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Wirtschaftsausblick | Indonesien
Indonesiens Wirtschaftswachstum erreicht bereits 2022 wieder die Marke von 5 Prozent. Im- und Exporte übertreffen die Rekordwerte aus dem Vorjahr deutlich.
01.12.2022
Von Frank Malerius | Jakarta
Indonesien verzeichnete im 1. Halbjahr 2022 ein reales Wirtschaftswachstum von 5,2 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für das Gesamtjahr ein BIP-Wachstum von 5,3 Prozent. Das ist eine deutliche Steigerung, denn ein Jahr zuvor war der IWF für 2022 noch von 4,5 Prozent ausgegangen. Dafür sollen es 2023 nur 5,0 Prozent werden, statt der vormals erwarteten 6,0 Prozent. Das zeigt: In Zeiten hoher Rohstoffpreise und Inflation sind Prognosen schwieriger denn je.
In der ausklingenden Coronakrise gibt es in Indonesien nur noch wenige Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Die Menschen sind zurück in den Büros, mancherorts mit einem Anspruch auf Heimarbeitstage. Auch die Industrie produziert zwischenzeitlich wieder auf Normalniveau. Allerdings erreichen sie mittlerweile die Vorboten einer aufziehenden Nachfrageschwäche der Weltwirtschaft.
Die Bekleidungsindustrie, die bisher auf ein ausgesprochen starkes Exportjahr zurückblicken kann, meldet weniger Aufträge aus dem Hauptabnehmerland USA sowie aus Europa und entlässt zehntausende Mitarbeiter. Auch die Nahrungsmittelindustrie und die Elektronikbranche berichten von Auftragsrückgängen aus dem Ausland.
Allerdings ist die exportorientierte verarbeitende Industrie Indonesiens ohnehin vergleichsweise schwach. Auftragsverluste kosten zwar Arbeitsplätze und verschärfen soziale Spannungen, aber sie allein lösen noch keine Wirtschaftskrise aus. Für Ausgleich sorgt der derzeit boomende Rohstoffsektor. Kohle, Palmöl, Nickel und Kautschuk aus Indonesien erzielen auf den internationalen Märkten teilweise Rekordpreise.
Eines der wichtigsten langfristigen Vorhaben ist der Ausbau der Infrastruktur. Der Warenverkehr soll erleichtert- und die Mobilität der Menschen verbessert werden. Doch wichtige Projekte dürften sich verzögern oder ganz auf der Strecke bleiben. Denn die staatlichen Baufirmen, die zumeist Großprojekte realisieren, mussten sich in der Coronakrise noch höher verschulden. Zusätzlich erschwert der steigende Dollarkurs den Einkauf ausländischer Technologie und Dienstleistungen. Am prestigeträchtigen Bau der neuen Hauptstadt in der Provinz Ostkalimantan hält die Regierung dennoch fest. Erste Bautätigkeiten haben begonnen, Ausschreibungen für den Bau der Versorgungsinfrastruktur laufen.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 1.058 | 1.185 | 4.224 |
BIP pro Kopf (US$) | 3.926 | 4.347 | 50.771 |
Bevölkerung (Mio.) | 270,2 | 272,7 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt; 1 US$ = Rupiah) | 14.585 | 14.316 | - |
Indonesien will mehr arbeitsintensive Fertigung ins Land holen. Für den Sektor war das Investitionsumfeld lange ungünstig – das hat sich nun geändert. Im Frühjahr 2021 wurden das Investitionsrecht und das Arbeitsrecht liberalisiert. Hunderte Wirtschaftssektoren wurden für ausländische Eigentümerschaft geöffnet. Steueranreize sollen Mittel in die Exportproduktion lenken. Auf dem Arbeitsmarkt können Unternehmen nun flexibler agieren, denn Kündigungsschutz und Abfindungsregeln wurden gelockert und Mindestlöhne gezügelt.
