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Branchen | Polen | Schienenfahrzeuge

Polnische Eisenbahnverkehrsunternehmen auf Einkaufstour

Ob Regionalzüge, Doppelstockzüge oder Schnellzüge – die Einkaufsliste der Bahnunternehmen in Polen ist lang. Auch deutsche Lieferanten hoffen auf neue Aufträge.

Von Christopher Fuß | Warschau

Ein Modernisierungsschub rollt durch Polens Bahnindustrie. Die Eisenbahnunternehmen kaufen neue Lokomotiven und Triebwagen. Ein Grund ist, dass seit 2024 wieder europäische Fördergelder ins Land fließen, nachdem Polen und die Europäische Kommission einen Rechtstreit beilegen konnten. Die Mittel sind für die Bahnindustrie von großer Bedeutung.

Zu den wichtigsten europäischen Finanzierungsquellen gehört der europäische Wiederaufbaufonds. Die zuständige Behörde in Polen, CUPT (Centrum Unijnych Projektów Transportowych), verteilte aus diesem Instrument im Jahr 2024 rund 520 Millionen Euro an Fördergeldern. Sie gingen an regionale Bahnunternehmen, die sich im Besitz der polnischen Woiwodschaften befinden. Eine weitere Ausschreibung für den Regionalverkehr mit einem Budget von knapp 200 Millionen Euro endete im Mai 2025.

Großaufträge für polnische Hersteller

Auch der überregionale Bahnverkehr profitiert. PKP Intercity, Polens größter Personenbeförderer, sicherte sich im Herbst 2024 rund 500 Millionen Euro aus dem Wiederaufbaufonds. Der Staatskonzern nutzt die Finanzspritze für eine Reihe von Projekten. 

So kaufte PKP Intercity 46 Elektrolokomotiven vom polnischen Zughersteller Newag. Sie treffen bis Anfang 2026 bei dem Beförderer ein. Der Wert der Bestellung liegt bei über 200 Millionen Euro.

Außerdem hat PKP Intercity beim gleichen Hersteller 63 Mehrsystemlokomotiven bestellt. Das Bahnunternehmen will die Fahrzeuge mit einem Gegenwert von 540 Millionen Euro auf internationalen Strecken einsetzen.

Darüber hinaus gab PKP Intercity 300 neue Waggons in Auftrag. Das Projekt ging an FPS H. Cegielski aus Poznań. Damit nicht genug: Im August 2025 kündigte der staatliche Personenbeförderer an, weitere 150 Waggons bei FPS zu bestellen. Es werde noch geprüft, wie das Projekt finanziert werden soll.

Gleichzeitig modernisiert das Unternehmen Remtrak, eine Tochter von PKP Intercity, 150 Waggons.

Bestellung von Doppelstockzügen

Im 4. Quartal 2025 steht eine weitere Entscheidung an. Dann will PKP Intercity bekanntgeben, wer den Auftrag für mindestens 42 Doppelstocktriebzüge mit einem geschätzten Wert von über 2 Milliarden Euro erhält.

Die Hersteller Stadler aus der Schweiz und Alstom aus Frankreich kämpfen um den Zuschlag. Siemens Mobility aus Deutschland hatte sich zwar für die Ausschreibung qualifiziert, aber kein Angebot eingereicht. Stadler und Alstom werben damit, dass beide Unternehmen in Polen über Produktionswerke verfügen.

Regionale Anbieter setzen auf elektrische Triebzüge

Auch die Regionalbahnen der Woiwodschaften kaufen ein. Besonders aktiv sind die Regionen Małopolskie, Łódzkie, Wielkopolskie und Mazowieckie. 

Ein Beispiel: Im Juni 2025 bestellte der Beförderer Koleje Małopolskie sechs elektrische Triebzüge mit Geldern aus den EU-Kohäsionsfonds. Das Förderinstrument ist neben dem Wiederaufbaufonds die zweite wichtige Finanzierungsquelle in Polens Bahnindustrie.

Toy trains Toy trains | © Carsten Leth Fotografi - gettyimages.com

28.08.2025 Branchen | Europa | Bahntechnik
Investieren statt rangieren: Milliarden für Europas Eisenbahnen

Europaweit fließen hohe Summen in den Ausbau der Bahninfrastruktur und die Anschaffung moderner Schienenfahrzeuge. Auch deutsche Bahntechnikhersteller liefern Ausrüstung.

