Branchen | China | Auslandsbau
Chinas Baukonzerne wollen sich globaler aufstellen
Fünf Großkonzerne prägen Chinas Auslandsbau. Trotz leicht rückläufiger Umsatzzahlen setzen die Staatsbetriebe weiter auf Expansion. Ein mächtiger Verband unterstützt sie dabei.
31.08.2023
Von Marcus Hernig | Bonn
Chinas Auslandsbau stagniert: Zwischen 2018 und 2021 gingen die Auslandsumsätze der chinesischen Baukonzerne von rund 119 Milliarden US-Dollar (US$) auf rund 113 Milliarden US$ zurück. Das zeigen Zahlen des US-Fachmagazins Engineering News Record (ENR), das die 250 größten Baukonzerne weltweit analysiert hat. Im ENR-Ranking sind die Europäer noch immer Spitzenreiter: Chinas Auslandsbauer liegen 2021 hinter den europäischen Baufirmen mit 181,5 Milliarden US$ Umsatz weltweit. Trotz Immobilienkrise im Inland füllen Verträge über neue Projekte im Ausland die Auftragsbücher der großen Baukonzerne aus dem Reich der Mitte. Wie passt das zusammen?
Fünf Staatskonzerne stehen an der Spitze
Die fünf größten Bauunternehmen des Landes sind, gemessen an ihren Gesamt- und Auslandsumsätzen, die Konzerne:
- China Communications Construction Group (CCCG)
- Power Construction Corporation of China (Power China)
- China State Construction Engineering Corporation (CSCEC)
- China Railway Construction Group (CRCG)
- China Railway Group (CRG).
Zusammen erzielten die großen Fünf mit 64,3 Milliarden US$ über die Hälfte aller Auslandsumsätze des Jahres 2021. Am erfolgreichsten war CCCG mit 21,9 Milliarden US$, gefolgt von Power China mit 13,7 Milliarden US$.
Chinas fünf umsatzstärkste Auslandsbauer 2021
Staatsunternehmen | Auslandsumsatz in Milliarden US$ | Auslandsanteil am Gesamtumsatz in Prozent | Fitch-Rating |
---|---|---|---|
China Communication Construction Group (CCCG) | 21,9 | 17,7 | A- |
Power Construction Corporation of China (Power China) | 13,7 | 17,1 | BBB+ |
China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) | 12,3 | 5,1 | A |
China Railway Construction Corporation (CRCG) | 9,0 | 5,6 | k.A. |
China Railway Group (CRG) | 7,4 | 4,5 | A- |
Die fünf Großkonzerne setzen vor allem Transportinfrastruktur-, Immobilien- und Kraftwerksprojekte um. Dabei erhielten sie in den Jahren 2020 und 2021 nach ENR-Angaben jeweils zwischen 90 und 100 Bauprojekte pro Jahr im Ausland. Der Staat und die einflussreiche China International Contractors Association (CHINCA) regulieren die Aktivitäten und die Entwicklung der großen Fünf.
Auswahl wichtiger Auslandsbauprojekte der fünf Großkonzerne
Konzern | Land | Projekt | Finanzierung |
---|---|---|---|
China Communications Construction Group (CCCG) | Niger | Straßenbau für Trans-Saharan Road Corridor; in Bau | Weltbank |
Power China | Saudi-Arabien | Hochbaufundamente für NEOM-The Line; in Bau | Public Investment Fund of Saudi Arabia (PIF) |
China State Construction Engineering Corp. (CSCEC) | Ägypten | Immobilienmanagement für New Administrative Capital und Central Business District; in Bau, Teile fertiggestellt | Administrative Capital Urban Development Company (ACUD) |
China Railway Construction Group (CRCG) | Kirgisistan | Solarkraftwerk Issyk-Kul (1.000 MW); in Planung, Baustart 2024 | Build Own Operate (BOO)-Projekt: CRCG und China Power zu je 50 Prozent |
China Railway Group (CRG) | Brasilien | Streckenabschnitt der Eisenbahnlinie Ferrovia de Integração Oeste Leste (FIOL), 127 km; in Bau | Eurasian Resources Group (ERG) Luxembourg |
Konzerne sollen globale Führung übernehmen
Die Hauptmärkte von Chinas Bauriesen liegen in Asien, Afrika und im Nahen Osten. Chinesischen Quellen zufolge beherrschten sie im Jahr 2021 mit rund 59 Prozent Anteil den asiatischen und mit 55 beziehungsweise 40 Prozent auch den afrikanischen und Nahost-Markt. Diese regionalen Schwerpunkte zeigen sich in der Top-Ten-Liste der wichtigsten Partnerländer.
