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Wirtschaftsausblick | Bulgarien

Die Wirtschaft in Bulgarien hält moderaten Wachstumskurs bei

Bulgariens Unternehmen sehen der Einführung des Euro erwartungsvoll entgegen. Er verspricht Stabilität. Die Stimmung in der Bevölkerung fällt geteilt aus. Der Konsum wächst verhalten.

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Top-Thema: Bulgarien darf den Euro einführen

Die EU-Kommission hat grünes Licht für die Einführung des Euro in Bulgarien als nationales Zahlungsmittel ab dem 1. Januar 2026 gegeben. Die notwendigen Kriterien seien erfüllt, bescheinigt der Konvergenzbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 4. Juni 2025. Für die Aufnahme in die Eurozone wichtig sind diese Kriterien: solide öffentliche Finanzen, ein langfristig konstanter Wechselkurs und Preisstabilität. An letzterer war Bulgarien in der Vergangenheit mehrfach gescheitert.

Für 2025 sieht die EZB Bulgariens Inflationsrate bei 3,6 Prozent. Sie würde somit den Referenzwert für Preisstabilität in der Eurozone, der 2,8 Prozent ausmacht, nur um 0,8 Prozentpunkte übersteigen. Erlaubt wären maximal 1,5 Prozentpunkte. Gründe für den Inflationsdruck sind steigende Lohnkosten im Bereich Dienstleistungen und die höhere Mehrwertsteuer im Gastgewerbe, die Anfang 2025 von 9 auf 20 Prozent angehoben wurde.

Die EZB warnt aber auch vor weiter bestehenden politischen Risiken. Im Konvergenzbericht macht sie deutlich: Sollten Reformen auf der Strecke bleiben, gefährde dies die wirtschaftliche Stabilität Bulgariens. "Der Euro ist kein Allheilmittel für die politischen Probleme im Land: der Infrastruktur, des Bildungs- und Gesundheitswesens", sagt Yasen Georgiev im Gespräch mit GTAI. Der Direktor des Economic Policy Institute, das auch die bulgarische Regierung berät, prognostiziert, dass die Lohnkosten voraussichtlich in geringerem Maße weiter steigen werden.

Zu den positiven Aspekten der Übernahme des Euros zählt, dass die Gebühren für die Konvertierung im Zahlungsverkehr innerhalb der Eurozone entfallen werden. Diese Kosten beziffert der Fiskalrat für die bulgarische Wirtschaft auf rund 518 Millionen Euro pro Jahr. Das entspricht 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2024 (103,7 Milliarden Euro). Zusätzlich erleichtert der Euro den Zugang bulgarischer Unternehmen zum internationalen Kapitalmarkt. Bulgarien dürfte so attraktiver für Investoren werden.

Wirtschaftsentwicklung: Das Wachstum verlangsamt sich leicht

Die weit verbreite Anti-Euro Stimmung im Land trübt jedoch die Konsumlaune. Etwa 51 Prozent der bulgarischen Bevölkerung glauben, dass der Euro zu massiven Preissteigerungen führen wird, ergab eine Eurobarometer-Umfrage Ende Mai 2025. Verunsicherte Verbraucher werden preisbewusster einkaufen. Deswegen wird der private Konsum, der ein Treiber des bulgarischen Wirtschaftswachstums ist, voraussichtlich etwas langsamer wachsen.

 

Nach einem Wachstumsschub von 2,8 Prozent im Jahr 2024, erwartet die EU-Kommission für 2025 ein reales BIP-Wachstum von 2 Prozent und für 2026 von 2,1 Prozent. Steigende Löhne stützen den privaten Verbrauch. Die EU erwartet eine Zunahme der Reallöhne von 2,3 Prozent für 2025 und von 1,9 Prozent für 2026. Zusätzliche Wachstumsimpulse liefert die Bauwirtschaft.

