheit und Bildung. Lieferchancen bieten auch zunehmende Aktivitäten privater Firmen für den Ausbau ihrer Kapazitäten, darunter insbesondere im verarbeitenden Gewerbe. 

Die deutschen Exporte nach Tadschikistan zeigen, basierend auf einem geringen Ausgangsniveau, seit 2022 nach oben. Sie stiegen in diesem Jahr um 70 Prozent auf 57 Millionen Euro und in den ersten neun Monaten 2023 um 90 Prozent auf 68 Millionen Euro. Geliefert werden vorrangig Maschinen und Ausrüstungen, Fahrzeuge und chemische Erzeugnisse. Die deutschen Importe aus Tadschikistan sind vernachlässigbar. 

Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite Tadschikistan unter den Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".

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