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Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsausblick | Taiwan
Die taiwanische Wirtschaft hat sich als krisenresistent erwiesen. Trotz Handelskonflikts und Coronakrise bleibt das BIP-Wachstum der Insel im grünen Bereich.
02.12.2020
Von Alexander Hirschle | Taipei
Die taiwanische Wirtschaft kam relativ ungeschoren durch die Coronakrise. Nach einem Abflauen der Aktivitäten im 1. Halbjahr 2020 zog das Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) im 3. Quartal ersten Schätzungen zufolge schon wieder um 3,3 Prozent im Vergleich mit der Vorjahresperiode an. Die offiziellen Vorhersagen waren nur von einer Steigerung um rund 2 Prozent ausgegangen.
Nach Angaben der Regierungsorganisation Directorate-General of Budget, Accounting and Statistics könnte daher die Prognose der Regierung für das Gesamtjahr 2020 von 1,6 Prozent sogar übertroffen werden und das BIP-Wachstum Ende 2020 fast 2 Prozent erreichen. Andere Organisationen schraubten im Herbst 2020 ihre Schätzungen nach oben. Die DSB Bank beispielsweise revidierte Anfang November ihre Vorhersage einer Stagnation auf ein Plus von 1,8 Prozent.
Das Taiwan Institute of Economic Research erhöhte seine Prognose von 1,8 auf 1,9 Prozent und sieht für 2021 sogar ein Wachstum von 4,1 Prozent voraus. Dies würde der höchsten BIP-Steigerung seit mehr als einer Dekade entsprechen. Als treibende Faktoren sollen neben Basiseffekten die weiterhin starke Nachfrage nach Halbleitern, die Anpassung der internationalen Lieferketten, die Investitionen im Bereich erneuerbare Energien und der Ausbau von 5G fungieren.
Taiwan profitiert davon, dass es die Coronapandemie medizinisch hervorragend in den Griff bekommen hat. Geschäfte und Fabriken blieben größtenteils geöffnet. Aus diesem Grund brachen der private Konsum und die Produktion nicht ähnlich stark wie in anderen Ländern ein. Im Gegenzug profitierte die taiwanische Wirtschaft von einer stark erhöhten Nachfrage nach Elektronikprodukten und hofft, sich bei einer Rejustierung der Lieferketten als guter Standort für internationale Direktinvestitionen positionieren zu können.
Indikator | 2018 | 2019 | Vergleichsdaten Deutschland 2019 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 608 | 611 | 3.854 |
BIP pro Kopf (US$) | 25.792 | 25.909 | 46.385 |
Bevölkerung (Mio.) | 23,6 | 23,6 | 83,1 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ... Neue Taiwan-Dollar (NT$)) | 30,2 | 30,9 | - |
Die Bruttoanlageinvestitionen haben 2020 an Dynamik verloren nach einem starken Anstieg von mehr als 9 Prozent im Vorjahr. Dennoch ist das voraussichtliche Plus von 4,7 Prozent mitten in der Pandemie weiterhin respektabel. Allerdings hat sich eine starke Verlagerung von privaten Anlageinvestitionen, die nur noch um 2,4 Prozent zulegen dürften, in Richtung öffentliche Engagements vollzogen.
Die ausländischen Direktinvestitionen gingen bis September 2020 hingegen um fast 20 Prozent zurück, was unter anderem auf eine sehr starke Vorjahresbasis zurückzuführen ist. Das erfolgreiche Programm zur Förderung von Reinvestitionen taiwanischer Firmen aus China läuft bis 2021 weiter. Bis Oktober 2020 wurden mehr als 200 Projekte im Gesamtwert von 26,5 Milliarden US-Dollar angekündigt. Die Regierung setzt ihre Hoffnung darauf, dass im Zuge der Coronakrise und im Rahmen des Handelskonflikts weitere Firmen ihre Lieferketten diversifizieren und Taiwan künftig als stabilen Standort nutzen werden.
