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Branchen | Indien | Automobilsektor

Indiens Automobilindustrie überwindet Coronadelle

Die Kfz-Branche meldet Wachstum, und es herrscht verhaltene Zuversicht. Allerdings wird die Förderung für die Elektromobilität zurückgefahren.

Von Florian Wenke | Mumbai

Während weite Teil der Weltwirtschaft mit Problemen zu kämpfen haben, befindet sich Indien in einer robusten wirtschaftlichen Verfassung. Das Bruttoinlandsprodukt soll im Finanzjahr 2023/2024 (1. April bis 31. März) real zwischen 6 und 7 Prozent zulegen. Mit diesen Wachstumsraten übertrifft der Subkontinent die meisten anderen großen Volkswirtschaften. Das beherzte Eingreifen der indischen Zentralbank hat die Inflation vorerst gedrückt. Davon profitiert auch die Automobilindustrie. Zudem ist Indien mittlerweile das bevölkerungsreichste Land der Erde und verfügt über ein riesiges Reservoir an potenziellen Käufern. 

Produktion und Absatz erreichen Vor-Corona-Niveau

Im Finanzjahr 2022/2023 legte die Kfz-Produktion deutlich zu. Das Wachstum betrug 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr, und es wurden fast 26 Millionen Fahrzeuge hergestellt. Laut der Society of Indian Automobile Manufacturers belebte sich besonders die Inlandsnachfrage spürbar. Mit mehr als 21 Millionen Fahrzeugen verbuchten die Hersteller ein Absatzplus von knapp über 20 Prozent. Damit sind die Werte aus 2019/2020 - also vor Corona - wieder erreicht. Allerdings liegen die Zahlen noch immer deutlich unter dem letzten Boomjahr 2018/2019.

Produktion, Inlandsabsatz und Export von Fahrzeugen in Indien (in Tausend Einheiten)

Kategorie

2018/2019

2019/2020

2020/2021

2021/2022

2022/2023

Produktion

30.915

26.353

22.656

23.040

25.932

   Pkw

4.028

3.424

3.062

3.651

4.579

Absatz Inland

26.266

21.546

18.620

17.618

21.204

   Pkw

3.377

2.774

2.711

3.070

3.890

Export

4.629

4.749

4.134

5.617

4.761

   Pkw

676

662

404

578

663

Finanzjahre jeweils vom 1. April bis 31. März.Quelle: Society of Indian Automobile Manufacturers 2023

In den ersten fünf Monaten des laufenden Finanzjahres (April bis einschließlich August) zeigte sich indes eine positive Tendenz. Die Produktion liegt mit über 10,7 Millionen Fahrzeugen 2 Prozent und der Absatz mit knapp 8,9 Millionen Kfz 7 Prozent über den Vergleichswerten aus dem Vorjahreszeitraum. 

Händler melden gestiegene Verkaufszahlen

Die Federation of Automobile Dealers Associations (FADA) meldete für Juni 2023 einen Anstieg der verkauften Kfz um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Bei den Pkw lag der Zuwachs bei 5 Prozent. Bis auf die Zweiräder haben laut Verband alle Produktkategorien das Vorpandemieniveau erreicht. In ihrem mittelfristigen Ausblick zeichnet die Händlervereinigung ein gemischtes Bild. Sie weist darauf hin, dass die Nachfrage nach neuen Pkw-Modellen hoch ist, und es mitunter zu Lieferengpässen kommt. Zudem beginnt ab Ende August die Feiertagssaison in Indien - eine Zeit, in der viele Haushalte große Anschaffungen tätigen. Die Händler hoffen, dass es dadurch zu einem Nachfrageschub kommt.

Auch die anhaltend hohen öffentlichen Infrastrukturinvestitionen sehen die Händler positiv, weil sie den Bedarf an Nutzfahrzeugen stützen. Jedoch nennt FADA einen Nachfragerückgang im ländlichen Raum als Risiko. Der Monsun im Jahr 2023 wird maßgeblich durch das Wetterphänomen El Niño beeinflusst. Sollte es zu unterdurchschnittlichen Ernten kommen, dann dürfte dies die Nachfrage drücken.

