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Kosmetikindustrie in China spürt wieder Aufwind
Nach einem schwachen Jahr 2022 stehen die Zeichen 2023 auf Besserung. Die Einfuhren von Kosmetik sind in den letzten Jahren rasant gestiegen.
19.07.2023
Von Roland Rohde | Bonn
Die Kosmetikbranche in China war in den Coronajahren 2020 und 2021 noch der große Krisengewinner. Zwischen 2019 und 2021 stieg der Umsatz des Facheinzelhandels nach Angaben des nationalen Statistikamtes um rund ein Viertel auf gut 62 Milliarden US-Dollar (US$). Die Zahlen bezogen sich auf in größeren Geschäften getätigte Einkäufe. Insofern dürfte das gesamte Marktvolumen noch einmal deutlich darüber liegen. Consultants beziffern den Anteil der Volksrepublik am weltweiten Kosmetikgeschäft auf etwa ein Fünftel.
Das Geschäft hat sich 2022 infolge der um sich greifenden Lockdowns im Zuge der Coronapandemie etwas eingetrübt. Der Branchenumsatz sank um 4,5 Prozent, womit das Marktvolumen aber immer noch deutlich über dem Niveau von vor Covid-19 lag. Zudem änderte die chinesische Regierung Anfang Dezember 2022 schlagartig ihren Kurs und schuf sämtliche Corona-Einschränkungen ab. Seitdem hat sich die Stimmung der Konsumenten deutlich aufgehellt. Für das 1. Quartal 2023 stellte sich wieder ein Umsatzplus von 6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal ein. Im Laufe des Jahres 2023 könnte sich der Aufwärtstrend weiter verstärken. Allerdings gibt es bei Kosmetik anders als in anderen Konsumgütersparten keinen ausgeprägten Nachholbedarf.
Indikator | 2021 | 2022 | Veränderung |
---|---|---|---|
Umsatz1) | 62,5 | 58,4 | -4,5 |
Ausfuhren2) | 12,1 | 14,4 | 19,0 |
Einfuhren2) | 31,5 | 28,4 | -9,8 |
Chinesische Verbraucher kaufen Kosmetik zollfrei im Ausland
Zudem droht der Branche neues Ungemach durch den wieder anlaufenden internationalen Tourismus, denn die Bevölkerung kauft Kosmetika vorzugsweise bei Reisen im Ausland. Dabei suchen chinesische Konsumenten vor allem Duty-free-Shops auf, wo die Preise deutlich geringer ausfallen als in China. Insbesondere bei hochpreisigen Kosmetikwaren und Parfums macht sich dieser Effekt im Geldbeutel positiv bemerkbar. Die Regierung versucht zumindest einen Teil von diesem Geschäft abzuschöpfen, indem sie zollfreies Einkaufen einführt – etwa auf der chinesischen Urlaubsinsel Hainan.
Die chinesische Mittelklasse gibt für Schönheitsmittel vergleichsweise viel aus. Generell gibt es aber vor allem in Städten jenseits der zweiten Reihe noch einen erheblichen Nachholbedarf. Landeskenner beobachten dabei nach wie vor eine gewisse Zweiteilung des Marktes: Während Importprodukte oder vor Ort erzeugte Artikel ausländischer Marken in den wirtschaftsstarken Metropolen dominieren, überwiegen jenseits davon einheimische Erzeugnisse. Viele lokale Hersteller greifen allerdings auf importierte Vorprodukte zurück.
In China gilt wie in Großteilen Asiens die Faustregel: "Weiß gleich schön". Daher werden Bräune und Sonnenexposition möglichst vermieden. Sehr viele Kosmetika sind außerdem mit Bleichmitteln und Sonnenschutz mit einem hohen Lichtschutzfaktor versehen (mindestens 50). Zwar ist das Gros der Produkte auf die Damenwelt abgestimmt. Dessen ungeachtet sieht die Branche in chinesischen Männern schon länger eine wichtige Zielgruppe. Seit Jahren liegen die Wachstumsraten für Herrenkosmetik und -pflegemittel im zweistelligen Bereich.
Kosmetikeinfuhren haben sich verdreifacht
Da die Branche vergleichsweise wenig exportorientiert ist und chinesische Marken sich im Ausland bislang nicht etablieren konnten, setzen chinesische Anbieter vor allem auf den riesigen Heimatmarkt. Insgesamt übersteigen die Kosmetikeinfuhren die Ausfuhren erheblich, vornehmlich in der Sparte Schönheitsmittel und Duftwässer. Die Schere hat sich in den vergangenen Jahren sogar noch geöffnet. So haben sich Chinas Branchenexporte laut Angaben des nationalen Zolls zwar zwischen 2016 und 2022 nahezu verdoppelt. Doch die entsprechenden Importe sind im selben Zeitraum um den Faktor drei gestiegen.
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/2016 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Importe | 9,4 | 12,1 | 17,3 | 20,9 | 25,5 | 31,5 | 28,4 | 202,1 |
Exporte | 7,5 | 8,4 | 9,7 | 10,3 | 10,4 | 12,1 | 14,4 | 92,0 |
Japan bei Waschmitteln, Frankreich bei Kosmetik führend
Von diesem Trend profitieren vor allem asiatische Anbieter aus Japan und Südkorea sowie Luxuskonzerne aus Frankreich und Italien. Deutsche Marken spielen bei Kosmetik eine nachgeordnete Rolle und haben den prestigeträchtigen südeuropäischen Marken wenig entgegenzusetzen. Im Bereich Wasch- und Körperpflegemittel ist Deutschland aber traditionell ein wichtiges Lieferland. Dabei steht das Label "Made in Germany" für Naturbelassenheit und hohe Produktqualität. Dies sollten sich Anbieter im Rahmen ihrer Marketingstrategie zunutze machen.
Land | Gesamt1) | Kosmetik2) | Pflege- und Waschmittel3) |
---|---|---|---|
Japan | 7.079 | 5.078 | 2.001 |
Frankreich | 5.878 | 5.449 | 429 |
USA | 3.441 | 2.472 | 969 |
Südkorea | 3.370 | 2.730 | 640 |
Vereinigtes Königreich | 1.890 | 1.774 | 116 |
Deutschland | 1.052 | 304 | 748 |
Italien | 871 | 688 | 183 |
Belgien | 613 | 490 | 123 |
Naturprodukte sind Wachstumsmarkt
Bei "grüner" oder tierfreundlich hergestellter Kosmetik handelt es sich um einen Wachstumsmarkt. Dass in der Volksrepublik ab dem 1. Mai 2021 mit der Kosmetikrichtlinie "Cosmetics Supervision and Administration Regulation (CSAR)" die Pflicht zu Tierversuchen für einen Teil der importierten Kosmetikprodukte abgeschafft wurde, wird als große Chance für entsprechend aufgestellte internationale Hersteller gesehen. Nicht wenige Produzenten verzichteten bisher aus ethischen Gründen auf den chinesischen Markt. Die Neuregelung gilt allerdings nur für "allgemeine Kosmetik", worunter etwa Shampoos, Duschgels, Lippenstifte, Lotionen oder Make-up fallen.