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Wirtschaftsausblick | Singapur
Singapurs Wirtschaft wird ihre Erholung 2022 fortsetzen, wenn auch etwas langsamer. Globale Unsicherheiten könnten den Aufschwung belasten.
02.01.2023
Von Werner Kemper | Kuala Lumpur
Analysten erwarten ein reales Wachstum des singapurischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,6 Prozent für das Jahr 2022. Der Stadtstaat wird seine positive Entwicklung also fortsetzen, wenn auch weniger dynamisch als im Vorjahr. Damals betrug der Zuwachs 7,6 Prozent. Im 3. Quartal 2022 ging es im Vergleich zur Vorjahresperiode um 4,1 Prozent nach oben, nachdem das 2. Quartal ein Plus von 4,5 Prozent verzeichnete (1. Quartal: 4,0 Prozent). Für 2023 rechnet das Ministry of Trade and Industry (MIT) mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,5 bis 2,0 Prozent.
Den stärksten prozentualen Zuwachs errreichte im 3. Quartal 2022 das Gaststätten- und Restaurantgewerbe mit 30,5 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Bereits im 2. Quartal ging es um 23,4 Prozent nach oben - ein Indikator, dass die Normalität nach der Coronapandemie zurück ist.
Dennoch fehlten noch immer die zahlungskräftigen Touristen aus Festlandchina. Die Hotellerie musste nach einem Minus von 3,4 Prozent im 2. Quartal erneut einen Rückgang um 1,9 Prozent im 3. Quartal verkraften.
Das zweithöchste Wachstum im 3. Quartal 2022 verzeichnete der Immobiliensektor mit 11,7 Prozent (2. Quartal: 11,1 Prozent). Rang drei belegte der Einzelhandel mit einem Zuwachs von 8,9 Prozent (12,3 Prozent). Es folgten der Bausektor mit plus 7,8 Prozent (4,8 Prozent), Transport und Lagerhaltung mit plus 6,8 Prozent (5,0 Prozent), sowie IT mit plus 6,2 Prozent (9,8 Prozent).
Der verarbeitende Sektor legte im selben Zeitraum nur um 0,8 Prozent zu. Im 2. Quartal betrug das Wachstum noch 5,6 Prozent. Das lag vor allem an Rückgängen in der Elektronik-, Chemie- und Medizintechnikindustrie. Die globale Halbleiternachfrage lässt seit Beginn des 3. Quartals 2022 nach. Es scheint, dass der zyklische "Downturn" begonnen hat. Hinzu kommt, dass die singapurischen Halbleiterproduzenten mit steigenden Energiekosten zu kämpfen haben.
Prognosen für das Jahr 2023 sind extrem schwierig. Singapur als offenes und sehr kleines Land ist von globalen Verwerfungen extrem betroffen. Es ist nicht vorhersehbar, wie sich der russische Angriffskrieg in der Ukraine weiterentwickelt. Zudem ist ungewiss, ob es noch eine weitere Covid-19-Welle geben wird. Das Stottern des chinesischen Wachstumsmotors wirkt sich bereits unter anderem auf Singapurs Chemiesektor aus. Die Schwierigkeiten in den Lieferketten wiederum haben starke negative Auswirkungen auf Singapurs Rolle als Handelsdrehscheibe.
Positiv hingegen ist, dass immer mehr Unternehmen wegen der Lieferkettenprobleme ihre Standortwahl überdenken. Sie verlassen sich nicht mehr nur auf China als Produktionsstandort, sondern gründen verstärkt auch in Singapur Niederlassungen. Darüberhinaus kommen Touristen und Geschäftsreisende wieder ins Land. Das hat einen sehr positiven Effekt auf das singapurische Wirtschaftsgeschehen.
Indikator | 2021 | 2022* | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 397,0 | 423,6 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) | 72.795 | 79.426 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) | 5,8 | 6,0 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US-Dollar (US$) = ... Singapur Dollar (S$)) | 1,34 | 1,38 | - |
Für internationale Investoren ist der Stadtstaat weiterhin interessant. Von Juli bis September 2022 flossen ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in Höhe von 25,2 Milliarden US-Dollar (US$) in die Löwenstadt, nachdem sie bereits im 1. Quartal und im 2. Quartal um 25,7 Milliarden US$ beziehungsweise 24,1 Milliarden US$ zulegten.
Ende 2020 betrug der Bestand an FDI in Singapur gemäß Informationen des nationalen Statistikamtes 1.558 Milliarden US$. Das entsprach einem Wachstum von 11,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Der mit Abstand wichtigste Investor war die USA. Ein Viertel der in Singapur im Jahr 2020 getätigten Direktinvestitionen stammte von dort. Der Wert bestehender US-Engagements erhöhte sich damit um 23 Prozent. Größter europäischer Investor war Großbritannien mit 127 Milliarden US$ Direktinvestitionsbeständen. Deutschland verfügte über Bestände in Höhe von rund 22 Milliarden US$.
