Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Polen | Investitionsklima

Infrastrukturausbau hilft dem Investitionsklima

Auch dank der Nähe zu westeuropäischen Absatzmärkten kann Polen internationale Investoren für sich gewinnen. Neben der geografischen Lage sprechen weitere Punkte für den Standort.

Von Christopher Fuß | Warschau

Niedrige Lohnkosten sind laut Investorenumfragen der internationalen Handelskammern nicht der größte Standortvorteil Polens. An erster Stelle nennen die Firmen die EU-Mitgliedschaft des Landes, gefolgt vom lokalen Lieferantennetzwerk. Darüber hinaus schätzen Unternehmen die Qualifikationen und das Engagement der Arbeitskräfte. Kurzfristige Gesetzesänderungen haben in der Vergangenheit aber für einigen Unmut gesorgt. Große Investoren, darunter Mercedes-Benz und Ikea, fordern einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien.

Steigende Lohnkosten schrecken Investoren nicht ab

Dass Lohnkosten nicht der ausschlaggebende Standortfaktor sind, hängt auch mit den jüngeren Gehaltsrunden zusammen. Gehälter, Steuern und Abgaben liegen in Polen laut Eurostat zwar nur auf einem Drittel des Niveaus von Deutschland, allerdings gibt es deutliche Steigerungen. Allein zwischen 2023 und 2024 macht der gesetzlich festgelegte Mindestlohn einen deutlichen Sprung um 19,4 Prozent auf knapp 1.000 Euro. Das entspricht einem Anstieg seit dem Jahr 2020 um fast zwei Drittel.

In Polen entstehen weiterhin neue Industrieparks, vor allem entlang der Autobahnen. Alte Bestandsimmobilien erfüllen oft nicht die Anforderungen an eine moderne Produktion. Investoren ziehen daher in neue Hallen. Die Mieten hängen stark von der jeweiligen Woiwodschaft ab. Laut der Verwaltungsgesellschaft CBRE lag der Quadratmeterpreis bei Industriehallen in der beliebten Investitionsregion Dolnośląskie im 2. Quartal 2023 bei 3,5 bis 5 Euro. Für ein modernes Büro im Zentrum der Hauptstadt Warschau werden laut der Gesellschaft JLL zwischen 18 und 26 Euro pro Quadratmeter fällig.

Ein neues Raumordnungsgesetz (Ustawa o planowaniu i zagospodarowaniu przestrzennym) könnte den Bau neuer Gewerbeimmobilien ab 2025 verlangsamen. Dann nämlich dürfen Städte und Gemeinden eine Baugenehmigung nur noch auf Basis eines allgemeinen Flächennutzungsplans (Plan ogólny) erteilen. Bislang helfen sich die Kommunen mit sogenannten Bauvorbescheiden (Warunek zabudowy) aus. Diese Einzelbeschlüsse sind weniger bürokratisch, sorgen aber laut Kritikern auch für einen planerischen Wildwuchs.

Neuansiedlungen sind seltener als Standorterweiterungen

Unternehmen aus Deutschland waren 2022 laut Nationalbank NBP (Narodowy Bank Polski) mit einem Bestand von 42,6 Milliarden Euro die zweitgrößten Direktinvestoren in Polen. Die Niederlande als Spitzenreiter sind Sitz vieler internationaler Konzerne, die von dort aus ihr Europageschäft aufbauen. Das verzerrt die Statistik. 

Deutlich gestiegen sind in den vergangenen Jahren Direktinvestitionen aus Südkorea. Das Batteriewerk von LG bei Wrocław hat asiatische Zulieferer angezogen. Auch die Investitionsdynamik deutscher Unternehmen nimmt vor dem Hintergrund des Trends zum Nearshoring zu. Im Jahr 2022 flossen 5 Milliarden Euro nach Polen - ein Plus von 66 Prozent gegenüber 2021 und sogar dreimal so viel wie 2020. Im Mittelpunkt steht häufig der Ausbau bestehender Anlagen. Fast Dreiviertel aller deutschen Investitionen in Polen sind Re-Investitionen.

