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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsausblick | Kolumbien
Kolumbiens Wirtschaft wird 2023 deutlich langsamer wachsen. Vor allem die Investitionen und der Privatverbrauch dürften sich schwach entwickeln.
11.11.2022
Von Janosch Siepen | Bogotá
Kolumbiens Konjunktur kühlt sich im Jahr 2023 deutlich ab. Nur noch um rund 2 Prozent soll die Wirtschaft real zulegen, lautet die Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF). Für 2022 erwarten die Experten noch ein Wachstum von 7,6 Prozent. Gründe für die nachlassende Dynamik sind laut dem britischen Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit (EIU) die ungewisse Entwicklung der Weltwirtschaft, die drohende Rezession in den USA sowie anhaltend hohe Zinsen und Inflation.
Das spanische Kreditinstitut BBVA geht davon aus, dass sich der Privatkonsum abschwächen wird, mit Folgen für den Einzelhandel und das verarbeitende Gewerbe. Die Bruttoanlageinvestitionen werden im Jahr 2023 voraussichtlich ebenfalls deutlich geringer ausfallen, wobei BBVA zumindest für die Bauinvestitionen eine positive Entwicklung voraussieht. Auch der Rohstoffsektor dürfte sich wegen der stärkeren Belastung unter dem neuen Staatspräsidenten Gustavo Petro schwächer entwickeln. Seine Steuerreform sieht höhere Abgaben für die Branche vor.
Maßgebliche Treiber der Konjunktur werden im kommenden Jahr dagegen die Exporte und die wachsenden Staatsausgaben sein. Trotz der recht hohen öffentlichen Verschuldung infolge der Coronakrise wird sich die neue Regierung unter Gustavo Petro eher darauf konzentrieren, Sozialprogramme zu finanzieren als den öffentlichen Haushalt zu konsolidieren.
Selbst mit einem deutlich abgeschwächten Wachstum von 2,2 Prozent im Jahr 2023 zählt Kolumbien weiterhin zu den dynamischsten Volkswirtschaften Lateinamerikas. Laut IWF soll die Wirtschaftsleistung der gesamten Region (inklusive Karibik) 2023 nur um 1,7 Prozent zulegen. Auch in den Jahren 2021 und 2022 lagen die Wachstumsraten Kolumbiens teilweise deutlich über dem regionalen Schnitt.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 271,5 | 314,5 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) | 5.390 | 6.161 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) | 50,4 | 51,0 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = kol$) | 3.693 | 3.743 | - |
Die Unsicherheit über den weltweiten Konjunkturverlauf und die Wahl des linksgerichteten Politikers Gustavo Petro zum neuen Staatspräsidenten trüben das Investitionsklima in Kolumbien. Das Vertrauen der Unternehmen in die kolumbianische Wirtschaft sinkt laut BBVA-Daten bereits seit dem 3. Quartal 2022.
Gemäß IWF sollen die Bruttoanlageinvestitionen im Jahr 2023 deshalb nur noch um 1 Prozent zulegen. Insbesondere die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen dürfte weniger stark ausfallen als noch in den vergangenen zwei Jahren. Zahlreiche laufende und anstehende Bauprojekte sorgen allerdings dafür, dass die Investitionen voraussichtlich ab 2024 wieder stärker wachsen werden. Landesweit werden zahlreiche Autobahnen gebaut, in der Hafenstadt Cartagena soll der bestehende Flughafen erweitert werden und ein weiterer Airport entstehen. Darüber hinaus sollen die Wasserwege des Río Magdalena ausgebaut und mit den Arbeiten am Canal del Dique begonnen werden.