Deutsche und polnische Zulieferer im Wettbewerb

Die Bestellungen im Nah- und Fernverkehr bedeuten auch für deutsche Hersteller Absatzchancen. Bereits heute kommt Technik aus Deutschland in vielen Schienenfahrzeugen zum Einsatz. 

Lokomotiven und Triebwagen von NEWAG fahren beispielsweise mit Bremsen des deutschen Herstellers Knorr-Bremse. Schließsysteme und Dichtungen in NEWAG-Zügen kommen vom deutschen Anbieter EMKA. Produkte des Getriebeherstellers Gmeinder oder Antennen des brandenburgischen Unternehmens Antonics befinden sich in Zügen des polnischen Zugherstellers PESA.

Gleichzeitig verfügt auch Polen über ein breites Netz an Zulieferern. NEWAG beispielsweise setzt auf Antriebssysteme des polnischen Herstellers Medcom.

Ohne Fördergelder droht das Aus

Zu den großen Verlierern bei der Vergabe von EU-Geldern gehört der Eisenbahnverkehrsunternehmen Polregio. Das Unternehmen gehört den Woiwodschaften und einer staatlichen Industrieagentur.

Die Züge von Polregio haben ein Durchschnittsalter von über 40 Jahren. Der Personenbeförderer hatte auf Zuschüsse aus dem europäischen Wiederaufbaufonds gehofft, um die Flotte zu modernisieren. Doch die Förderung blieb weit hinter dem Bedarf von Polregio zurück. Die Woiwodschaften waren außerdem nicht bereit, mehr Geld an Polregio beizusteuern.

Weil die Gesamtfinanzierung fehlte, konnte Polregio selbst die unzureichenden EU-Gelder nicht in Anspruch nehmen. Am Ende verfielen die Mittel ungenutzt.

Nachfrage nach Schnellzügen wird steigen

Während Polregio in die Krise rutscht, gewinnt ein neuer Marktteilnehmer an Bedeutung. Polen will ein Gleisnetz für Hochgeschwindigkeitszüge bauen. Die Strecken sollen von den Ballungsräumen zum geplanten Großflughafen CPK führen.

Die staatliche Projektgesellschaft des CPK kündigte an, ab 2026 mindestens 40 Hochgeschwindigkeitszüge zu kaufen. Sie werden über 300 Kilometer pro Stunde erreichen. Beförderungsunternehmen können die Fahrzeuge mieten oder leasen, so der Plan von CPK.

Wer den Auftrag bekommt, ist offen. Bislang hat kein polnisches Unternehmen ein Schienenfahrzeug gebaut, dass Geschwindigkeiten jenseits von 250 Kilometern pro Stunde erreicht. Newag unterzeichnete darum einen Kooperationsvertrag mit dem koreanischen Unternehmen Hyundai Rotem. Der polnische Zughersteller PESA kooperiert mit der spanischen Talgo. Siemens Mobility hat ebenfalls angekündigt, bei dem CPK-Auftrag mitzubieten.

Unklar ist auch, wer die Schienenfahrzeuge aus dem CPK-Pool nutzen wird. PKP Intercity kündigte bereits im März 2025 an, eine eigene Flotte an Schnellzügen aufzubauen. Sobald der Auftrag für die 42 Doppelstockzüge vergeben sei, wolle man einen wettbewerblichen Dialog starten, sagt PKP Intercity. Der Dialog ist eine Vorstufe der Ausschreibung.

Gleichzeitig regt sich im polnischen Infrastrukturministerium Widerstand gegen die Einkaufspläne der CPK-Gesellschaft. Unterstaatssekretär Piotr Malepszak bezweifelt, dass der Staatsbetrieb einen Fuhrpark an Schnellzügen braucht. Die CPK-Gesellschaft "sollte sich auf den Ausbau der Infrastruktur konzentrieren", so Malepszak gegenüber dem Onlineportal money.pl.

Tipps zur Geschäftsanbahnung

Die wichtigste Fachmesse für Eisenbahntechnik in Polen ist die TRAKO in Gdańsk. Die Branchenschau findet alle zwei Jahre im September statt.

Zentrale Plattform für die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge ist e-Zamówienia. Sie bietet freien Zugang zu Ausschreibungen der staatlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen.

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