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Branchen | Brasilien | Chemische Industrie

Markttrends

Nach dem Krisenjahr 2023 bleibt die Nachfrage nach Industriechemikalien schwach. Für Bioethanol, Agrarchemie sowie Farben und Lacke stehen die Zeichen dagegen auf Wachstum.

Von Gloria Rose | São Paulo

Weltweit schwächelt die Chemieindustrie. Brasilien ist keine Ausnahme. Deutlich niedrigere Preise drückten den Umsatz auf dem brasilianischen Markt 2023 um 13,7 Prozent auf ein Volumen von 167,4 Milliarden US-Dollar (US$). Gerechnet in brasilianischen Reais (R$) schrumpften die Umsätze sogar um 16 Prozent. Diese Zahlen gab der Verband der Chemieindustrie Abiquim im Dezember 2023 bekannt.

Am stärksten trugen die Sparten Industrie- und Agrarchemikalien zu dem Rückgang bei. Auch bei synthetischen und künstlichen Fasern ging der Umsatz 2023 zurück. Dagegen verzeichneten Kosmetika, Pharmazeutika sowie Farben und Lacke ein zweistelliges Umsatzwachstum. Der Markt für Reinigungsmittel entwickelte sich ebenfalls positiv. 

47 %

seines Bedarfs an Industriechemikalien importierte Brasilien 2023.

Industriechemikalien in der Krise

Im vergangenen Jahr gingen die Produktion und der Inlandsverkauf der brasilianischen Hersteller von Industriechemikalien um etwa 10 Prozent zurück. Die schwache Nachfrage bringt den Sektor ans äußerste Limit.

Für Plastikharze begann das Jahr 2024 schwach. Schlechter als 2023 könne es jedoch kaum werden, meint Laércio Gonçalves vom Handelsverband Adirplast. Die besten Chancen sieht er für Polyethylenterephthalat (PET). Auch der Branchenverband Abipet ist für den Bereich optimistisch gestimmt. Er prognostiziert einen Anstieg der Nachfrage nach PET um 5 Prozent.

Der Verband der Kunststoffverarbeiter Abiplast erwartet, dass die Produktion seiner Branchenunternehmen im 1. Halbjahr 2024 stagniert und ab dem 2. Halbjahr erneut anzieht. Das stimuliert insbesondere den Markt für Polyvinylchlorid (PVC), der von dem Wachstum im sozialen Wohnungsbau und den Investitionen der Wasserwirtschaft profitiert. Der Markt für Polyethylen (PE) dürfte sich erholen, der für recyceltes PE wächst zweistellig. Möglicherweise wird die Produktion von Kfz und Haushaltsgeräten auch in diesem Jahr stagnieren, was den Markt für Polypropylen (PP) und Polystyrol (PS) weiter bremst.

Das Jahr 2023 war es ein schwieriges Jahr für die verarbeitende Industrie in Brasilien. Infolge der weiterhin hohen Zinsen schwächelt die Nachfrage noch Kapital- und langlebigen Verbrauchsgütern. Die Produktion des verarbeitenden Gewerbes ging um 1 Prozent zurück. Dies führte zu einem Rückgang der Nachfrage nach Industriechemikalien um 1,5 Prozent. Weil die Einfuhr von Industriechemikalien gleichzeitig um nominal 7,8 Prozent zulegte, kletterte der Importanteil in der Sparte 2023 auf ein Rekordniveau von 47 Prozent.

Farben und Lacke im Aufwärtstrend

Für das Jahr 2024 erwartet der Branchenverband Abrafati ein Wachstum des Absatzes von Farben und Lacken um 2 bis 2,5 Prozent, nach einem Plus von 3,4 Prozent auf 1,87 Milliarden Liter im Jahr 2023. Angetrieben wurde die Entwicklung besonders durch den Bereich Immobilienfarben, der mehr als 80 Prozent des Verkaufsvolumens ausmacht. Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage im Südosten Brasiliens legte das Marktsegment 2023 um 3,6 Prozent zu.

Auch der Markt für Kfz-Reparaturlacke sowie für Industriefarben und -lacke entwickelte sich 2023 positiv. Der Absatz stieg um 2 respektive 3,5 Prozent. Dagegen verzeichnete das Segment Fahrzeuglacke an Original Equipment Manufacturer (OEM-Hersteller) einen Rückgang um 1,2 Prozent und liegt damit weiter unter dem Vorkrisenniveau von 2019. 

Preise für Agrarchemie stabilisieren sich

Nach der Rekordernte 2022/2023 erwartet der Agrarverband CNA einen leichten Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion. Die Bruttowertschöpfung des Sektors könnte 2024 um bis zu 1 Prozent abnehmen, nachdem sie im Vorjahr um 15,1 Prozent zugelegt hatte.