Bild vergrößernWährend europäische Bauunternehmen teils deutlich mehr als die Hälfte ihrer Umsätze im Ausland erwirtschaften, waren das 2022 im Fall von Chinas CCCG und Power China jeweils nur etwa 17 Prozent. Das soll sich ändern: CCCG zum Beispiel will nach Informationen von Deloitte bis 2035 den Anteil seiner Auslandsumsätze am Gesamtumsatz auf über 50 Prozent steigern.
Bereits jetzt sind Umsatzsteigerungen im Ausland sichtbar: Laut ENR-Angaben wuchs der Wert der Auslandsaufträge, die die großen Fünf zwischen 2020 und 2021 neu abschlossen, um durchschnittlich 18,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das umsatzstärkste europäische Unternehmen ACS/Hochtief verzeichnete im gleichen Zeitraum einen Rückgang beim Auslandsumsatz von 35 Prozent. Vinci und Boygues aus Frankreich, Rang zwei und drei beim Auslandsumsatz weltweit, kamen nur auf 1 beziehungsweise 0,5 Prozent Zuwachs.
Risikoprojekte beeinträchtigen große Bauunternehmen kaum
Inhaltlich deckt sich die neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) immer mehr mit Chinas globalen Aktivitäten im Auslandsbau. Doch weder BRI-Fehlinvestitionen noch die seit 2021 andauernde Immobilienkrise im Inland scheinen die Auslandsambitionen der größten Staatsbetriebe bislang auszubremsen. Dabei bauen gerade ihre Tochterunternehmen Projekte mit dem höchsten Risiko: Der Hafen Hambantota in Sri Lanka – oft als Paradebeispiel von BRI-Schuldenfallen angeführt – wurde von China Harbour Engineering Corporation errichtet. Das Unternehmen ist eine Tochterfirma von CCCG.
Auch teure Schienenprojekte im Hochgeschwindigkeitsbereich (High Speed Rail, HSR) haben sich bisher weder im In- noch im Ausland als rentabel erwiesen. Im Eisenbahnbau ist die China Railway Group (CRG) der führende Konzern: Zwei Drittel aller Inlandsverbindungen hat der Konzern umgesetzt. Dazu kommen HSR-Projekte im Rahmen der BRI.
Trotz solcher Risikoprojekte bewertet die US-amerikanische Rating-Agentur Fitch drei der großen Fünf mit A oder A-, also mit einem geringen Kreditausfallrisiko. Die recht hohe Kreditwürdigkeit der staatlichen Infrastrukturbauer liegt nicht zuletzt daran, dass sie zur mächtigen Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen (State Owned Assets Supervision and Administration Commission, SASAC) gehören. Die SASAC verwaltet, kontrolliert und reguliert ihre Konzerne.
CHINCA soll Auslandsbau nachhaltiger machen
Die China International Contractors Association (CHINCA) wurde 1988 gegründet. Sie vernetzt die Staatsunternehmen und entwickelt neue Standards für den Auslandsbau. Nach Information der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) sind 99 Prozent aller chinesischen Bauunternehmen Mitglieder der CHINCA. Insgesamt verfügt die Organisation über 1.300 Mitgliedsunternehmen.
Die CHINCA berät chinesische Baufirmen im Ausland bei der Etablierung und Durchführung von Engineering-Procurement-Construction-Vorhaben (EPC) wie Public-private-Partnerships (PPP) oder Build-Operate-Transfer-Projekten (BOT). Diese Bauprojektformen werden gerade im Rahmen der BRI immer wichtiger.
Im Jahr 2021 verkündete China ein Moratorium für den Abschluss neuer Verträge zum Bau von Kohlekraftwerken im Ausland. Seitdem spielen neue BRI-Verträge zum Bau von Kraftwerken mit Wasser, Wind und Sonne im Rahmen der BRI mit einem Zuwachs von 13,7 Prozent zwischen 2021 und 2022 eine immer größere Rolle. Die CHINCA übernimmt hier die Funktion einer Organisation zur Standardisierung nachhaltigen Bauens. Schon 2017 entwickelte sie gemeinsam mit der chinesischen Ratingagentur Dagong Richtlinien für nachhaltige Infrastruktur (Sustainable Infrastructure Guidelines, SIC).
Die GIZ berät die CHINCA bereits seit 2014 beim Aufbau solcher Richtlinien und unterstützt in diesem Rahmen chinesische Unternehmen dabei, nachhaltiger zu bauen. So hat die deutsche Institution indirekt Einfluss auf den chinesischen Auslandsbau im Rahmen der neuen Seidenstraße.
Die fünf Funktionen der Chinese International Contractors Association (CHINCA)
|