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Wirtschaftsausblick | Singapur

Weltweite Unsicherheiten dämpfen das Wachstum

Singapurs Wirtschaft leidet unter der mauen Weltkonjunktur. Nach einem schwachen Vorjahr rechnen Analysten 2024 mit einer Erholung. Große Sprünge trauen sie dem Land aber nicht zu.

Von Werner Kemper | Kuala Lumpur

Top-Thema: Enorme Exportabhängigkeit zeigt ihre Schattenseiten

Für Singapur haben Ausfuhren eine immense Bedeutung: Im Jahr 2022 erreichten die Exporte einen Wert von 185 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Entsprechend ist der Stadtstaat mit seinem sehr kleinen Binnenmarkt (knapp 6 Millionen Einwohner) extrem von der globalen "Großwetterlage" abhängig. Die weltweiten Krisen wie der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine oder auch die Klimakrise haben in zahlreichen Ländern zu einem Anstieg der Inflation, rigiderer Fiskalpolitik und abnehmendem Wirtschaftswachstum geführt. Aufgrund der starken Verflechtung Singapurs mit der Weltwirtschaft schlägt sich dies unmittelbar auf die volkswirtschaftliche Performance des Landes nieder.

Von Januar bis einschließlich August 2023 musste der Stadtstaat einen Rückgang des Außenhandelsvolumens von 15,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum verkraften. Die Importe gingen in diesem Zeitraum um 14,7 Prozent, die Exporte sogar um 15,6 Prozent zurück. Im Gesamtjahr 2023 könnte das Außenhandelsvolumen um rund 10 Prozent geschrumpft sein. Dies beeinflusst direkt die verarbeitende Industrie. Dort ging der Output zwischen Jahresbeginn und August 2023 um 7,7 Prozent nach unten. Betroffen waren vor allem elektronische Erzeugnisse, insbesondere Halbleiter.

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Wirtschaftsentwicklung: Prognosen für 2024 sind vorsichtig zuversichtlich

Für das Jahr 2024 sind Marktkenner vorsichtig optimistisch: Der Internationale Währungsfonds prognostiziert ein reales Wirtschaftswachstum um 1 Prozent. Die Asiatische Entwicklungsbank traut der Wirtschaft mehr zu. Sie rechnet damit, dass das BIP Singapurs um 2,5 Prozent steigt. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Lage auf den internationalen Märkten beruhigt und die Nachfrage nach elektronischen Erzeugnissen wieder anspringt. Damit würde sich das Wachstum im Vergleich zu 2023 beschleunigen. Nach Einschätzung von Analysten dürfte die Wirtschaft 2023 mit einer Rate eher am unteren Ende der von der Regierung prognostizierten 0,5 bis 1,5 Prozent gewachsen sein.

Dabei ist der Stadtstaat im Jahr 2023 sogar nur knapp einer technischen Rezession (zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfender Wirtschaftsleistung) entgangen. Im 1. Quartal 2023 lag das BIP-Wachstum bei minus 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Von April bis Juni 2023 konnte jedoch ein hauchdünnes Plus von 0,1 Prozent erwirtschaftet werden. 

Positiv ist, dass sich der Bausektor und die Tourismusindustrie weiter erholen. Im März 2023 wurde seit langer Zeit wieder die Marke von 1 Million Besucher pro Monat "geknackt". Seitdem lagen die Besucherzahlen bis September 2023 monatlich zwischen 1 Million und 1,4 Millionen Touristen.

Ein weiterer positiver Faktor ist die allmählich zurückgehende Inflation. Für das Gesamtjahr 2023 beträgt sie schätzungsweise 5,1 Prozent gegenüber 6,5 Prozent im Vorjahr. Im Jahr 2024 sollen sich die Preissteigerungen weiter auf wahrscheinlich 3 Prozent normalisieren. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich die geplante Mehrwertsteuererhöhung um einen Prozentpunkt auf 9 Prozent Anfang 2024 auswirken wird.

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Standort wird als internationaler Hub und Handelsdrehscheibe weiter ausgebaut

Singapur will weiterhin eine extrem offene Volkswirtschaft bleiben. Dazu wird der Stadtstaat weiter internationale Unternehmen anwerben, die zumindest ihren regionalen Firmensitz dort errichten sollen. Auch Forschung und Entwicklung sowie qualitativ hochwertiger – und damit hochpreisiger – Produktion stehen die Türen offen. Durch die sehr guten Rahmenbedingungen und steuerliche Anreize ist Singapur als Standort sehr beliebt und möchte dies bleiben, schließlich erwirtschaftet das Land rund ein Fünftel des BIP durch die verarbeitende Industrie

Die Nähe zu Malaysia ermöglicht darüber hinaus eine Aufteilung von Firmenniederlassungen. In Singapur finden der Firmensitz und Produktionsbetriebe für qualitativ hochwertige Waren, bei denen der Preis für den Kunden eine untergeordnete Rolle spielt, ein ideales Umfeld. Arbeitsintensive Produktionen haben hingegen im wenige Kilometer entfernten Süden Malaysias ausreichend Raum mit günstigeren Arbeitskräften.

Singapurs Hafen ist nach Shanghai der zweitgrößte Seehafen der Welt. Dennoch stößt er an seine Kapazitätsgrenzen. Am aktuellen Standort ist ein Ausbau zu einem größeren, digitaleren und moderneren Hafen jedoch nicht möglich, so dass 2021 der Megahafen Tuas in Betrieb genommen wurde. Seine in vier Ausbaustufen unterteilte Errichtung soll 2040 vollendet sein und schlussendlich über 66 Anlegestellen verfügen.

Auf dem derzeitigen Hafengelände könnten dann dringend benötigte Immobilien entstehen, um den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten. Neben dem Hafen wird auch ein 5. Terminal am Changi-Airport gebaut. Dieses soll helfen, das steigende Passagier- und Frachtaufkommen zu bewältigen.

Deutsche Perspektive: Außenhandel legt weiter kräftig zu

Entgegen der aktuellen allgemeinen Außenhandelsmisere Singapurs entwickelt sich der bilaterale Handel mit Deutschland weiter gut. Im 1. Halbjahr 2023 ging es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum für die deutschen Exporte um 8,8 Prozent nach oben. Auch die Importe aus Singapur legten um 3,2 Prozent zu.

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Innerhalb der Staatengemeinschaft der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) ist Singapur der wichtigste Empfänger deutscher Waren. Hier fällt allerdings der sogenannte "Singapur-Effekt" stark ins Gewicht: Ein Großteil der Lieferungen nach Singapur bleibt nicht vor Ort, sondern wird weiter nach ganz Asien verschickt. Singapur macht seinem Namen als Handelsdrehkreuz alle Ehre.

Weitere Informationen über Singapur finden Sie auf der GTAI-Länderseite.

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