Wirtschaftsumfeld | Äthiopien | Investitionsklima
Investitionsklima wird langsam besser
Trotz schwieriger Umstände gibt es für ausländische Investoren lukrative Bereiche in Äthiopien. Vor allem chinesische Unternehmen oder Akteure aus dem Mittleren Osten sind aktiv.
05.09.2025
Wer in Äthiopien investieren möchte, muss aktuell eine Portion Risikobereitschaft mitbringen und/oder eine beruhigende Kapitalausstattung. Die Entwicklung der weltweiten ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) zeigt indes, dass das Land am Horn von Afrika ein interessanter Investitionsstandort sein kann. Zwischen 2016 und 2024 flossen im Jahr durchschnittlich etwa 3,5 Milliarden US-Dollar an FDI nach Äthiopien. Das ist deutlich mehr, als nach Kenia oder die anderen ostafrikanischen Märkte geflossen ist. Die Investoren kommen aber aus anderen Regionen, vor allem aus China oder dem Mittleren Osten.
Im Telekommunikationsbereich baut die kenianische Safaricom gerade das zweite Mobilfunknetz auf. Darüber hinaus von Interesse sind die Produktion von Baustoffen und Konsumgütern (insbesondere Nahrungsmittel). Mehr ausländische Investitionen wünscht sich die Regierung in der Landwirtschaft, der Industrie sowie im Bergbau. Alle diese Bereiche verfügen über Potenzial.
Die schlechte Wirtschaftslage mit chronischem Devisenmangel war in den letzten Jahren ein Hauptgrund für ausbleibende Investitionen. Seit der Flexibilisierung des Wechselkurses Mitte des Jahres 2024 hat sich die Devisenverfügbarkeit deutlich verbessert. Auch andere Indikatoren, wie die Inflation sehen nicht mehr ganz so dramatisch aus, wie noch vor kurzer Zeit. Der Wirtschaftsausblick Äthiopien wird regelmäßig aktualisiert und bietet hierzu aktuelle Informationen.
Handelsniederlassung kann nun von Ausländern eröffnet werden
Fortschritte beim Investitionsklima bringt auch die Öffnung und Liberalisierung der Wirtschaft durch die äthiopische Regierung. Für Firmen, die mit ihren Produkten auf den großen Markt kommen möchten, ist die Öffnung des Handels für Ausländer eine wichtige Neuerung. Veröffentlicht wurde hierzu Ende Mai 2025 die Direktive mit dem langen Namen "Ethiopian Investment Board Directive to Regulate Foreign Investors‘ Participation in Restricted Export, Import, Wholesale and Retail Trade Investments".
Demnach können ausländische Unternehmen nun eigene Vertriebsniederlassungen öffnen. Erstmals können auch internationale Supermarktketten auf den Einzelhandelsmarkt treten. Bislang wurden Importlizenzen nur an Äthiopier vergeben. Daher benötigten zum Beispiel deutsche Zulieferer in der Regel einen äthiopischen Partner. Aktuell sind in Äthiopien nur wenige deutsche Unternehmen präsent, überwiegend mit Repräsentanzbüros.
Die Rahmenbedingungen für den Handel verbessern sich also. Auch wenn erste Importlizenzen von ausländischen Unternehmen beantragt werden, bleiben sie vorsichtig: Die Regeln sind noch frisch. Wie stabil sie sind oder ob sie wieder gekippt oder eingeschränkt werden, ist schwer einzuschätzen. Vorerst jedenfalls kann die Import- beziehungsweise Business-Lizenz bei der Investitionsbehörde Ethiopian Investment Commission (EIC) beantragt werden.
EIC ist die Anlaufstelle für Investoren
Die EIC ist ohnehin für ausländische Investoren die erste Anlaufstelle. Sie sieht sich als Single-Window-Shop, vergibt Geschäftslizenzen sowie Investitions-, Bau- und Arbeitsgenehmigungen. Bei Bergbau, Energie, Telekommunikation und Luftfahrt sind andere Behörden zuständig.
Ausländische Investoren haben, je nach Standort und Sektor, Anspruch auf Befreiung von der Einkommensteuer für eine Dauer von zwei bis zu sieben Jahren. Diese Anreize gibt es in der Landwirtschaft, im verarbeitenden Gewerbe, der Informationstechnik und der Stromwirtschaft sowie bei einem hohen Exportanteil der Produktion. Investoren in die Erzeugung erneuerbarer Energien müssen vier bis fünf Jahre lang keine Einkommensteuer zahlen.
Industrieparks bieten Anreize
Zusätzliche Anreize bieten Industrieparks. Investoren müssen dort bis zu vier Jahre lang keine Einkommensteuer zahlen, wenn 80 Prozent der Produktion für den Export oder Vorleistungen dafür bestimmt sind. Sie sind auch befreit von Zöllen und anderen Abgaben auf die Importe von Kapitalgütern, Baustoffen und Rohstoffen für die Exportproduktion.
Neben den staatlichen, von der Ethiopian Industrial Parks Corporation verwalteten Einrichtungen gibt es auch private, meist von chinesischen Firmen gemanagte und finanzierte Parks. Dort sind unter anderem eine Reihe von Textilfirmen aktiv, die auch in die EU exportieren. Hinzu kommen "Integrierte Agroindustrieparks" mit Förderungen für Firmen, die dort Agrargüter der jeweiligen Region zu Lebensmitteln verarbeiten. In diesen Zonen siedeln sich allerdings erst zögerlich Firmen an.
Internationale Entwicklungsbanken bieten Fördermaßnahmen
Interessant sind mitunter auch Unterstützungen seitens ausländischer Geberbanken, wie der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG). Diese fördern private Investitionen, die auch der Entwicklung des Landes dienen (Infrastruktur, Umweltschutz, Schaffung vieler Arbeitsplätze etc.).
Für Investoren kann es sich lohnen, mit den Banken Kontakt aufzunehmen, um auszuloten, ob eine Förderung in Frage kommt. Neben der DEG sind in Äthiopien auch die Europäische Investitionsbank (EIB) und die zur Weltbank gehörende International Finance Corporation (IFC) aktiv. Sie alle betreiben ihre regionale Niederlassung für Ostafrika in Kenia.