Wirtschaftsumfeld | Südkorea | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Südkorea hat ein kompliziertes Lohnsystem. Erhebliche Gehaltsunterschiede bestehen etwa je nach Art der Beschäftigung und Unternehmensgröße.
18.04.2023
Von Frank Robaschik | Seoul
Löhne und Gehälter
Südkorea ist schon lange kein preiswerter Standort mehr, denn das Land hat mit die höchsten Arbeitskosten in Asien. In einigen Sektoren wie der Kfz-Industrie erreichen die Lohnkosten nach Aussagen von Branchenvertretern ähnliche Werte wie in Deutschland oder in den USA. Gleichzeitig leidet Südkorea unter einer niedrigen Arbeitsproduktivität, die 2021 nur 43 US-Dollar (US$) pro Stunde in Kaufkraftparitäten erreichte. Der Durchschnitt der Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD belief sich im selben Jahr auf 54 US$ pro Stunde. In den Vereinigten Staaten und in Deutschland betrug der Wert sogar 79 US$ beziehungsweise 68 US$ pro Stunde.
Große Gehaltsunterschiede
Das Lohnsystem ist komplex und unübersichtlich. Insbesondere die Vielzahl an Boni und Zulagen erschwert es, die effektive Lohnhöhe zu ermitteln. Traditionell basiert das Entlohnungssystem auf dem Senioritätsprinzip. Je länger ein Arbeitnehmer der Firma angehört, desto höher steigt er in der Hierarchie auf und verdient entsprechend mehr. Dies trifft insbesondere auf Großfirmen (Chaebol) zu. Aber auch Leistungskriterien spielen bei der Entlohnung in südkoreanischen Betrieben eine Rolle.
Allgemein besteht eine hohe Lohnspreizung, insbesondere zwischen Frauen und Männern, zwischen Angestellten von kleinen Firmen und Großunternehmen sowie zwischen regulär und nicht regulär Beschäftigten. So lag der durchschnittliche Lohn bei Firmen ab 300 Beschäftigten 2022 insgesamt 56 Prozent über dem von Mitarbeitern bei Unternehmen mit 5 bis 299 Arbeitnehmern. Frauen verdienten 2021 im Durchschnitt lediglich 66,1 Prozent des Gehalts ihrer männlichen Pendants, pro gearbeitete Stunde waren es 69,3 Prozent.
Mindestlöhne stark gestiegen
Die Regierung Moon (Amtszeit 2017 bis 2022) hob die Mindestlöhne 2018 und 2019 innerhalb von zwei Jahren um 29 Prozent an. Nach unerwünschten Effekten auf den Arbeitsmarkt und starker Kritik erhöhte die Regierung den Mindestlohn 2020 um 2,9 Prozent und 2021 um 1,5 Prozent. Weitere Steigerungen um jeweils 5 Prozent folgten 2022 und 2023 auf 9.620 Won (rund 7,44 US$) pro Stunde im Jahr 2023.
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | |
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nominal (in 1.000 Südkoreanische Won)1 | 3.707 | 3.895 | 4.012 | 4.023 | 4.231 | 4.446 |
nominal (in US$)1, 2 | 3.277 | 3.535 | 3.439 | 3.409 | 3.694 | 3.436 |
reale Veränderung (in Prozent)3 | 1,3 | 3,7 | 3,0 | 0,5 | 2,0 | -0,2 |
Regional wurden im April 2022 in der Hauptstadt Seoul und in der Industriestadt Ulsan die höchsten Löhne gezahlt.
Region | 2022 (in 1.000 Won) | Veränderung | 2022 (in US$)3 |
---|---|---|---|
Seoul | 4.555 | 2,3 | 3.521 |
Ulsan | 4.533 | 4,7 | 3.504 |
Landesdurchschnitt | 4.070 | 2,6 | 3.146 |
Gyeonggi | 4.028 | 2,3 | 3.113 |
Süd-Chungcheong | 4.010 | -1,0 | 3.099 |
Sejong | 3.984 | 3,6 | 3.079 |
Nord-Gyeongsang | 3.954 | 1,8 | 3.056 |
Süd-Gyeongsang | 3.894 | 4,0 | 3.010 |
Süd-Jeolla | 3.866 | 1,6 | 2.988 |
Daejeon | 3.811 | 4,6 | 2.945 |
Nord-Chungcheong | 3.737 | 4,8 | 2.888 |
Incheon | 3.699 | 2,4 | 2.859 |
Busan | 3.639 | 2,1 | 2.813 |
Gwangju | 3.599 | 4,1 | 2.782 |
Nord-Jeolla | 3.526 | 4,6 | 2.725 |
Gangwon | 3.468 | 3,4 | 2.680 |
Daegu | 3.426 | 3,4 | 2.648 |
Jeju | 3.216 | 4,7 | 2.486 |
Nach Branchen betrachtet sind die Löhne vor allem im Finanzwesen und IT-Sektor, bei den staatlichen Versorgern im Wasser- und Strombereich sowie in der Chemie- und Kfz-Industrie hoch. In diesen Bereichen gibt es starke Großunternehmen, in denen höhere Löhne gezahlt werden als in kleinen Firmen.