Projektbezeichnung | Investition | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Konjunkturprogramm "Nuevo Compromiso por el Futuro de Colombia" | 37.500 | Großteil der Investitionen entfällt auf Transport- (42,4%) sowie Bergbau- und Energiesektor (26,3%); Mittel dienen zum Teil dazu, vorher angekündigte Projekte zu finanzieren | Diverse |
Fünfte Generation von Infrastrukturkonzessionen (5G), 1. und 2. Welle | 13.581 | Diverse Projekte der 1. Welle bereits vergeben; Auftrag zur Flughafenmodernisierung in Cartagena soll bis August 2023 vergeben werden; Projekte der 2. Welle in Frühphase | Nationale Infrastrukturagentur ANI |
Vierte Generation von Infrastrukturkonzessionen (4G) | 13.044 | 24 der insgesamt 30 Autobahnprojekte im Bau; 4 Projekte bereits in Betrieb | |
Raffinerie Sebastopol | 6.000 | Vergabeverfahren steht aus; Bau- und Betriebsbeginn verzögern sich; Betrieb ab März 2027 geplant | Refinería Colombiana Sebastopol |
Kohlemine San Juan | 5.500 | Projektträger hat zuständigen Regierungsbehörden einen Plan für Umsetzung des Projekts vorgelegt und erwartet dessen Bewertung und Genehmigung | |
Dammprojekt Hidroituango | 4.731 | Montage der ersten beiden Stromerzeugungseinheiten abgeschlossen; nach monatelangen Trockentests sollen bald auch Tests mit Wasser anlaufen | Hidroituango, EPM, Consorcio CCC Ituango |
LNG-Terminal Sucre | 4.000 | Vorhaben für Import von Flüssiggas südlich von Cartagena; neben Terminal ist ein thermoelektrischer Komplex geplant | GIEPSA |
Metrolinie 2 Bogotá | 3.550 | Vergabeverfahren zwischen Juni und Oktober 2023; geplanter Baubeginn im August 2025; Betrieb ab 2032 | |
Metrolinie 1 Bogotá | 2.262 | Im Bau seit März 2020; geplante Inbetriebnahme 2028 | |
Zugstrecke Medellín - Urabá | 1.818 | Vormachbarkeitsstudien in der letzten Prüfungsphase; Betrieb voraussichtlich ab Ende 2025; Länge: 366 km; soll Medellín mit Hafengebiet verbinden |
Die nationale Ausschreibungsdatenbank der kolumbianischen Regierung ist Colombia Compra Eficiente.
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite in den Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Seit April 2022 verlangsamt sich das Konsumwachstum im Land. Der Trend dürfte sich im Jahr 2023 fortsetzen, dafür sprechen die nachlassende Dynamik auf dem Arbeitsmarkt sowie höhere Zins- und Inflationsraten. Vor allem die Nachfrage nach langlebigen Konsumgütern, wie etwa Möbeln und elektronischen Geräten, wird 2022 Prognosen zufolge nahezu stagnieren. Jedoch bleibt der Konsum mittelfristig auf einem höheren Niveau als vor der Coronapandemie. Die Sparquote der privaten Haushalte erhöht sich.
Der Informationsdienstleister EIU rechnet damit, dass die Exporte des Landes in den kommenden Jahren real um rund 3 Prozent per annum zunehmen werden, vor allem wegen der steigenden Nachfrage nach Kohle aus Asien und Europa. Des Weiteren dürfte die Branche von höheren Kohlepreisen profitieren. Die geplante Anhebung der Abgabenlast für fossile Energieproduzenten durch Kolumbiens neue Steuerreform könnte die Gewinne der Unternehmen allerdings schmälern.
Ein weiterhin schwacher Peso und der deutlich langsamer wachsende Privatverbrauch sorgen 2023 voraussichtlich für einen geringen Anstieg der Warenimporte – und deshalb für eine verbesserte Handelsbilanz.
Kolumbien konnte in der deutschen Außenhandelsstatistik 2021 bei Im- und Exporten kräftig zulegen und um einige Ränge aufsteigen. Das Handelsvolumen mit Deutschland wuchs nominal um fast ein Drittel gegenüber dem Vorjahr und übertraf damit den Vorpandemiewert. Deutsche Lieferungen nach Kolumbien summierten sich 2021 auf 2,1 Milliarden US-Dollar. Damit blieb die Bundesrepublik fünftwichtigster Lieferant hinter den USA, China, Mexiko und Brasilien. Knapp ein Viertel des deutschen Importvolumens entfiel auf pharmazeutische Erzeugnisse, gefolgt von Maschinen und Anlagen (16 Prozent) und optischen Instrumenten (7,1 Prozent).
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
---|---|---|---|
Importe (cif) | 41,2 | 56,6 | 37,5 |
Exporte (fob) | 31,1 | 41,4 | 33,3 |