Rechtsbericht | Brasilien | Investitionsrecht
Neue Wege für Investitionen und Diversifizierung in Brasilien
Als Reaktion auf Protektionismus bietet Brasilien neue Kreditmöglichkeiten, um die Diversifizierung der Märkte zu fördern.
08.09.2025
Von Dr. Julio Pereira | Berlin
Wie im GTAI-Rechtsbericht Diversifizierung auf brasilianische Art dargestellt, hat die brasilianische Regierung das Programm „Plano Brasil Soberano” (Plan für ein souveränes Brasilien) ins Leben gerufen, das durch die vorläufige Maßnahme Nr. 1.309 vom 13. August 2025 (MP 1.309/2025) eingeführt wurde. Es handelt sich um ein Kontingenz- und Diversifizierungsprogramm mit dem Ziel, die Resilienz der in Brasilien tätigen Unternehmen gegenüber den von den Vereinigten Staaten einseitig verhängten Zöllen zu stärken. Neben dem Steuerrecht wurde auch das Investitionsrecht erheblich geändert. Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über das Investitionsrecht in Brasilien und erörtert die wichtigsten Änderungen, die von in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen zu berücksichtigen sind.
Investitionsrecht in Zeiten von Handelsspannungen
Das Investitionsrecht in Brasilien basiert auf den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Gleichheit und Rechtssicherheit, die in Art. 170 der brasilianischen Verfassung (Constituição da República Federativa do Brasil – CF/88) verankert sind, in dem die Wirtschaftsordnung geregelt ist. Im aktuellen Kontext zielt die MP Nr. 1.309/2025 darauf ab, den vom Bund erlassenen Maßnahmen Sicherheit zu verleihen – insbesondere denen, die sich auf Kreditfazilitäten für Exporteure beziehen. Das zentrale Ziel besteht darin, Unternehmen, die von den einseitigen Zöllen der USA betroffen sind, die im Juli 2025 in Kraft getreten sind, Garantien zu bieten. Die derzeitige Neuregelung des Investitionsrechts in Brasilien steht im Einklang mit den Kompetenzen des Bundes, der in Zeiten externer Instabilität Maßnahmen zum Schutz von Investitionen ergreifen muss.
Wichtigste Vorteile für Unternehmen
Notfallfinanzierung
Die MP1.309/2025 sieht finanzielle Unterstützung für in Brasilien tätige Unternehmen vor, um den Außenhandelsfluss und die Diversifizierung zu gewährleisten. Die MP schafft Notfallfinanzierungen für Betriebskapital, den Erwerb von Investitionsgütern, technologische Innovationen, Produktionsanpassungen und die Erschließung neuer Märkte gemäß Art. 1. Rechtlich gesehen handelt es sich bei diesen Vorteilen um eine Erweiterung des Rechtsrahmens des Exportgarantiefonds (Fundo de Garantia à Exportação – FGE), der durch Art. 27 des Gesetzes Nr. 12.712 von 2012 in die brasilianische Rechtsordnung eingeführt wurde. Es handelt sich also nicht um eine rechtliche Neuerung, sondern um die Weiterentwicklung eines bereits bestehenden Rechtsinstruments.
Umfang der Finanzmittel
Mindestens 40 Milliarden R$ werden Unternehmen in Form von Kreditfazilitäten (linhas de crédito) zur Verfügung gestellt, deren Quellen sind:
- 30 Milliarden R$ (rund 5 Mrd. Euro - Sofortkredit) aus Mitteln des FGE;
- 10 Milliarden R$ (rund 1,66 Mrd. Euro - Euroergänzender Sofortkredit) aus eigenen Mitteln der brasilianischen Entwicklungsbank (BNDES).
Zielgruppe und Förderkriterien
Die Finanzmittel sind für juristische Personen bestimmt, die von den US-Zöllen betroffene Waren exportieren. Die Anspruchsberechtigung hängt vom Prozentsatz des Bruttoumsatzes ab, beginnend im Juli 2025. Wenn der Prozentsatz der Exporte in die USA größer oder gleich 20 Prozent ist, hat das Unternehmen unabhängig von seiner Größe uneingeschränkt Anspruch auf Kredite. In der Praxis kommt dies jedoch vor allem Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen zugute, die in Brasilien mehr Schwierigkeiten haben, Kredite zu erhalten.
Zuständige Behörden und neue Gesetze
Die BNDES (Banco Nacional de Desenvolvimento Economico e Social - BNDES) wurde als Hauptfinanzierungsstelle für die Umsetzung der vorgesehenen Finanzierungslinien benannt. Sowohl die BNDES als auch der Nationale Währungsrat (Conselho Monetário Nacional - CMN) sind befugt, Vorschriften zu erlassen. Die Verordnung legt die grundlegenden operativen Leitlinien fest, die die technische Umsetzung des durch die MP 1.309/2025 geschaffenen Programms ermöglichen.
Die wichtigsten Rechtsakte, die die Funktionsweise der MP 1.309/2025 regeln, wurden bereits veröffentlicht, nämlich:
- CMN-Beschluss Nr. 5.242 vom 22. August 2025;
- MF-Verordnung Nr. 1.861 vom 22. August 2025;
- Gemeinsame Verordnung MF/MDIC Nr. 17 vom 22. August 2025;
- CMN-Beschluss Nr. 5.243 vom 28. August 2025 und
- Provisorische Maßnahme Nr. 1.310 vom 1. September 2025.
Relevanz des Plans für deutsche Unternehmen
Im aktuellen Kontext bieten die MP 1.309/2025 und die übrigen geltenden Vorschriften äußerst günstige Bedingungen für Unternehmen, die in Brasilien tätig sind: niedrige Zinssätze, verlängerte Laufzeiten, flexible Karenzzeiten, Zugang zu soliden Garantien und Instrumente, die auf die Größe und das Profil des Unternehmens zugeschnitten sind. Für deutsche Investoren bedeutet dies eine hohe Vorhersehbarkeit und Risikominderung. Das Potenzial für die Lieferung von Technologie, Maschinen und Innovationen durch deutsche Unternehmen an KMU in Brasilien ist angesichts der speziellen Kreditlinien für Investitionsgüter und Investitionen in Innovationen erheblich.
Zum Thema:
- Bedingungen der Soforthilfemaßnahmen laut BNDES (Condições das medidas emergenciais do BNDES / Plano Brasil Soberano)
- GTAI-Publikation Recht kompakt Brasilien
- GTAI-Webinar Brasilien 2025
- GTAI-Special Handelspolitik unter Trump