Mit bis zu drei Ernten pro Jahr und stets wachsenden Anbauflächen bleibt Brasilien der wichtigste Markt für Pflanzenschutzmittel und der größte Importeur von Düngemitteln weltweit. Allmählich klingen die Verwerfungen auf dem globalen Markt für Agrarchemie ab. Diese hatten gravierende Auswirkungen auf Brasilien. Schließlich muss das Land 90 Prozent der Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel und etwa 85 Prozent der Nährstoffe für Dünger importieren.

Doch mit der Stabilisierung der Lieferketten normalisiert sich der Markt und die Preise sinken. Dies erklärt den Umsatzrückgang bei Agrarchemikalien um 5 Prozent auf 19 Milliarden US$ im Jahr 2023, den der Branchenverband Sindiveg meldet. Die Aussichten für das Erntejahr 2023/24 sind positiv. Branchenexperten erwarten eine Erweiterung der behandelten Agrarflächen um 3,7 Prozent und somit eine weiter steigende Nachfrage.

Noch deutlicher wirkten sich die gesunkenen Preise 2023 auf die Düngemittelsparte aus. Während die Importe um 14 Prozent auf ein Rekordniveau von 39,4 Millionen Tonnen stiegen und der inländische Verkauf um 11,6 Prozent auf 45,8 Millionen Tonnen wuchs, brach der Branchenumsatz um 30 Prozent ein. Die inländischen Produzenten mussten Einbußen hinnehmen. Ihre Produktion sank um 8,8 Prozent, berichtet der Verband ANDA. Für 2024 erwarten die Marktführer Mosaik und Yara ein Wachstum der lokalen Produktion von 2 bis 3 Prozent.

Absatz von Bioethanol soll 2024 um 20 Prozent zulegen

Die Nachfrage nach Bioethanol legte 2023 um 4,5 Prozent auf 16,2 Milliarden Liter zu. Damit blieb das Wachstum hinter dem Zuwachs des Benzinverbrauchs zurück, der um 6,3 Prozent auf 46 Milliarden Liter anstieg. Doch erstmals seit der Pandemie lohnt es sich in Brasilien 2024 wieder mehr, Bioethanol zu tanken. Denn in diesem Jahr vergrößern Steuererhöhungen auf Benzin den Preisvorteil von Biosprit. Entsprechend könnte der Ethanolverkauf 2024 um mehr als 20 Prozent steigen, während der von Benzin leicht sinkt, erwartet das Beratungsunternehmen StoneX.

Brasiliens gesamter Kraftstoffverbrauch stieg 2023 um 4,8 Prozent auf 129,7 Milliarden Liter. Etwa die Hälfte davon entfällt auf Diesel. Angetrieben durch das starke Agribusiness steigt der Dieselkonsum kontinuierlich, im Jahr 2023 um 3,6 Prozent.

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in BrasilienInvestitionssumme in Millionen US-Dollar *)
Akteur / Projekt

Investitionssumme

Projektstand/Anmerkungen
Unigel / Elektrolyseanlage für Stickstoffdünger in Camaçari (Bahia)

1.500

Ankündigung im August 2022; Ausbau in 3 Phasen: bis Ende 2023: 60 Megawatt, bis Ende 2025: 240 Megawatt, bis Ende 2027: 600 Megawatt
Petrobras / Ausbau der Raffinerie RNEST in Ipojuca (Pernambuco)

1.200 bis 1.600

Ankündigung im Januar 2024, Ausbau der Verarbeitungskapazität: bis 2025: Erweiterung um 30.000 Tonnen auf 130.000 Tonnen Rohöl; bis 2028: Verdopplung auf 260.000 Tonnen Rohöl
Petrobras / Fertigstellung der Stickstoffdüngeranlage UFN 3 in Três Lagoas (Mato Grosso do Sul)

1.000

Petrobras sucht Investitionspartner; Bau wurde 2014 zu 80 Prozent fertiggestellt; wegen Abschreibungen/Verfall fehlen heute noch 30 Prozentzur Fertigstellung; Inbetriebnahme bis Ende 2026; Produktionskapazität pro Tag: 3.600 Tonnen Harnstoff/2.200 Tonnen Ammoniak
Atlas Agro Brasil Fertilizantes / Elektrolyseanlage und Stickstoffdüngerfabrik in Uberaba (Minas Gerais)

850

Produktion von 2,5 Gigawattstunden pro Jahr, Baubeginn im 1. Halbjahr 2024, Inbetriebnahme ab 2028
Coamo Agroindustrial / Produktionsanlage von Ethanol aus Mais in Campo Mourão (Paraná)

334

Ankündigung im Dezember 2023
Raízen / Modernisierung der Zuckerrohrverarbeitung zur Produktion von Bioethanol der 2. Generation in Caarapó (Mato Grosso do Sul) 

260

Ankündigung im August 2023
Unipar / Modernisierung der Chlor-Alkali-Produktion in Cubatão (São Paulo)

200

Investition in Produktionseffizienz und Nachhaltigkeit: Vermeidung von 70.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr und Verzicht auf Quecksilber
* in einigen Fällen Umrechnung von Angaben in R$ zum durchschnittlichen Wechselkurs 2023: 1 US$ = 5,00 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

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