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Branche kompakt | China | Chemische Industrie

Branchenstruktur

Der inländische Wettbewerb nimmt zu, die Produktionstiefe steigt weiter. Auch ausländische Chemiefirmen setzen daher zwangsläufig auf Lokalisierung.

Von Corinne Abele | Shanghai

China ist der weltweit größte Produzent sowie Abnehmer von petrochemischen und chemischen Produkten. Ausgehend von einem Fokus auf Basischemikalien hat sich die Branche in den letzten Jahren deutlich diversifiziert. Längst wird das höherwertige Chemiesegment nicht mehr ausschließlich durch ausländische Chemiefirmen durch Produktion vor Ort oder Importe bedient. China verfügt inzwischen über eine umfangreiche inländische Wertschöpfungskette und über komplexe Industriecluster der Chemiebranche im ganzen Land. Gepaart mit seinem riesigen Binnenmarkt ist die Suche nach vergleichbaren Standorten schwierig.

Internationale Branchenspitze auf China angewiesen

Fein- und Spezialchemikalien sind die Segmente, in denen der Beitrag der internationalen Chemiefirmen bislang noch am größten ist. Orientiert an lokalen, häufig innovativen Kundenbedürfnissen bedienen sie diese zunehmend durch Produktion, aber auch Innovation und Entwicklung vor Ort.

Wer im Bereich Chemie zu den global führenden Unternehmen zählen möchte, muss im weltweit größten Chemiemarkt aktiv und erfolgreich sein. So schätzte BASF in einem firmeneigenen Bericht den Beitrag Chinas zum globalen Wachstum des Chemiemarktes 2024 auf rund 86 Prozent. Im Jahr 2024 wuchs Chinas Chemieproduktion (ohne pharmazeutische Herstellung) diesem Bericht zufolge um 6,8 Prozent.

Inländische Konkurrenz kommt näher

Der Markt ist jedoch hart umkämpft, der Abstand zu chinesischen Anbietern wird geringer. Dabei beruht die erhöhte Wettbewerbsfähigkeit erfolgreicher chinesischer Herausforderer auch auf verstärkter Innovationsfähigkeit. Darauf weisen Indikatoren wie die steigende Anzahl an Patentanmeldungen, Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowie das vermehrte Zitieren wissenschaftlicher Artikel im Chemiebereich aus China hin.

Vor allem führende Branchenunternehmen drängen in die jeweils höherwertigeren Produktsegmente vor. Dabei zählen häufig nicht-staatliche Chemiefirmen zu den stärksten Wettbewerbern. Tatsächlich sollen Pressemeldungen zufolge rund 90 Prozent aller größeren Chemieproduzenten nicht-staatlich sein.

Es verwundert daher wenig, dass sich zunehmend chinesische Unternehmen in der globalen Spitzengruppe befinden. So zählten 2024 bereits drei chinesische Firmen zu den ersten zehn auf der Liste "ICIS Top 100 Chemical Companies", die das Independent Commodity Intelligence Services (ICIS) im September 2024 veröffentlicht hat: Sinopec (Rang 2), Rongsheng Petrochemical (8) vor Wanhua Chemical (9). Es folgen weiter auf Platz 24 Hengli Petrochemical sowie Hengyi Petrochemical auf Platz 36. Die Liste führt Branchenführer BASF an – der einzige deutsche Chemiegigant unter den Top Ten.

Wichtige Branchenunternehmen in China Umsatz im 3. Quartal 2024 in Milliarden US-Dollar; Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum in Prozent
Unternehmen

Bereich

Umsatz 3)

Veränderung

SinopecPetrochemie

337,7

-4,2

PetroChinaPetrochemie

322,0

-1,1

Rongsheng PetrochemicalPetrochemie

35,0

2,6

Wanhua Chemical Groupvielfältig

21,1

11,3

Tongkun Holding GroupChemiefaser

10,9

23,2

Xinfengming GroupChemiefaser

7,0

11,3

Syngenta Group 1)Agrarchemikalien

6,8

4,0

Hebei Chengxin 2)Feinchemikalien

6,1

k.A.

