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Globaler Infrastrukturbedarf treibt Auslandsbau an

Weltweit investieren Regierungen in den Infrastrukturausbau und bescheren international tätigen Baukonzernen gewinnbringende Aufträge. Europäische Firmen erhalten viele Zuschläge.

Von Edda Schlager | Berlin

Der Auslandsbau macht knapp ein Fünftel der weltweiten Bautätigkeit aus. Er umfasst alle Tätigkeiten von Baufirmen außerhalb ihres jeweiligen Heimatmarktes. Die 250 größten Bauunternehmen der Welt erwirtschafteten im Ausland 2021 einen Gesamtumsatz von knapp 400 Milliarden US-Dollar (US$), so das Fachmagazin Engineering News Record (ENR).

Herausfordernd für internationale Bauaufträge sind noch immer die Auswirkungen der Coronapandemie sowie die angespannte geopolitische Lage, insbesondere der Ukrainekrieg. Die Folgen: Unterbrechungen der Lieferketten, steigende Baukosten durch höhere Preise für Rohstoffe, Energie und Material, Fachkräftemangel sowie größere Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen wegen Inflation und höherer Zinssätze. Dennoch ist die Branche optimistisch, denn auch der Bedarf an Bautätigkeit wächst.

Europäische Konzerne sind Spitzenreiter im Auslandsbau

Das US-Fachmagazin Engineering News Record hat die 250 größten Bauunternehmen weltweit analysiert. Demnach setzten Unternehmen aus Europa im Jahr 2021 rund 181,5 Milliarden US$ im Ausland um – und sind damit noch vor China mit 112,9 Milliarden US$ weltweiter Spitzenreiter. Den größten Anteil am Erfolg Europas haben Firmen aus Spanien, Frankreich und Italien: Sie generierten zwei Drittel der europäischen Auslandsumsätze. Auch drei deutsche Firmen sind unter den Top 250: Exyte, Ed. Züblin und Bauer mit einem Auslandsumsatz von insgesamt 6,4 Milliarden US$. 

Besonders die großen europäischen Baukonzerne erwirtschaften einen beträchtlichen Teil ihres Gesamtumsatzes im Ausland: Bei ACS aus Spanien etwa, zu dem auch der deutsche Konzern Hochtief gehört, liegt der Auslandsanteil am Gesamtumsatz bei knapp 90 Prozent; bei der österreichischen Strabag und Skanska aus Schweden bei je rund 86 und 75 Prozent. Regionaler Schwerpunkt für europäische Bauunternehmen sind die europäischen Nachbarländer, gefolgt von den USA, Australien und Asien.

Beteiligungen an lokalen Unternehmen sind der Grund für die starke europäische Präsenz weltweit, denn sie ermöglichen einen leichteren Marktzugang. Insbesondere Spanien mit Konzernen wie der ACS-Hochtief-Gruppe, FCC oder Ferrovial sticht im europäischen Vergleich mit einem Umsatz von 22,4 Milliarden US$ allein in den USA und 9,3 Milliarden US$ in Australien und Ozeanien hervor.

China ist Marktführer – aber nicht im Ausland

Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte hat die Bauunternehmen mit dem weltweit größten Gesamtumsatz untersucht: Allein unter den Top Ten finden sich 2021 acht Unternehmen aus China. Bei den chinesischen Branchengiganten ist jedoch der Anteil des im Ausland erwirtschafteten Umsatzes deutlich geringer als bei europäischen Konzernen: Der Marktführer, die China State Construction Engineering Corp. Ltd. (CSCEC), generierte im Jahr 2021 einen Umsatz von 293,2 Milliarden US$. Doch internationale Vorhaben machten nur 4,7 Prozent des Gesamtumsatzes von CSCEC aus, nur rund 13,8 Milliarden US$.

Zum Vergleich: Der spanische Konzern ACS lag beim allein durch Auslandsbau erwirtschafteten Umsatz 2021 global auf dem ersten Platz. Die Firma setzte 29,4 Milliarden US$ mit internationalen Projekten um, gut das Doppelte von CSCEC. Der Gesamtumsatz von ACS liegt jedoch nur bei 32,9 Milliarden US$, rund 11 Prozent des Umsatzes vom chinesischen Konkurrenten.

Top Ten der Baukonzerne nach Auslandsumsatz 2021

Rang

Unternehmen

Land

Auslandsumsatz in Milliarden US$

Anteil Ausland am Gesamtumsatz

1.

ACS

Spanien

29,4

89,3%

2.

VINCI

Frankreich

27,3

46,7%

3.

BOUYGUES

Frankreich

17,7

39,9%

4.