Projektbezeichnung | Investitionssumme* | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Tieftunnel Abwasserprojekt (Deep Tunnel Sewerage System, DTSS) | 10,0 | Fertigstellung 2025; Aktuell läuft Phase 2 | 40 km langer Abwassertunnel plus Recycling und Abfallverwertung PUB (Public Utilities Board), Singapore’s National Water Agency; Tel.: (65) 6225 5782; E-Mail: PUB_One@pub.gov.sg |
Ausbau des Changi Flughafens (Changi East) | 6,5 | Terminal 5 soll 2030 in Betrieb gehen | Mr. Ivan Tan, Group Senior Vice President, Corporate & Marketing Communications; Tel.: (65) 6595 6823; E-Mail: ivan.tan@changiairport.com; Ansprechpartnerin für Changi Airports International: Ms. See Ngee Muoy, Managing Director, Tel.: (65) 6541 1922, E-Mail: corpcomms@cai.sg |
North-South Expressway (Nord-Süd_Schnellstraße) | 5,9 | Baubeginn 2017; Fertigstellung 2026 | 22 km Autobahn einschließlich Tunnel und Überführungen Land Transport Authority (LTA); Tel.: (65) 62255 582 |
Ausbau des Stadtbahnnetzes (Mass Rapid Transit, MRT) | 60,0 | Baubeginn 2013; Fertigstellung 2030 | 170 km neue Strecken, davon 70 km unterirdisch SMRT Corporation Ltd; Tel.: (65) 6331 1000 |
Johor Bahru - Singapore Rapid System Link | 2,4 | Baubeginn: 2021; Fertigstellung 2026 | 4 Kilometer lange, grenzüberschreitende Zugverbindung nach Malaysia einschließlich 25 Meter hoher Hochbrücke Land Transport Authority (LTA); Tel.: (65) 62255 582 |
Umbau der Woodland Ring Road und Havelock Road zu fußgängerfreundlichen Straßen | k. A. | Baubeginn 2021; Fertigstellung ab 2022 | Teil des Land Transport Masterplans 2040 Land Transport Authority (LTA); Tel.: (65) 62255 582 |
Der private Konsum ist eine der tragenden Säulen der singapurischen Wirtschaft. Für das Jahr 2022 wird ein Wachstum von rund 10 Prozent erwartet. Im 3. Quartal 2022 stiegen die Konsumausgaben um 17,0 Prozent, nachdem sie bereits im 2. Quartal um 18,4 Prozent zulegen konnten.
Vor allem zwei Faktoren sind für die Ankurbelung des privaten Konsums verantwortlich: Zum einen ist die Arbeitslosigkeit weiter rückläufig und beträgt 2,1 Prozent, also Vorpandemieniveau. Zum anderen hat sich die Situation im Tourismussektor normalisiert, was sich insbesondere für Gaststätten positiv bemerkbar macht.
Einzig die recht hohe Inflation trübt die ansonsten sehr positiven Aussichten. Eine Umfrage der DBS-Bank ergab, dass die Mehrheit der Bevölkerung ihre Konsumgewohnheiten bereits überdenkt und zu Einschränkungen bereit ist, falls die Preissteigerungen nicht bald wieder auf "Normalniveau" zurückkehren. Im 2. Quartal lag die Sparrate bei 28,7 Prozent des verfügbaren Einkommens, während sie im ersten Jahresviertel noch 38,5 Prozent betrug. Im 3. Quartal konnte sie sich wieder auf 31,4 Prozent verbessern.
Der singapurische Außenhandel setzte seinen rasanten Aufwärtstrend fort. Im 1. Halbjahr 2022 legten die Importe um 27,5 Prozent zu, während es die Exporte auf ein Plus von 22,0 Prozent brachten. Im August und September desselben Jahres stiegen die Einfuhren im Vergleich zu den Vorjahreswerten um 30,9 beziehungsweise 21,4 Prozent. Bei den Ausfuhren waren es 21,8 und 20,1 Prozent.
Im bilateralen Handel mit Deutschland ging es zumindest auch für die deutschen Einfuhren rasant aufwärts. Das Statistische Bundesamt weist für die ersten zehn Monate 2022 einen Anstieg des Importwerts um 49,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus. Die Exporte nach Singapur verzeichneten hingegen ein Minus von 2,2 Prozent. Allerdings dürfte bei diesen Angaben der sogenannte Rotterdam-Effekt wieder eine größere Rolle spielen.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
---|---|---|---|
Importe (cif) | 328,6 | 406,5 | 23,7 |
Exporte (fob)* | 373,7 | 457,3 | 22,4 |
Handelsbilanzsaldo | 45,1 | 50,8 | - |