SinopharmPharmaindustrie

5,4

4,1

3TREES GroupFarbe

1,3

-2,8

1 Tochtergesellschaft von Sinochem mit Hauptsitz in der Schweiz; 2 Umsatz für das Jahr 2023; 3 Umrechnung zum Monatsendkurs September 2024 der Deutschen Bundesbank: 1 US$ = 7,0074 RMBQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025; Meldungen in der chinesischen Presse und Finanzberichte der Unternehmen 2025

Innovation wird immer wichtiger

Wer weltweit in der Spitzengruppe bleiben möchte, muss unter Berücksichtigung der wachsenden geopolitischen Risiken im weltweit größten Chemiemarkt aktiv, erfolgreich und vor allem für die häufig innovativen Kunden präsent sein. So baut BASF derzeit seinen größten Verbundstandort außerhalb Europas im Süden Chinas in Zhanjiang in der Provinz Guangdong. Bis 2030 soll das Projekt mit einer Gesamtinvestitionssumme von 10 Milliarden Euro den Betrieb aufnehmen und dann der größte Verbundstandort von BASF weltweit sein. Nach Angaben der Beratungsgesellschaft Rhodium Group zählte BASF aufgrund dieses riesigen Einzelprojekts sowohl 2022, 2023 als auch im 1. Halbjahr 2024 zu den größten fünf europäischen Investoren in China.

Der Anteil der Chemieindustrie an den im Zeitraum 2022 bis zum 1. Halbjahr 2024 in China getätigten Direktinvestitionen europäischer Firmen lag bei 14 Prozent und somit gleich hoch wie zuvor im Zeitraum 2019 bis 2021. Rückläufig war hingegen der Anteil der Pharma- und Gesundheitsbranche an den europäischen Direktinvestitionen in China. Er fiel von zuvor 10 auf 4 Prozent. Die Rhodium Group führt dies auf die abnehmende Tätigkeit europäischer Firmen in dieser Branche im Bereich Mergers & Acquisitions in China zurück.

Chinesische Konkurrenz im Weltmarkt

Doch auch chinesische Chemiefirmen sehen sich angesichts der zunehmenden Fragmentierung nach Standorten außerhalb Chinas um. Bislang dürfte sich der Großteil ihrer Wertschöpfungskette (noch) im Inland befinden. So stellt China beispielsweise laut der Branchenplattform CHEManager mittlerweile rund 55 Prozent der weltweiten Essigsäurekapazität, 50 Prozent der globalen Kapazitäten zur Ruß-Herstellung sowie 45 Prozent der vorhandenen Kapazitäten zur Herstellung von Titandioxid. Gleichzeitig bestimmt das Land die globalen Wertschöpfungsketten für die Herstellung von Solarzellen/-modulen und Batterien sowie für viele der dafür notwendigen Chemikalien.

Zölle beeinflussen globale Lieferketten

Die durch Trumps Zollpolitik weiter beschleunigte De-Globalisierung könnte daher auf einige globale Lieferketten chemischer Erzeugnisse disruptiv wirken. Basierend auf der chinesischen Zollstatistik war China 2024 Nettoexporteur chemischer Erzeugnisse mit einem Handelsüberschuss von rund 18,4 Milliarden US$. Dabei gingen nicht nur die Importe um 5,0 Prozent zurück, sondern auch die Exporte um wertmäßig 1,5 Prozent. Dazu dürfte der Preisverfall aufgrund von Überkapazitäten in einigen Segmenten beigetragen haben.

Rund 9,3 Prozent der Ausfuhr chemischer Erzeugnisse gingen in die USA; aus der wiederum 11,8 Prozent der Einfuhren stammen. Steigende Strafzölle auf beiden Seiten dürften diesen Handel 2025 beeinflussen und möglicherweise verstärkt chemische Erzeugnisse aus China in die EU umleiten. Bei chemischen Waren lag der Anteil der EU im Jahr 2024 an Chinas Exporten bei 14,8 Prozent, während Chinas Importe in dieser Produktkategorie zu 29,9 Prozent aus der EU stammten. Allein 8,9 Prozent der gesamten Lieferungen chemischer Erzeugnisse nach China stammten aus Deutschland.

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