STRABAG

Österreich  

15,5

85,8% 

5.

CHINA COMMUNICATIONS CONSTRUCTION GROUP LTD. CCCC

 China 

14,7

13,8%

6.

CHINA STATE CONSTRUCTION ENGINEERING CORP. LTD. CSCEC

 China    

13,8

4,7%

7.

SKANSKA

Schweden

12,6

75,4%

8.

SAMSUNG C&T

Südkorea

10,5

34,9%

9. 

POWER CONSTRUCTION CORP OF CHINA (POWER CHINA)

China  

10,5

15,0%

10.

CHINA RAILWAY GROUP LTD. CREC)

China     

8,5

5,1%

Quelle: Deloitte 2022

Baufirmen gehen gern in Nachbarländer und -regionen

Die chinesischen Baukonzerne im ENR-Ranking erwirtschafteten im Jahr 2021 mehr als ein Drittel (36,5 Prozent) ihrer internationalen Umsätze in asiatischen Ländern, etwa ein Viertel in Afrika und ein knappes Fünftel im Mittleren Osten – Schwerpunktregionen der chinesischen Belt and Road Initiative (BRI). Südamerika, das bisher weniger im Fokus stand, dürfte künftig einen deutlichen Anstieg der Bautätigkeit chinesischer Unternehmen erleben. Bereits 2022 zeigte sich, dass insbesondere Argentinien und Brasilien neue Zielländer der BRI sind.

Die von ENR untersuchten US-Amerikanischen Baufirmen sind am stärksten im Nachbarland Kanada und den Ländern Lateinamerikas aufgestellt: Dort erwirtschafteten die Firmen 2021 etwas mehr als die Hälfte ihrer Auslandsumsätze.

Japanische Unternehmen sind insbesondere in Südostasien aktiv - Investitionen in Infrastrukturprojekte sollen es der japanischen Bauwirtschaft ermöglichen, vom Boom in der Region zu profitieren. Darüber hinaus erwartet Japan eine Zunahme der Umsätze in den USA und Kanada – Die japanischen Baufirmen aus dem ENR-Ranking erwirtschafteten​​​​ hier 2021 rund 37 Prozent ihrer internationalen Umsätze. 

Ähnlich wie japanische Firmen sind auch die von ENR untersuchten Baukonzerne aus Südkorea mit 41 Prozent der Auslandsumsätze am stärksten in Asien aktiv, im Vergleich zu Japan aber erfolgreicher im Mittleren Osten (29 Prozent der Auslandsumsätze). 

Auch die Türkei ist im Mittleren Osten breit aufgestellt: Die von ENR gelisteten türkischen Firmen erwirtschafteten 2021 hier gut ein Viertel ihrer Auslandsumsätze. Nur in Europa waren die türkischen Firmen stärker engagiert: 43 Prozent der Auslandsumsätze wurden hier generiert.

Staatliche Programme füllen oft Investitionslücken beim Infrastrukturbau

Eine wachsende Weltbevölkerung und die Urbanisierung steigern den globalen Infrastrukturbedarf. Der Global Infrastructure Hub schätzt, dass die weltweite Investitionslücke beim Infrastrukturbau 2040 rund 15 Billionen US$ erreichen wird.

Den vom ENR-Magazin befragten Bauunternehmen zufolge bieten vor allem Länder Marktchancen, die konkrete Infrastrukturinvestitionen mit Konjunkturprogrammen unterfüttern. Nachhaltigkeit und saubere Energie seien dabei treibende Kräfte für die Marktentwicklung.

Positiv bewerten die Unternehmen beispielsweise den auf 1,2 Billionen US$ ausgelegten Infrastructure Investment and Jobs Act der USA, Saudi-Arabiens Saudi Vision 2030, Afrikas Agenda 2063 und Chinas Plan, 1,1 Billionen US$ in die heimische Infrastruktur zu investieren. In der EU kurbelt das mehr als 800 Milliarden US$ schwere NextGenerationEU-Paket Infrastrukturinvestitionen an. 

Global Infrastructure Hub identifiziert die größten Investitionslücken bei Infrastruktur weltweit

Der Global Infrastructure Hub (GI-Hub) wurde 2014 als gemeinnützige Organisation der G20-Staaten gegründet, um weltweit nachhaltige Infrastruktur zu fördern. Die drei größten Investitionslücken weltweit werden laut GI-Hub bis 2040 bei der Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur entstehen. Regional am größten wird die Investitionslücke 2040 mit 6,5 Billionen US$ in Nord- und Südamerika sein, gefolgt von Asien und Ozeanien (4,8 Billionen US$), Europa (2 Billionen US$) und Afrika (1,7 Billionen US$).

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