Unternehmen binden Fachkräfte mit höheren Löhnen

Der Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Gut ausgebildetes Fachpersonal ist aufgrund des demografischen Wandels zunehmend rar. Aber auch einfache Tätigkeiten sind im Tourismus, im Gastgewerbe oder in der Logistik stark nachgefragt. Die Unternehmen investieren angesichts des Fachkräftemangels verstärkt in Automatisierung.

Die EU rechnet zwischen 2025 und 2026 mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit von 4,0 auf 3,8 Prozent. Angesichts des Fachkräftemangels versuchen die deutschen Unternehmen Mitarbeitende mit Lohnofferten oberhalb des Marktdurchschnitts zu binden. Die deutsche Wirtschaft positioniert sich so als attraktiver Arbeitgeber.

Investoren warten auf EU-Fördermittel

Bulgarien wird voraussichtlich ab Herbst 2025 weitere Fördermittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU abrufen können. Dies hat sich die Regierung fest vorgenommen und arbeitet an Reformplänen. Diese fordert die EU, um die Finanzmittel freizugeben. Dann werden der Ausbau der Stromnetze und Verkehrsinfrastruktur sowie Investitionen in die Digitalisierung und Dekarbonisierung der Wirtschaft weiter voranschreiten. Die Bruttoanlageinvestitionen werden 2025 um 2 Prozent zunehmen und 2026 um 3,5 Prozent, erwartet die EU.

Außenhandel: Tourismus stützt das Exportwachstum

Insgesamt werden die Exporte 2025 um 1,6 Prozent wachsen, prognostiziert die EU. Aber die Unsicherheit auf Bulgariens größtem Exportmarkt Deutschland durch die US-Zollpolitik wird die Nachfrage eintrüben. Dies wird besonders die bulgarische Kfz-Industrie spüren. Doch der Tourismus wird den Export von Dienstleistungen stimulieren. Für 2026 erwartet die EU ein Wachstum der Exporte um 2,1 Prozent.

Das Wachstum der Importe wird 2025 durch den robusten Konsum und den Abbau von Lagerbeständen durch die Unternehmen weiter angeschoben. Die EU prognostiziert für 2025 eine Zunahme der Importe um 2,4 Prozent und für 2026 um 2,8 Prozent. So wird sich das Handelsbilanzdefizit leicht ausweiten.

Deutsche Perspektive: Stabile Regierung spielt entscheidende Rolle

Die politische Unberechenbarkeit, der Fachkräftemangel und Korruption zählen zu den größten Geschäftsrisiken für deutsche Unternehmen in Bulgarien. Viele von ihnen betrachten Bulgarien dennoch als attraktiven Wirtschaftsstandort. Seine Attraktivität hat sich laut AHK Bulgarien durch die Vollmitgliedschaft des Landes im Schengenraum seit Beginn 2025 erhöht.

Bulgariens Bedeutung als Beschaffungsmarkt wächst für deutsche Firmen, etwa für verarbeitetes Kupfer oder elektronische Komponenten. Dies spiegelt sich auch im deutsch-bulgarischen Außenhandel wider.

Die meisten Unternehmen wünschen sich neben Reformen im Bildungssystem konkrete Maßnahmen gegen die Korruption, wie aus einer aktuellen Konjunkturumfrage der AHK Bulgarien hervorgeht. Risiken für das Wachstum sind laut deutschen Firmen die schwerfällige Verwaltung und mangelnde Digitalisierung in Bulgarien. Viele Unternehmen haben etwa keinen Zugang zu digitalen Diensten von Behörden, etwa um Dokumente einzureichen.

GTAI-Informationsangebote zu Bulgarien

Weitere Informationen zu Bulgarien bieten unter anderem die Publikationen Wirtschaftsstandort und Wirtschaftsdaten kompakt sowie die Reihe Branche kompakt. Ferner sind auf der GTAI-Länderseite Bulgarien zahlreiche weitere Berichte zum Wirtschaftsumfeld, zu Branchen sowie zu Zoll- und Rechtsthemen zu finden. Informationen zu aktuellen Projekten bieten die Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".

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