Wie Untersuchungen der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer (AHK Polen) zeigen, bauen Unternehmen aus Deutschland vor allem Produktionsniederlassungen auf und seltener reine Vertriebsstandorte. Rund 50 Prozent aller Werke in Polen mit deutschem Eigentümer gehören zur Automobilindustrie, zur Metallindustrie, zum Maschinenbau und zur Elektro-Industrie.

Der Süden und der Westen des Landes sind besonders beliebte Investitionsziele. Hier sitzen beispielsweise Volkswagen und Mercedes. Obwohl in den Regionen bereits ein harter Wettbewerb um Fachkräfte stattfindet, lassen sich weitere Firmen nieder. So baut der Technologiekonzern Bosch ein Werk für Wärmepumpen in Dolnośląskie. Auch der Kaffeehersteller Jacobs Douwe Egberts investiert in der Region. Als Rezept gegen Fachkräftemangel setzt der Lebensmittelkonzern auf Automatisierung, weshalb die neue Fabrik voraussichtlich mit 50 Arbeitsplätzen auskommt. 

Darüber hinaus zieht es Firmen verstärkt in wirtschaftlich schwächeren Regionen wie beispielsweise Ostpolen. Der deutsche Eisenbahnzulieferer Knorr-Bremse hat in Rzeszów, nahe der Grenze zur Ukraine, ein Werk eröffnet. Die bislang weniger erschlossenen Landesteile gewinnen vor allem dank neuer Autobahnen an Attraktivität.

Auswahl der größten deutschen Investoren in Polen (Stand: 2022)

Unternehmen

Branche

Umsatz in Millionen Euro

LidlEinzelhandel

7.108,3

Volkswagen PoznańAutomobilproduktion

3.643,5

Bosch-GruppeMaschinenbau

2.765,6

RossmannEinzelhandel

2.434,8

BASF PolskaChemieproduktion

1.543,6

Quelle: Rzeczpospolita Lista 500 2023

Investitionsförderung: Neue Regeln für Direktzuschüsse

Polens Wirtschaftsministerium unterstützt Investitionen mit Nachlässen auf die Körperschaftsteuer und mit Direktzuschüssen. Unternehmen müssen qualitative und quantitative Vorgaben erfüllen. Wie hoch die Steuergutschrift oder die Direktzuschüsse ausfallen können, hängt von mehreren Kriterien ab.

An erster Stelle steht der Investitionsstandort. Unterdurchschnittlich entwickelte Regionen mit einer hohen Arbeitslosigkeit bieten mehr Unterstützung an als etablierte Wirtschaftszentren. Das zweite Kriterium ist die Unternehmensgröße. Wollen große Firmen einen Anspruch auf Unterstützung erhalten, müssen sie mehr investieren als mittelständische Betriebe. Nur bestimmte Branchen kommen in den Genuss von Direktzuschüssen. Wichtig: Bei diesen Zahlungen liegt das letzte Wort beim Wirtschaftsminister, weshalb die Unterstützungsform deutlich politischer ist als die Steuernachlässe.

Im Juni 2023 hat Polen die Anforderungen für Direktzuschüsse gesenkt. Das betrifft sowohl die nötige Mindestinvestitionssumme, als auch die Mindestzahl der zu schaffenden Arbeitsplätze. Grundsätzlich gilt: Je kleiner das Unternehmen, desto geringer die Anforderungen. Dank neuer Schwellenwerte gibt es jetzt eine Kategorie zwischen großen und mittelgroßen Unternehmen. In diese Gruppe der sogenannten aufstrebenden Firmen (firma rozwijająca się) fallen Betriebe mit weniger als 1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz unter 250 Millionen Euro. Für sie gelten niedrigere Anforderungen.

Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.