Branchen | Indien | Kfz-Industrie
Indiens Automobilindustrie wächst weiter
Produktion und Absatz von Fahrzeugen in Indien werden weiter zulegen. Trotz globaler Unsicherheiten und angespannter Lieferketten wird investiert.
22.08.2025
Von Florian Wenke | Mumbai
Die gute Konjunktur in Indien stärkt auch die Automobilindustrie. Im 1. Quartal des Finanzjahres 2025/2026 (1. April bis 31. März) nahm die Fahrzeugproduktion in Indien erneut zu. Die Wachstumsraten sind im Vergleich mit den vergangenen Jahren gering, im internationalen Vergleich aber dennoch gut.
Indiens Fahrzeugproduktion legt weiter zu
Im Finanzjahr 2024/2025 wurden erstmals knapp über 5 Millionen Pkw hergestellt. Linear hochgerechnet würde die Produktion im laufenden Finanzjahr in einer ähnlichen Größenordnung liegen, allerdings bringt besonders die Feiertagssaison in der 2. Jahreshälfte überdurchschnittliche Nachfrage und entsprechend höheren Produktionsbedarf.
Kategorie | April bis Juni 2025* | Veränderung zum Vorjahreszeitraum |
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Pkw | 1.244 | 3,4 |
Lkw | 217 | -0,8 |
Busse | 40 | 25,6 |
Zweiräder | 5.901 | 0,7 |
Dreiräder (hauptsächlich Rikschas) | 257 | 2,6 |
Produktion gesamt | 7.660 | 1,5 |
Die indische Ratingagentur ICRA geht davon aus, dass die Pkw-Sparte der Kfz-Branche im laufenden Finanzjahr zwischen 1 und 4 Prozent wachsen wird. Für indische Verhältnisse ist das ein durchschnittlicher Wert. Die Branche hofft auf eine Verbesserung zu den 2 Prozent Wachstum im Vorjahr.
Deutlich besser dürfte es für Zweiradhersteller laufen. Die bisher gute Monsunsaison wird aller Voraussicht nach für gute Ernten sorgen. Das wird die Einkünfte der Landwirte erhöhen. Die ländliche Bevölkerung zählt zu den wichtigsten Kundensegmenten beim Kauf von Motorrollern und -rädern. Die Hersteller tragen dem Sachverhalt Rechnung: ICRA sagt ein Produktionswachstum von 6 bis 9 Prozent im laufenden Finanzjahr voraus.
Mittelfristiges Absatzziel liegt bei über 5 Millionen Pkw
Im Finanzjahr 2024/2025 verkauften die Hersteller rund 4,3 Millionen Pkw im Inland. Die Ratingagentur Moody's geht davon aus, dass bei einer durchschnittlichen jährlichen Zunahme des Absatzes um 3,5 Prozent bis 2030 etwa 5,1 Millionen Pkw abgesetzt werden.
Gründe für das Wachstum sehen die Analysten unter anderem in der noch sehr geringen Fahrzeugdichte im Land. Während 2024 in Deutschland 583 Pkw auf 1.000 Personen kamen, waren es in Indien erst 44 Pkw auf 1.000 Menschen. Infolge steigender Einkommen geht Moody's davon aus, dass bisherige Zweiradbesitzer teilweise auf Pkw umsteigen werden. Die Aufwärtsmobilität beim Individualverkehr wird einer der Haupttreiber des Absatzwachstums sein und vor allem die Nachfrage nach Fahrzeugen im Einstiegssegment stärken.
Deutsche Premiumhersteller verzeichnen Absatzplus
Obere Einkommensgruppen investieren in Pkw der Ober- und Luxusklasse. Das 1. Halbjahr 2025 war das bisher beste für Mercedes-Benz in Indien. Die Stuttgarter konnten 9.262 Pkw absetzen, 9 Prozent mehr gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit lagen sie vor Wettbewerbern wie BMW (inklusive Mini: 7.774 Fahrzeuge; plus 10 Prozent) und Audi (2.128 Fahrzeuge; minus 14 Prozent).