Fachjuristen bewerten die Reform als großen Schritt, auch wenn der Archipel damit die Attraktivität von Thailand oder Malaysia nicht erreicht. Ob die Reform wirklich Früchte trägt, bleibt abzuwarten. Ausländische Geschäftsleute können erst seit dem Frühjahr 2022 wieder ins Land reisen. Wirtschaftskanzleien berichten aber von einem steigenden Interesse ausländischer Unternehmen an Indonesien. Weitere Hoffnungen ruhen auf der Unzufriedenheit ausländischer Unternehmen in China, denen der Inselstaat eine neue Heimat bieten will.
Projektbezeichnung | Investition | Stand | Projektträger/ -informationen |
---|---|---|---|
Neue Hauptstadt in Ostkalimantan | 33,0 | Baubeginn 2022 | |
Meikarta, neue Stadt östlich von Jakarta | circa 20,0 | 1. Bauphase bis 2022 | Finanzierung: Lippo Group |
Bahnstrecke Jakarta–Surabaya | 6,0 bis 7,5 | In Planung | Finanzierung: Japan International Cooperation Agency (JICA) |
Hochgeschwindigkeitsstrecke Jakarta-Bandung | 8,0 | Im Bau, Fertigstellung 2023 geplant | |
Ausbau von Vorort-Bahnstrecken (LRT) im Großraum Jakarta | 4,3 | In Planung, Fertigstellung bis 2030 | LRT Jakarta |
U-Bahn (MRT) Jakarta, Verlängerung der 1. Linie | 4,0 | Im Bau, Fertigstellung 2024 geplant | Finanzierung: Japan International Trade Agency (JICA) |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubrik „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“.
Dem privaten Konsum kommt eine Schlüsselrolle bei der Wirtschaftsentwicklung zu. Sein Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) belief sich vor der Coronakrise auf fast 60 Prozent und war damit eine unverzichtbare Konjunkturstütze. Seitdem ist sein Anteil kontinuierlich gesunken und lag im 3. Quartal 2022 nur noch bei etwas über 50 Prozent.
Während der Krise waren die privaten Konsumausgaben stärker zurückgegangen als die Gesamtwirtschaftsleistung. Auch ihre Erholung verläuft seitdem schleppender. In den ersten drei Quartalen 2022 wuchs die Gesamtwirtschaft um 5,4 Prozent, der private Konsum aber nur um 5,1 Prozent. Den Verbrauchern macht die Inflation von mittlerweile 5,7 Prozent (Oktober 2022) zu schaffen.
Indonesiens Außenhandel war im Krisenjahr 2020 aufgrund der mangelnden Einbindung in globale Lieferketten lediglich um 10 Prozent geschrumpft. Bereits 2021 wurden Rekordwerte im Außenhandel verbucht: Im- und Exporte legten um jeweils knapp 40 Prozent zu. Grund waren die hohen Weltmarktpreise für Rohstoffe. Mit den beiden Hauptexportgütern Kohle und Palmöl konnten nie zuvor erreichte Erlöse erzielt werden.
Dieser Trend setzt sich 2022 fort: Bis Oktober stiegen die Exporte gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 31 Prozent, die Importe um 28 Prozent. Damit wurden die Werte des Gesamtjahres 2021 bereits übertroffen. Der Außenhandelsüberschuss beläuft sich auf einen Rekordwert von 44,5 Milliarden US-Dollar.
Die Einfuhren unterliegen traditionell einer strikten Kontrolle. Das geschieht über zahlreiche nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie Beschränkungen über Importlizenzen, Quotenregelungen, unangekündigt verhängte Importverbote, den Einsatz des nationalen Produktstandards SNI (Standar Nasional Indonesia) oder undurchsichtige Local-Content-Bestimmungen. Der Archipel ist im internationalen Warenhandel restriktiv eingestellt und bleibt daher für Lieferländer ein schwieriges Terrain.
Die deutschen Warenlieferungen nach Indonesien konnten 2021 die hohen Verluste des Vorjahres nicht aufholen. Im 1. Halbjahr 2022 wuchsen die Lieferungen wertmäßig um 20 Prozent. Allerdings sank der deutsche Anteil an den Importen des Inselstaates gleichzeitig auf einen neuen Tiefststand von 1,5 Prozent.
2020 | 2021 | Veränd. | |
---|---|---|---|
Importe | 141,6 | 196,2 | 38,6 |
Exporte | 163,3 | 231,5 | 41,9 |