Projekt | Investitionssumme (Mrd. US$) *) | Projektstand | Anmerkung |
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Taichung Power Plant | 4,1 | Baubeginn 2018, Inbetriebnahme 2027 | Ausbau des Kraftwerks auf Flüssigerdgasbasis durch Taipower |
Hsieh-ho Power Plant | 4,1 | Baubeginn 2018, Inbetriebnahme 2032 | Ausbau/Modernisierung auf Flüssigerdgasbasis durch Taipower |
Tatan Power Plant | 3,9 | Baubeginn 2017, Inbetriebnahme 2026 | Ausbau durch Taipower |
Abwassersysteme | 3,6 | Bauphase: 2021-2026 | Entwicklung von Abwassersystemen |
Hsinta Power Plant | 3,6 | Baubeginn 2018, Inbetriebnahme 2028 | Ausbau/Modernisierung auf Flüssigerdgasbasis durch Taipower |
Taoyuan Airport Terminal 3 | 3,4 | Baubeginn 2015, Inbetriebnahme 2024 | Neues Terminal des Taiwan Taoyuan International Airport |
5-GW-Offshore-Windenergie | 2,0 | Baubeginn 2019, Inbetriebnahme 2025 | Phase 2 des Ausbauprogramms |
Kaohsiung Port | 1,8 | Baubeginn 2017, Inbetriebnahme 2024 | Ausbau Container-Center und Dalin Petrochemical Storage Terminal; Taiwan International Ports Corporation |
Drittes Flüssigerdgasbasisempfangsterminal | 1,8 | Bauphase: 2021-2030 | Phase 2 des Ausbauprogramms; CPC Corporation |
Taichung Port | 1,7 | Bauphase: 2021-2028 | Phase 4 des Ausbauprogramms; Taiwan International Ports Corporation |
Der private Konsum durchlief im 1. Halbjahr 2020 bedingt durch die Auswirkungen des Coronaviruses ein leichtes Tal. Einige Segmente mussten im Frühjahr heftige Umsatzeinbußen hinnehmen, allen voran Gastronomie und Tourismus. Da es in Taiwan jedoch zu keinem Lockdown kam, erholten sich große Teile des Einzelhandels bis zum Herbst wieder. Im 3. Quartal wiesen die Einzelhändler ein Umsatzplus von 4,6 Prozent im Jahresvergleich aus, nicht zuletzt angekurbelt durch die Konjunkturpakete der Regierung - zum Beispiel in Form von Einkaufsgutscheinen.
Der Online-Handel stieg sogar um mehr als 20 Prozent an. Auch Luxusgüter waren stark gefragt, da kaufkräftige Konsumenten ihre Budgets umschichteten und hochwertige Produkte im Inland erwarben, statt wie zuvor ihr Geld für Einkaufstouren oder teure Reisen ins Ausland auszugeben. Der private Konsum wird über das ganze Jahr hinweg dennoch um etwas über 1 Prozent zurückgehen, um dann 2021 den Prognosen zufolge wieder zuzulegen.
Der Außenhandel hat nach einem schwachen Vorjahr auch 2020 keine große Dynamik entwickelt. Doch angesichts der Coronakrise und weltweit wegbrechender Nachfrage sind die Ergebnisse noch als relativer Erfolg zu verbuchen. Die Exporte zeigten in den ersten drei Quartalen 2020 sogar noch um 2,4 Prozent nach oben und sollen bis Jahresende bei einem marginalen Minus von 0,1 Prozent landen. Entscheidend für das gute Abschneiden war die positive Entwicklung bei den Ausfuhren von IT- und vor allem Elektronikerzeugnissen. Diese konnten zweistellig zulegen aufgrund des hohen Bedarfs im Zuge der Digitalisierung.
Dieser Trend soll anhalten, weshalb eine Exportsteigerung von mehr als 6 Prozent für 2021 prognostiziert wird. Die Importe sollen nach einem Rückgang von 1,2 Prozent 2020 im Jahr 2021 ebenfalls ein Wachstum von rund 6 Prozent aufweisen. Die Einfuhren made in Germany konnten bis September 2020 mit einem Plus von rund 7 Prozent Marktanteile gewinnen.
2018 | 2019 | Veränderung 2019/2018 | |
---|---|---|---|
Importe | 284,8 | 285,7 | 0,3 |
Exporte | 334,0 | 329,2 | -1,5 |
Handelsbilanzsaldo | 49,2 | 43,5 | - |