Insgesamt wuchs der Absatz im Bereich der Oberklassefahrzeuge im 1. Halbjahr 2025 rund 4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr ist ein Wachstum zwischen 1 und 4 Prozent wahrscheinlich.
Zulieferindustrie investiert Milliarden
Laut Schätzungen von ICRA sollen die Unternehmensumsätze der Kfz-Zulieferindustrie im Finanzjahr 2025/2026 um 6 bis 8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigen. ICRA prognostizierte zu Jahresbeginn 2025, dass die Zulieferindustrie im Finanzjahr 2025/2026 zwischen 2,9 Milliarden und 3,5 Milliarden US-Dollar (US$) investieren wird. Das Geld fließt beispielsweise in Kapazitätserweiterungen und in Elektromobilität.
Herausforderungen in Lieferketten
Die Handelspolitik der USA und die Unsicherheit durch die erratische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump beunruhigen auch die Autoindustrie in Indien. Die Global Trade Research Initiative (GTRI) schätzt, dass Indien 2024 Kfz und vor allem Kfz-Teile im Umfang von 2,8 Milliarden US$ in die USA exportierte. Sollten die USA tatsächlich Zölle in Höhe von 26 Prozent einführen, werden laut GTR die Exporte um 12,1 Prozent beziehungsweise 339,4 Millionen US$ zurückgehen.
Insbesondere Kfz-Zulieferer hatten in den vergangenen Jahren wachsendes Interesse am Export entwickelt. Der US-Markt ist ein wichtiges Absatzziel. Mögliche Zölle werden in den Vorstandsetagen für Diskussionen über eine stärkere Fokussierung wieder nur auf das Inland sorgen.
Freihandelsabkommen mit EU könnte Zölle reduzieren
Umso wichtiger sind Ergebnisse bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU. Beide Seiten haben mehrfach öffentlich bekundet, noch 2025 eine Einigung erzielen zu wollen. Insidern zufolge möchte die europäische Seite im Kfz-Bereich Zölle komplett abschaffen. Indien dagegen will den eigenen Markt schützen. Daher ist lediglich ein Absenken der bisherigen Zölle wahrscheinlicher.
Zudem könnten Quotenregeln zum Einsatz kommen, also Maximalmengen, bis zu denen Kfz ohne oder mit geringen Zöllen nach Indien eingeführt werden können. Auch die gegenseitige Anerkennung von Normen ist noch nicht geklärt. Indien führt zunehmend eigene Normen und Standards ein, die deutsche Unternehmen als Hindernis empfinden.
E-Mobilität braucht Magnete aus eigener Herstellung
Nicht nur Zölle belasten die Lieferketten. Verringerte Ausfuhren von Seltenen-Erden-Magneten aus China stellen Kfz-Hersteller in Indien vor Probleme. Bisher liegt der Anteil von elektrischen Pkw an den Zulassungen in Indien erst bei rund 2 Prozent. Produktionsengpässe könnten jedoch den weiteren Hochlauf der E-Mobilität gefährden. Indiens Regierung plant daher den Aufbau einer lokalen Fertigung für Magnete aus Neodym und Praseodym. Unterstützt wird der Plan mit einem Subventionsprogramm von voraussichtlich 156 Millionen US$. Angestrebt ist eine Fertigung von 4.000 Tonnen über einen Zeitraum von sieben Jahren.
Importe von Kfz-Teilen aus Deutschland gingen 2024 zurück
Indien importierte 2024 Kfz-Teile im Wert von 8,4 Milliarden US$, rund 2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Importe aus Deutschland gingen hingegen um 4,7 Prozent zurück und erreichten 1,1 Milliarden US$.
Kategorie | Gesamt 2024 | aus Deutschland 2024 | Veränderung aus Deutschland 2024/2023 |
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Motoren | 475,7 | 8,0 | -29,8 |
Getriebe und Getriebeteile | 641,2 | 82,5 | -13,6 |
Zündkabelsätze | 118,2 | 13,3 | -2,9 |
Kfz-Elektrik | 838,8 | 63,0 | -0,6 |
Karosserien, Stoßstangen usw. | 6.310,4 | 889,0 | -3,8 |