Zulieferindustrie investiert Milliarden

Laut Schätzungen der Rating- und Analyseagentur ICRA soll der Unternehmensumsatz in der Kfz-Zulieferindustrie im Finanzjahr 2023/2024 um 5 bis 8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigen. Damit dürfte er sich der Marke von 60 Milliarden US-Dollar (US$) annähern. ICRA weist darauf hin, dass sich die meisten Branchenunternehmen in einer guten finanziellen Verfassung befinden. Das dürfte ihnen dabei helfen, Investitionen im Umfang von geschätzt 2,4 Milliarden US$ (Umrechnungskurs laut Federal Reserve Bank vom 14. Juni 2023: 1 US$ = 82,16 indische Rupien) im laufenden Finanzjahr zu tätigen. Ein Teil der Investitionen fließt in Elektromobilität. ICRA schätzt, dass derzeit erst 20 bis 30 Prozent der Wertschöpfungskette in diesem Bereich lokal vorhanden sind. Dementsprechend groß sind die Möglichkeiten für eine ausgeweitete Produktion vor Ort.

Potenzial steckt auch in der Reifenindustrie. Der Branchenverband Automotive Tyre Manufacturers' Association veröffentlichte im Juli 2023 eine Studie, der zufolge der Branchenumsatz von aktuell 9 Milliarden US$ auf 22 Milliarden US$ in zehn Jahren klettern soll. Als Gründe dafür nennen die Analysten unter anderem eine wachsende Inlandsnachfrage, aber auch Chancen im Export. Dafür sind Investitionen in neue Kapazitäten notwendig.

Importe von Kfz-Teilen aus Deutschland stiegen erneut

Indien importierte im Jahr 2022 Kfz-Teile im Wert von circa 7,7 Milliarden US$, rund 10 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Importe aus Deutschland legten noch stärker zu, um 15 Prozent auf rund 906 Millionen US$. Laut Schätzungen des Indian Department of Commerce waren die Importe von Kfz-Teilen von Januar bis einschließlich Mai 2023 rund 3,3 Milliarden US$ wert. Aus Deutschland kamen dabei Güter in Höhe von 465 Millionen US$.

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Indien (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)

Kategorie (SITC-Kennung)

Gesamt 2022

Veränderung 2022/2021

aus Deutschland 2022

Veränderung 2022/2021

Motoren (713.2)

639,9

3,0

11,2

-16,8

Getriebe und Getriebeteile (748.4)

573,2

30,6

74,0

-12,9

Zündkabelsätze (773.13)

108,7

43,1

11,0

61,3

Kfz-Elektrik (778.3)

813,9

-5,0

52,3

3,8

Karosserien, Stoßstangen usw. (784)

5.589,1

11,2

757,2

20,3

Quelle: UN Comtrade 2023

Förderung für Elektromobilität wird reduziert

Laut dem nationalen Zulassungsverzeichnis "Vahan" wurden 2022/2023 knapp 1,2 Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen – eine Steigerung von 158 Prozent gegenüber dem Finanzjahr zuvor. Erneut dominierten elektrische Zweiräder mit einem Anteil von 62 Prozent. Dreiräder, darunter zählen E-Rikschas, machten 34 Prozent aus. Auf elektrische Pkw entfielen etwas mehr als 3 Prozent der Neuzulassungen.

Im laufenden Finanzjahr dürften diese Zahlen nicht erreicht werden. Grund dafür sind Änderungen beim Förderprogramm FAME II (Faster Adoption and Manufacturing of (Hybrid &) Electric Vehicles in India). Die Regierung reduziert die Förderung für elektrische Zweiräder um ein Drittel pro Kilowattstunde Akkukapazität. Die Maximalförderung sinkt ebenfalls. Während vorher bis zu 40 Prozent des Anschaffungspreises subventioniert wurden, sind es jetzt nur noch maximal 15 Prozent. Die Änderungen gelten seit Anfang Juni 2023 und werden die Nachfrage nach den besonders beliebten E-Scootern deutlich sinken lassen. Laut Branchenkreisen wird derzeit an der nächsten Stufe von FAME gearbeitet, denn die aktuellen Regelungen laufen im März 2024 aus.  

Eine großflächige und zuverlässige Ladeinfrastruktur zu schaffen, bleibt weiterhin eine Herausforderung. Laut dem Bureau of Energy Efficiency gab es im Juli 2023 bereits 8.745 Ladestation in Indien. Etwas weniger als die Hälfte davon befindet sich in der Hauptstadtregion rund um New Delhi sowie im Bundesstaat Maharashtra. 

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