Branche | 2022 (in 1.000 Won) | Veränderung | 2022 (in US$)3 |
---|---|---|---|
Gesamt | 4.446 | 5,1 | 3.436 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 7.640 | 4,7 | 5.905 |
Telekommunikation | 7.633 | 10,6 | 5.900 |
Gas, Wasser, Elektrizität | 7.107 | 1,9 | 5.493 |
Verarbeitendes Gewerbe, darunter | 4.784 | 5,9 | 3.698 |
Elektronik | 7.040 | 7,4 | 5.441 |
Chemische Industrie | 5.489 | 6,6 | 4.243 |
Kfz-Industrie | 5.445 | 7,8 | 4.208 |
Pharmaindustrie | 4.724 | 2,2 | 3.651 |
Elektrotechnik | 4.491 | 4,5 | 3.471 |
Maschinenbau | 4.300 | 5,2 | 3.323 |
Textilindustrie | 3.670 | 7,9 | 2.836 |
Nahrungsmittelindustrie | 3.613 | 6,7 | 2.793 |
Handel | 4.608 | 6,9 | 3.562 |
Bauwirtschaft | 4.452 | 4,2 | 3.441 |
Gesundheitswesen | 4.385 | 4,0 | 3.389 |
Transport | 4.209 | 6,6 | 3.253 |
Bildungswesen | 3.918 | 1,9 | 3.028 |
Immobilienbranche | 3.412 | 3,9 | 2.637 |
Hotels und Gastronomie | 2.900 | 7,1 | 2.241 |
Ausländische Firmen nicht per se beliebte Arbeitgeber
Ähnlich wie die Sozialleistungen fallen in ausländischen Unternehmen auch die Löhne und Gehälter unter Umständen etwas höher aus als die durchschnittlichen Leistungen in vergleichbaren mittelständischen südkoreanischen Firmen. Grund ist, dass sie meist kleiner sind und deshalb weniger Karrierechancen bieten. Außerdem müssen Mitarbeiter als zusätzliche Qualifikation oft Sprachkenntnisse mitbringen. Verallgemeinernde Angaben zur Höhe der Einkommen sind schwierig, da teilweise beträchtliche Unterschiede je nach Branche und je nach Unternehmen bestehen.
Der Wechsel südkoreanischer Arbeitnehmer zu ausländischen Firmen ist aber nicht ausgeschlossen. Ein Grund für die relative Attraktivität internationaler Arbeitgeber liegt neben den Karrierechancen im Ausland darin, dass ein Angestellter dort im Gegensatz zu lokalen Unternehmen bei guter Leistung verhältnismäßig schneller finanziell belohnt werden kann. Des Weiteren punkten ausländische Firmen mit einer positiven Markenreputation, besseren Sozialleistungen und einer höheren Work-Life-Balance.
Position | 2022 (in 1.000 Won)1 | 2022 (in US$) 2 |
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Geschäftsführung | 22.346 | 17.271 |
Vertriebsleiter/Kundendienstleiter | 9.820 | 7.590 |
IT-Fachmann | 5.408 | 4.179 |
Ingenieur | 5.257 | 4.063 |
Buchhaltung | 3.406 | 2.633 |
Sekretariat3 | 2.737 | 2.115 |
Kraftfahrer | 2.727 | 2.108 |
Viele Zusatzleistungen
Ähnlich wie bei südkoreanischen Betrieben gibt es auch bei ausländischen Unternehmen eine Vielzahl freiwilliger geldwerter Leistungen. Meist fließen diese Leistungen nicht in die reinen Lohn- und Gehaltstabellen ein, treiben die Einkommen aber erheblich nach oben. Sie umfassen unter anderem Zuschüsse für Wohnung, Schulausbildung der Kinder, Essen und Fahrten, regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen sowie familiäre Ereignisse. In manchen Fällen schließt der Arbeitgeber für den Angestellten eine Krankenzusatzversicherung ab, die Familienmitglieder einbezieht.
Sozialversicherungsbeiträge
Die Beiträge für die Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung sind jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entrichten. Die Beteiligung an der Beschäftigungs- und Fortbildungs- sowie der Unfallversicherung muss der Arbeitgeber hingegen alleine tragen. Ausländische Mitarbeiter können sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien lassen, wenn sie eine bestehende private Krankenversicherung im Ausland nachweisen.
Art der Sozialversicherung | Arbeitgeber | Arbeitnehmer |
---|---|---|
Arbeitslosenversicherung | 0,9 | 0,9 |
Beschäftigungs- und Fortbildungsversicherung1 | 0,25 bis 0,85 | - |
Krankenversicherung | 3,545 | 3,545 |
Pflegeversicherung2 | 0,454 | 0,454 |
Rentenversicherung | 4,5 | 4,5 |
Unfallversicherung3 | 1,53 | - |
Neben dem System der gesetzlichen Rente schreibt der Labor Standards Act ein zusätzliches Altersruhegeld vor (Retirement Allowance). Dessen Mindestbetrag berechnet sich grob aus einem Monatsgehalt pro Jahr, das der Arbeitnehmer im Unternehmen tätig war. Es ist innerhalb von 14 Tagen nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers zu zahlen. Seit April 2022 muss die Zahlung auf ein individuelles Altersruhegeldkonto erfolgen (Individual Retirement Pension Account). Frühestens ab einem Alter von 55 Jahren kann sich der ausgeschiedene Mitarbeiter das Geld in Form einer Rente auszahlen lassen. Die Zahlung des Altersruhegelds kann gemäß des Employment Retirement Benefit Security Act durch eine betriebliche Altersvorsorge des Arbeitgebers ersetzt werden.
Details zur betrieblichen Altersvorsorge und zum Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Südkorea finden Sie im Beitrag "Lohnnebenkosten sind mehr als nur Sozialversicherungsbeiträge".
Anmerkung: Die Ausführungen zu Sozialversicherungsbeiträgen basieren teilweise auf den Publikationen der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) Korea "Firmengründung und Niederlassungsrecht" und "Arbeitsrecht in Korea" sowie auf dem "International Labour & Employment Handbook" der Kanzlei Yulchon LLC.